Fast auf dem Gipfel

Fast auf dem Gipfel

Ein bescheidenes Traumziel: Auf dem Gipfel des Teide stehen und den Schatten des Sonnenaufgangs genießen.

Vor langer, langer Zeit hatte Anke auf dem Refugio Altavista auf 3.260 Höhenmeter übernachtet – wobei die Nacht recht kurz geriet – und war ab 04:00 Uhr morgens hinnauf auf den Gipfel gestapft. Dort oben auf der Spitze des Teide ließ sich ein grandioser Sonnenaufgang bewundern, der den dreieckigen Schatten des Teide weit über das Meer zauberte. Diesen Genuss hatte Anke frierend und mit Kopfschmerzen mangels genügenden Trinkens mit ihrem damaligen Freund erlebt und mir immer wieder davon erzählt. Auch ohne Schilderungen hätte es mich dort hinauf gezogen, aber so war es noch dringlicher. Im vergangenen Jahr hatten wir das Pech, dass das Refugio geschlossen war, so dass man von den Cañadas aus hätte in einem durch aufsteigen müssen. Das erschien uns angesichts von Alter, mangelnder Höhengewöhnung, Herz-OP usw. doch des Guten zu viel. Und der Versuch mit der Gondelbahn klappte trotz mehrerer Anläufe auch nicht, da jede unserer Buchungen kurz vor dem Datum der Auffahrt wegen zu viel Windes storniert wurde. Aber das war, wie gesagt, letztes Jahr. Vor wenigen Tagen hatten wir überraschend kurzfristig Tickets für die Gondeln erhalten können. Mit einem Permit für den Sturm auf den Gipfel, der „zur Zeit“ offiziell dreitausendsiebenhundertundsiebzehn Meter und achtundneunzig Zentimeter erreicht, andere Quellen bescheiden sich mit 3.715 Metern, war der frühest mögliche Termin jedoch der 07.01.2025. Eindeutig zu spät für uns. So begnügten wir uns mit einer Gondelfahrt. Immerhin erreichten wir damit Gipfelhöhe minus etwa 160 m. Wie es uns dabei so erging, und was sonst noch so war, haben wir mit ein paar Bildern zusammengefasst. Ein Gutes hatte unser Verzicht auch. Martin wäre bestimmt an den falschen Stellen herumgetrampelt und hätte von den finalen 98 Zentimetern womöglich ein oder zwei abgetreten. Und das wollen wir ja nun wirklich nicht.

Der Weg zur Talstation der Teleférico, der Seilbahn, führt uns durch Landschaften, die im vergangenen Jahr von verheerenden Waldbränden heimgesucht worden sind. Seinerzeit waren wir kurz danach zu Besuch und konnten bereits sehen, wie überall an den Kanarischen Kiefern (Pinus canariensis) Bündel frischer Nadeln durch die Borke drängten.
Heute haben sich die Kiefern in unterschiedlichem Maß erholt. Hier stratzt Anke durch eins der eher skurrilen Beispiele bei forstähnlichen Beständen, in denen die Bäume wegen des engen Standes wenig Äste und Zweige ausgebildet haben. Die aus den Stämmen sprießenden Nadeln geben den Bäumen ein sehr eigenartiges Aussehen.
Etwas abseits der Landstraße befindet sich ein sehr schöner Aussichtspunkt. Er bietet einen wunderbaren Ausblick auf das unter uns liegende Wolkenmeer, ebenso wie einen freien Blick auf den Teide. Unverkennbar, dass auch diese Kiefern einmal einem Feuer ausgesetzt waren.

An mehreren Aussichtsstellen stießen wir auf diese Pfosten. Man soll sein Handy in die Auskerbung im Holz stellen und ein Foto mit normaler Brennweite machen. Das Foto kann und soll man anschließend mit Hilfe des QR-Codes auf eine entsprechende Website laden. Auf diese Weise versucht das Projekt „Fenix“ die Regeneration der verbrannten Kiefernbestände quasi lückenlos zu dokumentieren. Markus Warnke, der jetzige Vorsitzende des Trans-Ocean e.V., wäre begeistert: ein Citizen-Science-Projekt 😉

