Boxenstopp in Almerimar – Tagebuch vom 08.08. bis 22.08.2022

Boxenstopp in Almerimar – Tagebuch vom 08.08. bis 22.08.2022

60-Tonnen! Keine Yacht, eher ein Schrecken der Meere. Wenn der Kran kollabiert oder vornüber gepurzelt wäre, hätten wir alt ausgesehen. Oder auf dem Hardstand alt werden können. Nun ja, der Kran hat gehalten und nach diesem grenzwertigen Kraftakt unser vergleichsweise harmloses Bötchen zu Wasser gelassen. Doch der Reihe nach: Nicht umsonst hatten wir eine gewisse Eile, Almerimar zu erreichen. Nachdem uns bei und nach Hyères keine vertretbaren Angebote für die beabsichtigten Riggarbeiten genannt worden waren, ließ sich ein grober Termin in Almerimar mit Andy vereinbaren. Was uns sehr erleichterte, denn die meisten Rigger weigerten sich, mit den von uns direkt bei ACMO, einer sehr renommierten Firma, erworbenen Wanten zu arbeiten, teils wegen (vorgeschobener) Versicherungsprobleme, teils offen, da sie keinen Wiederverkäuferrabatt hätten gewinnen können. Manche hätten es gemacht, aber einen Aufschlag, den entgangenen Wiederverkäufergewinn, auf die Rechnung geschrieben. So war für uns klar, wir würden alle anstehenden Bootsarbeiten in Almerimar vornehmen, zumal dort auch die Krankosten und winterlichen Liegegebühren ausgesprochen moderat sind.

Noch im Wasser haben wir uns sofort an den „großen Motorservice“ gemacht, bis auf den Impeller war das meiste ja noch erforderlich. Gewechselt wurden:

  • Motor- und Getriebeöl
  • Motorölfilter
  • Getriebeölfilter
  • Luftfilter
  • Filter der Kurbelgehäuseentlüftung
Boris Aljinovic hat auf dem TO-Festabend gesagt, man soll immer die Wahrheit sagen. In diesem Sinne wollen wir hier immer die Wahrheit zeigen. Die Installations- und Kabelarbeiten, die der Hydrogenerator erforderte, bedeuteten viel verbogenes und gequetschtes Arbeiten. Hier ist immerhin der Steuermannssitz entfernt, sonst wäre es noch beengter.

Und in mühseliger, verbogener Arbeit zogen wir das Kabel und installierten den Regler für den in Hyères erworbenen Hydro-Generator. Mit Andy Parkinson haben wir anschließend in knapp zweitägiger Arbeit am Großmast die Oberwanten sowie die Mittelwanten getauscht und aus den bisherigen Oberwanten neue Unterwanten gefertigt – die „alten“ Drähte waren noch neu, sie mussten nur für die aktuelle Aufgabe gekürzt werden. Weiter wurde das Genickstag mit Hilfe eines längeren Toggles „entspannt“. Hintergrund war, die deutsche Werft, die das stehende Gut erneuerte, hatte Oberwanten und Genickstag zu kurz gefertigt und trotz Aufforderung, sich mit Amel auszutauschen nicht mit der Bauwerft kommuniziert. Die Folge war, dass die Mittel- und Unterwanten gegenüber den aktuellen Empfehlungen von Amel unterdimensioniert gefertigt worden waren.

Es geht mal wieder raus aus dem Wasser. Im Großen und Ganzen sieht das Unterwasserschiff noch ganz brauchbar aus. Bei genauem Hinsehen fällt auf, dass der hintere Liftgurt verdreht ist.

Wenige Tage nach der Ankunft tuckerten wir schon in aller Herrgottsfrühe zum Travellift. In Almerimar hat man die sonderbare Angewohnheit, alle zum Kranen vorgesehenen Boote für die gleiche Zeit zu bestellen. Wobei natürlich klar ist, dass nur einer der erste sein kann und die andern dann bei etwas Pech stundenlang rumeiern müssen. Wir hatten insofern Glück, als wir an einem Kai festmachen konnten und von dort aus das weitere Geschehen beobachteten. Schließlich kamen wir als letzte dran, wurden dafür glücklicherweise mit dem großen Lift rausgeholt. Das ersparte es, zunächst noch die Achterstagen wegzunehmen. Dass der Hardstand unbefestigt ist, hatten wir schon vorher wahrgenommen, aber ignoriert, was das bei Regen bedeuten würde. Das Glück war uns freundlicherweise gewogen: Es gab nicht einen Tropfen Niederschlag in der Zeit an Land. Seltsamerweise hatten wir jedoch auch nicht realisiert, wie die hiesige Palltechnik aussieht. Die Fotos zeigen es besser als Worte. Andererseits: Die Masse des Bootsgewichts ruht auf dem Kiel. Die Stützen dienen eher einem leichten Halt.

