Wie es sich auf einem Ankerplatz so ergibt, kommen wir in Kontakt mit Nico und Kathy von der Sarah, die in unserer unmittelbaren Nachbarschaft in einer der Buchten der Île de Porquerolles ankern. Zunächst unterhalten wir uns auf Distanz, wobei schon deutlich wird, dass Nico Deutsch spricht und die Gelegenheit für ein paar deutschsprachige Konversationen nutzen möchte. Wir möchten gleich hinzufügen, dass auch Kathy Deutsch versteht und auch spricht, aber sie ist diesbezüglich etwas schüchtern. Irgendwann sitzt Martin bei den beiden im Cockpit, und schließlich verabreden wir uns für ein Abendessen im Inselort. Da wir zunächst nicht wussten, ob wir lieber Fleisch oder Fisch essen würden, hat Nico kurzerhand in zwei Restaurants reserviert. Auf dem Weg von unserem Anlandestrand zum Ort sagt er dann dem Fischrestaurant ab, die sich freuen, da sie nun einen Tisch vergeben können. Nachfrage gibt es genug. Wir staunen über den abendlichen Andrang bei allen Restaurants hier auf der Insel.
Unser Restaurant „L’étal de Boucher“ wird, wie der Name bereits nahe legt, von einem Schlachter betrieben. So kommt Anke zu einem Lendenstück von einem Black Angus, das sie entgegen ihrer Gepflogenheit komplett aufisst. Ich bescheide mich mit einem Tartare a la Thai.
Zwei Tage später treffen wir uns nur wenige Meilen entfernt in Port-Cros wieder. Der Hafen ist für unsereinen zu klein und es darf nicht geankert werden, da Nationalpark und der Schutz der Posidonia-Wiesen im Vordergrund steht. Die Nationalparkverwaltung hat als alternatives Angebot solide Muringbojen ausgelegt, von der wir eine buchen konnten.
Hinweis: Die Buchung der Muringbojen erscheint zunächst etwas kompliziert und funktioniert nur über Internet. Wenn man sich aber reingefuchst hat, geht es, und mit etwas Glück kann man eine der begehrten Muringbojen ergattern. Da es etwas schwierige ist, die richtige Internet-Adresse zu finden, hier der richtige link: http://www.portcros-parcnational.fr/fr/des-decouvertes/sejourner/la-zmel-de-bagaud. Viel Erfolg.
Natürlich endete unser Wiedersehen mit einem Restaurantbesuch. Diesmal in der Mittagszeit. Und durch ein Missverständnis bestellt Nico für uns nicht den Mittagstisch, sondern Loup de Mer, einen Fisch für zwei. Völlige Begeisterung löst bei Anke allerdings der gegrillte Squid aus, den Nico im Rahmen eines Vorspeisentellers für alle bestellt hat. Es ist der erste seit über 35 Jahren, der einer Erinnerung von ihr aus alten Reisetagen gleichkommt. Nach einem weiteren Tag an der Muring und Inselspaziergängen kehren wir nach Hyères zurück. Eigentlich wollten wir nur im Vorbeifahren den Hydrogenerator von Jean-Louis einsacken, zu dessen Kauf wir uns inzwischen entschlossen haben. Nur hat Jean-Louis noch nichts ausgebaut. So verbringen wir die nächsten Stunden mit dem Ausbau und auf Vorschlag seines Sohnes tauschen wir die baugleichen Badeplattformen, denn auf der Plattform der Meige ist bereits ein Aufnahmeblech für den Generator aufgeschweißt.
Der nächst Schlag bringt uns an der jetzt schlagartig trocken und wüstenhaft erscheinenden Küste, herum um ein paar schroffe Inselchen, zur Île Ratonneau, der nördlicheren der beiden Frioul-Inseln, wo wir zunächst in einer der kleinen Buchten vor Anker gehen. Das ist schon etwas spannend, da die Buchten sehr eng sind und tagsüber, doch auch nachts immer noch relativ gut frequentiert. Marseille ist halt nur einen Katzensprung entfernt. So kreuzen wir zunächst in der Bucht „Havre de Morgiret“ durch das enge Ankerfeld, verzichten aber auf einen Versuch. In der etwas offeneren, glücklicherweise nicht ganz so frequentierten Bucht „Port de Banc“ fällt dann der Anker. Später, als aufbrechende Ankerlieger etwas Platz schaffen, ankern wir noch einmal um, liegen aber immer noch sehr dicht an den hinter uns, im Südosten gelegenen Felsklippen. Wir tauchen den Anker daher sorgfältig ab und checken auch noch mal die Entfernungen und die Situation unter Wasser. Für die Nacht sollte es reichen.
Weil der Wind auf nördwestliche Richtungen umspringen soll und wir tags darauf keine sichere Ankerbucht mehr werden nutzen können, verlegen wir mit einer der kürzesten Etappen unserer bisherigen Reise nach Port Frioul. Der Hafen, lange Zeit französische Marinebasis, dann aufgegeben und später von der Stadt Marseille gekauft und umgewidmet, verbindet zwei dicht beieinander liegende Inselchen. Ein Liegeplatz zu finden ist überhaupt kein Problem, wir werden sogar längsseits gelegt. Hier verbringen wir ein paar Tage mit Wanderungen, sobald die Mittagshitze nachlässt, und nutzen die Gelegenheit zu einem Ausflug nach Marseille. Das bewirkt Erstaunliches! In Port Frioul kann man keine Fährkarten kaufen, man bedeutet uns, wir sollen sie direkt beim Kapitän der Fähre lösen. Dieser meint, er habe seine Karten bereits ausverkauft, aber er nähme uns selbstverständlich auf Kosten der Reederei mit. „Ne pas problem!“
Ein Deutsch sprechender Gast an Bord meint nur, das ist halt Marseille. Ansonsten empfiehlt er uns ein paar Sehenswürdigkeiten, stellt aber fest, dass Marseille eigentlich nichts biete. Wir lassen uns, von der Aussage unbeeindruckt, treiben. Gleich am Anleger empfängt uns brodelndes Leben, zwei junge Männer führen, untermalt von Rap und mit vielen Pausen und einigen clownesken Einlagen, die Kunst des Bodenturnens vor. Wir lösen uns nach einiger Zeit und streifen durch die Stadt. Na ja, in der engeren Umgebung des Hafens bewegen wir uns. Was sollen die Worte? Einfach die Fotos und Bildunterschriften ansehen.
Glück haben wir, da wir heute ausgerechnet Mariä Himmelfahrt haben. So können wir den Vorbereitungen und nachher auch der Himmelfahrts-Prozession durch das Viertel Le Pannier beiwohnen. Traurig ist nur, dass man heute eine solche Prozession mit Sicherheitskräften begleiten muss, da Anschläge nicht auszuschließen sind.
Das Viertel hat sich übrigens seit meinem, Martins, ersten Besuch anfangs der Achtziger Jahre sehr verändert und ich erkenne es kaum wieder. Da wird zwar über Gentrifizierung gejammert, dass aber viele derjenigen, die dort heute leben auch nur die davor in diesem Viertel lebende Bevölkerung verdrängt haben, wird einfach vergessen.
Natürlich ist Marseille inzwischen passé. Wir haben die Camargue besucht, einen Kindheitstraum von Martin und ein pferdebedingtes Faszinosum für Anke, und wir befinden uns inzwischen in Barcelona.