Eine einheimische Touristin machte uns auf diese Vögel aufmerksam. Es handelt sich um Teidefinken (Fringilla teydea), auf Spanisch „Pinzón„, eine Singvogelart, die auf Teneriffa endemisch ist, also nur dort vorkommt. Wir hatten Glück und wurden auf dem Mirador gleich von einer Hand voll dieser seltenen, aber recht munteren Vögel umflattert.
Ohne Worte
Einen Mittagsstopp zwecks Stärkung nutzen wir, unsere Kleidung höhengerecht zu wechseln. Gestern hatte es oben auf dem Teide angeblich nur 5° C. So kalt soll es heute bei weitem nicht werden, aber man weiß ja nie.
In den höher gelegenen Biotopen schreitet der Regenerationsprozess der Vegetation langsamer voran. Zumal Karnickel die neu austreibenden Pflanzen beeinträchtigen. Im Hintergrund einige der Observatorien, die sich am Teidehang tummeln. Vergangenes Jahr hatten wir diese besucht und unseren Besuch unter anderem in diesem Blogbeitrag beschrieben.
Und dann sind wir da. Nach einiger Wartezeit ist unser Timeslot angesagt. Eine Gondel kommt und es kann gleich losgehen.
Behutsam schwebt die Gondel der Teleferico in die Station ein. Wer gerne mit der Seillbahn auf den Teide fahren möchte, der kann, besser muss, das Ticket online buchen. Den link zur Buchung findet Ihr, wenn Ihr auf diesen Satz klickt.

Ohne Worte

Los geht´s, wir können in die Gondel steigen.
Geschafft, gleich gehts aufwärts.
Die letzte Seilbahnstütze liegt vor der Gondel. Von Stütze zu Stütze hat die Gondel – zur Gaudi der Passagiere – stärker geschaukelt. Bei der Einfahrt in die Bergstation wird dann auch jedem klar, weshalb der Betrieb der Seilbahn bei stärkerem Wind recht früh eingestellt wird. Die Schwingungen, in die die Gondeln geraten können, wären nicht mehr beherrschbar.
Oben angekommen gilt der erste Blick der gewaltigen Caldera (den Cañadas). Da unten haben wir letztes Jahr ein paar Wanderungen gemacht.

Die Cañadas gehen zurück auf einen riesigen Urvulkan, der vor etwa 170.000 Jahren in sich zusammenbrach. Er hatte schlicht seine Magmakammer leergepustet und war für diese hohle Kammer zu schwer geworden. Zurück blieb eine Caldera von etwa 17 km Durchmesser, aus der sich zunächst der Pico Viejo (s.u.) und später der heutige Teidegipfel entwickelte. Am inneren östlichen Rand des die Caldera umgebenden Felskragens befindet sich ein Gürtel von sieben Weideflächen, auf die die Hirten aus Orotava und Vilaflor und zuvor die Guanchen ihr Vieh brachten, wenn es an den Küsten zu trocken wurde. Vom Felsrand niedersickerndes Wasser sammelte sich im Sediment, Winterniederschläge und auch Schneeschmelzen leisteten ihren Anteil und ließen hier grüne Wiesen entstehen, Weideland. Und der dem Gebiet den Namen gebende Begriff Cañadas bedeutet nichts anderes, als eben dies: Weideland.

Und das hier, nur rund 160 m über uns, ist der Gipfel. Martin wäre ja gerne raufgestiefelt, aber die uns zugestandene eine Stunde hier oben und die aufmerksamen Ranger haben bzw. hätten das verhindert. So sind wir halbwegs höhenparallel nach Westen gewandert. Und haben erfreut festgestellt, dass wir mit der Höhe – immerhin etwa 3.550 m – ganz gut zurecht kommen, und das, obwohl wir uns ja meist auf Meeresspiegelniveau befinden.
Die gelbliche Verfärbung des Gesteins weist bereits auf Schwefel hin, und entsprechend stinkt es hier auch. Es fehlt allerdings die Intensität und Dramatik, die wir seinerzeit auf Vulcano erlebt haben. Für die, die neugierig sind, wie das auf Vulcano so war, heißt es, auf diesen Satz klicken.
Am Ende unserer Wanderung bietet sich ein toller Ausblick über den eindrucksvollen Krater des Pico Viejo im Vordergrund, Gomera in der Bildmitte und La Palma rechts. Leider ist es nicht klar genug, um El Hierro zu sehen. Deren Konturen müssten links oberhalb des zum Meer abfallenden Hangs von Gomera zu sehen sein. Anke meint auch, vorübergehend einen Schatten an dieser Stelle gesehen zu haben.
Rückweg. Anke zeigt auf den Gipfel. Da oben war sie seinerzeit, verfroren aber glücklich und stolz. (Nicht auf der kleinen Felsenspitze, Mensch, ganz da oben natürlich.)