Angekommen am Standplatz werkeln die Marineros eifrig, um das Boot in nahezu klassischer Manier aufzupallen.
Die Holzböcke wirken fragil bis fraglich, und manche sind auch erkennbar rott. Als Eigentümer muss man sich für die Seelenruhe klar machen, dass die Masse des Bootsgewichtes auf dem Kiel ruht. Die Böcke nehmen nur leichte Kippkräfte auf. Also: Mago del Sur steht sicher. Die Menge der Böcke macht andererseits die Arbeiten an Rumpf und Unterwasserschiff nicht leichter.

Wir hatten auf Empfehlung von Julia und Marcus von der Insieme über Roberto ein kleines Appartment gemietet. Als er mit mir zur ersten Besichtigung ging, war ich zunächst irritiert, da wir uns eine kleine Wohnung am Hafen erhofft hatten. Doch dann waren wir wirklich begeistert. Wir wohnten die nächsten 10 Tage nur einen Steinwurf vom Hardstand entfernt, mit Balkonblick auf das Meer, ausgesprochen komfortabel und auch nur zwei Steinwürfe vom Ortskern entfernt. Der Bäcker war zu Fuß in drei Minuten erreicht. Was wollten wir mehr?

Mit dem Appartment haben wir es gut getroffen …
… so sieht der abendliche Sonnengruß aus, bevor wir uns auf den Weg in den Ortskern machen. Die Tagesarbeit ist hart genug, da wollen wir nicht kochen, sondern gehen meist essen. Dazu sei gesagt, dass viele Restaurants ausgesprochen günstige Preise haben. Und mit ein paar Getränken kommt man dank der dazu gereichten, üppigen Tapas gelegentlich sogar ohne Abendessen aus. Das geht soweit, dass man sich sogar fragt, wie sich das für die Wirte rechnet.

Und gleich die nächste Frage: Was war auf dem Hardstand zu tun?

  • Der Unterwasseranstrich war zu erneuern. Die Arbeit haben wir über Chris, der den Hardstand gepachtet hat, fremdvergeben. Die Farbe konnten wir selber stellen, da Chris schon im Vorfeld mitgeteilt hatte, dass er keine mehr habe.
  • Die marode Umgebung eines Seeventils musste instandgesetzt werden. Das Problem war glücklicherweise harmloser als gedacht. Meist ist es ja anders herum. Haben wir selbst machen können.
  • Der Überwasserrumpf war zu säubern, polieren und zu wachsen. Das haben wir selbst gemacht, war allerdings eine Heidenarbeit. Nächstes Mal malen wir lieber das Unterwasserschiff und lassen polieren. Mehrere Polier-Durchgänge benötigte übrigens der rote Zierstreifen knapp über der Wasserlinie. Aber nun leuchtet er wieder in strahlendem Rot.
  • Edelstahlbeschläge, die sonst schwer zugänglich sind, haben wir poliert,
  • Zwei Edelstahlschutzstreifen montiert und
  • Die Ankerketten gecheckt. Eine sehr gute Idee, denn bei unserer 10 mm-Kette fand sich ein weitgehend weggefressenes Kettenglied. Was sehr seltsam war, da alle anderen Glieder der Kette noch fehlerfrei sind.
  • Dann sollte der Propeller noch von der Welle genommen werden. Eigentlich war das geplant, da wir einen Tauwerksschneider montieren wollten. Aber der erforderliche Spezialbolzen, der als Widerlager für den Schneider dient, kam nicht mehr rechtzeitig an. Vor allem, da Martin sich nicht früh genug gekümmert hatte. Das Abnehmen des Props war aber schon eine Herausforderung für sich, und wir waren froh, als wir ihn zu guter Letzt von dem Wellenkonus runter hatten und neu auf die frisch gesäuberten Kontaktflächen aufsetzen konnten.
  • Abschließend haben wir den Propeller mit Propspeed gestrichen, eine Angelegenheit, die aufgrund der Eigenschaften des Anstrichs in einem extrem knappen Zeitfenster stattfinden musste.
Bei genauem Hinsehen fällt das tiefschwarze, also frisch gemalte Unterwasserschiff auf. Und auf dem frisch polierten Rumpf spiegelt sich der Himmel.
Nicht so toll: In unserer 10 mm Duplex-Kette hat sich ein Versagerglied eingeschlichen. Die Auflösungserscheinungen sind „… faszinierend“ (O-Ton Spock). Wir sind gespannt, ob sich eine Erklärung finden lässt, denn das ist keine normale Erscheinung. Kein klassisches Pitting, oder Lochfraß. Die benachbarten Glieder waren durchweg einwandfrei! Der Befund ist in jedem Fall eine Anregung, stets aufmerksam zu sein, und seine Ketten regelmäßig zu prüfen.
Phasen eines Propellers. Links der bewachsene Zustand. Sieht gar nicht so schlimm aus, aber die Oberfläche der Flügel war stellenweise richtig „beschichtet“ mit Kalkablagerungen, was den Wirkungsgrad dramatisch verschlechtert hatte. Da der Prop zunächst partout nicht von der Welle wollte, hatte Martin ihn schon eifrig geschliffen und poliert. Beim letzten Versuch gab der Prop den Widerstand doch auf. So konnten wir ihn neu und mit Trennfett versehen wieder aufsetzen. Rechts der finale Zustand: der Prop ist mit PropSpeed beschichtet und hat außerdem noch eine zierende, ganz frische Opferanode erhalten..

Und schon waren 10 Tage um. Wieder zurück im Wasser und am Steg ging es weiter. Wir säuberten und polierten den gesamten Aufbau und alle verbliebenen Edelstahlbeschläge. Dann zerlegte Martin die Wellenbremse, deren Bremszangen und Zangenaufnahme wir erst vor drei Jahren erneuert hatten, und deren Lagerung bereits völlig verschlissen war. Wir werden uns in Deutschland neue Teile fertigen lassen und die Wellenbremse modifizieren. Ebenfalls noch nicht erledigt ist die Überholung und Wiederinbetriebnahme des Wassermachers. Das steht an, wenn wir aus Deutschland zurückkehren.

Und der Spaß? Gibt es nach all der Arbeit auch noch etwas Positives?

Noch sind wir verwundert, aber das könnte ja was werden …
… und es wird richtig bajuwarisch. Trachten sind angesagt: Alex, Roberto und Roya.
Auch außerhalb des Oktoberfestes leben wir gesellig. Mit Claudia und dem Bruder von Morton von der Glec, dahinter Geli und Hans von der Bijou. Der Bruder von Morton ist übrigens ein von Martin aufgrund seiner eingeschränkten Namenserinnerungsfähigkeiten geschaffenes Synonym für Gordon.
Etwas …seliger Abschied von Gordon und Claudia. Die beiden sind kurz drauf Richtung Westen gestartet.

Klar: die vielen Leute, die wir hier treffen können. Und mit denen wir die Abende mehr oder minder intensiv verbringen. Auch hilft man sich gegenseitig nach Kräften. Und es gab ein Oktoberfest. Das erste in Almerimar, aber wir nehmen an, nicht das letzte. Es hat jedenfalls durch die Bank gefallen, sowohl den Einheimischen als auch den Touristen und den Yachties.

Und für letztere hier ein paar hilfreiche Links:

  • Rigger: Andy Parkinson, No Limits Rigging
    Email: andy@nolimitsrigging.com – Tel.: 0034-610 377 317
  • Boatyard: Chris Schollar, Almerimar Marine Services
    Email: info@almerimarmarine.com – Tel.: 0034-617 236 563
  • Roberto: Immobiliaria Mediterra, Calle Canoa 19, 04711 Almerimar 
    Email: info@mediterraspain.com – Tel.: 0034-950 497 960

Weiter geht es mit dem Hinweis auf ein neues Tagebuch. Das aktuell eingestellte Tagebuch schildert die Reise an der südfranzösischen Küste bis nach Port Napoleon. Zum Aufrufen dieses Tagebuchs einfach auf diesen Satz hier klicken. Einer der Höhepunkte dieser Etappen war ein Tagesausflug nach Marseille. Da wir Marseille mit zwei Blogbeiträgen bereits gewürdigt haben, ist die betreffende Bildauswahl im Tagebuch geringer und wir verweisen auf die Blogbeiträge Le Panier und Port Cros – Port Frioul – Marseille.

Zu den Tagebüchern bei der Gelegenheit noch eine Anmerkung: Sie bieten noch mehr Berichte, enthalten zusätzliche Informationen und möglichst auch andere Bilder, als die hier im Blog eingestellten Fotos. Einfach mal neugierig sein und reinschauen.

Abschließend möchten wir auf die Möglichkeit eines Abos hinweisen: Wer in Zukunft keinen Beitrag mehr verpassen will, kann unseren Blog abonnieren, und das geht einfach über die Seite Kontakte, oder indem man – noch einfacher – hier klickt.

Liebe Grüße

Martin und Anke

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