Leider bleibt uns nur etwas mehr als eine Stunde, bis wir wieder abwärts müssen. Wir wollen es nicht ausreizen und die zweite Wanderung, die wir machen könnten, auch noch gehen. Denn wenn wir nicht mehr mit einer Gondel mitkommen, müssten wir den Teide zu Fuß absteigen, was unten angekommen auch noch einen Zusatzmarsch zum Auto bedeuten würde. Der Abstiegspfad endet nicht bei der Talstation, sondern 3 km weiter nördlich. Und wir würden dort wohl auch erst im Dunkeln ankommen.

Die inzwischen tief stehende Sonne wirft feine Schatten, denen wir während der Talfahrt gerne zuschauen.

Wieder „unten“ genießen wir die völlig veränderten Lichtstimmungen. Leider können wir uns nicht die Zeit für den Sonnenuntergang nehmen, uns erwartet eine (unvermeidliche) Teams-Konferenz wegen der heimischen Probleme.
Immerhin haben wir die Zeit, noch einen Halt beim Mirador La Tarta, dem Aussichtspunkt zur Torte, einzulegen. Die so unterschiedlichen Farben des Gesteins gehen auf verschiedene Eruptionen zurück. Die weiße Schicht besteht aus Bimsstein, ist daher leicht und porös. Die schwarzen und rötlichen Schichten bestehen aus Basalt. Erstere entstanden bei Eruptionen mit geringem Gasanteilen, letztere wurden durch Grundwassereinflüsse oxidiert. Eine spannende Gegend für Geologen.
Wir müssen wieder kommen, um hier zu wandern …

Der eine oder die andere werden sich wundern. Immerhin sind wir auch schon wieder rund drei Wochen auf Teneriffa, und dann nur ein Ausflug auf den Teide? So ist das natürlich nicht. Die meiste Zeit stehen natürlich wieder Bootsarbeiten an. Diesmal nicht so ungeplante und außergewöhnliche wie in Las Palmas, sondern eher Routinedinge. Da diese Routinen allerdings an bzw. auf einem Boot stattfinden, sind sie natürlich trotzdem mit viel Mühsal, Arbeit und Verbiegungen und Verrenkungen verbunden. Was wäre auch von einem Boot zu halten, an dem alle Orte, an denen etwas zu tun wäre, einfach und problemlos zugänglich wären? Nur, um eine Vorstellung zu vermitteln: Für den Motor, die Maschine, stand an: Impellerwechsel (das ist eine Art Schaufelrad in einem gekapselten Gehäuse, das Seewasser zwecks Kühlung durch den Motor pumpt), Ölwechsel, Ölfilterwechsel, Ölwechsel am Getriebe, Ölfilterwechsel am Getriebe, Wechsel des Dieselfeinfilters am Motor (fast unzugänglich und nur mit einem ganz speziellen Spezialwerkzeug von seinem Ort zu lösen), Wechsel der beiden Dieselvorfilter, Säubern der Gehäuse und der Wasserabbscheider an den Dieselvorfiltern. U Vau Emm.

Eine Art Statthalterbild für all die benötigten Zutaten. Klar, dass nach deren Gebrauch die Vorräte an Ölen, Impeller, Filtern usw. wieder aufzustocken waren. Wir wollen stets mindestens das Zweifache der benötigten Mengen an Vorrat haben, bei einigen Dingen sogar noch größere Massen, denn schnell können Umstände eintreten, die diese Mengen erfordern.

Anke hat ein gute Auge, und so fiel ihr auf, dass sich an unserer Sprayhood einige Nähte auflösten. Auch so etwas, was Arbeit versprach. Segelmacherer Pedro versprach Abhilfe innerhalb von 24 Stunden. Als wir die frisch bearbeitete Sprayhood wieder anbringen wollten, stellten wir fest, dass Pedro zwar irgendetwas, aber nicht die sich auflösenden Nähte genäht hatte. Anke also stante pede, ehrlich gesagt, per Fahrrad, wieder hin: Pedro nähte dann noch einmal, unter gewissenhafter Aufsicht, und alles war gut. 😊

Wir hoffen nun, in den nächsten Tagen auch noch etwas Zeit für die schönen Seiten von Santa Cruz zu haben. Denn in dieser Stadt gibt es viel zu entdecken.

Euch wünschen wir, das die Dinge laufen wie frisch geschmiert

Martin und Anke

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