Single Malt und anderes aus der Bordbibliothek
Vor einigen Wochen hatten wir Gelegenheit, in Bremen eine Autorenlesung zu besuchen. „Eingeladen“ hatte Almuth Keck, eine ehemalige Nicht-Seglerin aus Bremen, die mit einem Schweizer Gebirgsmarinisten in 14 Jahren die Welt umrundet hat. Nun sind Weltumsegelungen heute gar nicht mehr so außergewöhnlich. Bei Almuth und ihrem – inzwischen – Mann, gibt es allerdings ein paar Besonderheiten, weshalb wir die Veranstaltung gerne besucht haben. Die Reise fand übrigens zwischen 1998 und 2012 statt, die Veröffentlichung Ihres Buches erfolgte allerdings erst jetzt. Wir wollen kein Geheimnis daraus machen, dass wir uns persönlich kennen, im Gegenteil, aufgrund der Bekanntschaft ist es uns eine Freude, Almuths Buch hier vorzustellen.
Und da wir schon dabei waren, kam der Gedanke auf, ein Paar weitere Bücher zu zeigen, die wir an Bord haben. Den meisten ist ein mehr oder weniger enger Bezug zur Seefahrt bzw. dem Segeln gemeinsam, und das eine oder andere hat durchaus praktischen Wert. Damit es jedoch nicht langweilig wird, stellen wir nur Titel vor, die kaum bekannt oder unbekannt sind und die uns aus verschiedensten Gründen auf unserer jetzigen Reise als Hintergrundquellen begleiten. Einige der Bücher sind nur antiquarisch erhältlich. Dennoch lohnt sich bei Interesse ein Internetrecherche, ob es nicht auch eine aktuelle Ausgabe gibt. Der folgende Beitrag gliedert sich in folgende Teile:
- Single Malt – Almuth und Edi
- Bücher aus Magos Bordbibliothek
- Historisches / Wissenschaft
- Segelpraxis
- Zeitgenössische Reisebeschreibungen
- Sonstiges (hat mit Segeln nichts zu tun)
- Just do it – Von der Weser in die Welt (Vorankündigung)
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Single Malt – Almuth und Edi
Die beiden lernten wir vor einigen Jahren an Bord der in Bremen fest vertäuten Alexander von Humboldt kennen. Was Anke und ich zunächst als etwa ein- bis anderthalbstündige „Pflichtveranstaltung“ mit Schweizer TO-Mitgliedern aufgefasst hatten, erwies sich als lebhafter, abwechslungsreicher Abend, der erst weit jenseits Mitternacht endete. Und saßen wir erst zu viert in einem separierten Raum der Alex, gesellten sich im Laufe des Abends zunehmend Gäste einer benachbarten Veranstaltung zu uns, so interessant ging es wohl in unserer Runde zu. Wobei das natürlich an Edi und Almuth lag. Das war etwa 2017. Seitdem haben wir losen Kontakt gehalten, und nun sind wir uns auf den Kanaren wieder begegnet, und jüngst im KUNZ (Kultur- Und Nachbarschaftszentrum) in Bremen. Bei Almuths Autorenlesung im KUNZ entstand auch das Beitragstitelfoto.
Um es kurz zu machen. Almuth hatte ihr Leben lang von der großen Segelreise geträumt, doch sie war am Land haften geblieben. Immerhin, Ihr Beruf brachte es mit sich, dass sie die Funkerei beherrschte. Und dann ergab sich ein Urlaub in der Eidgenossenschaft, der sie in eine Gaststätte irgendwo in Bern zufällig an den gleichen Tisch wie Edi führte. Edi lebte auf einem Segelboot am Mittelmeer und wollte die Welt erkunden. Viel ist nicht mehr zu sagen, denn das, was kam, hatte eine gewisse Zwangsläufigkeit. Jedenfalls wurden Adressen getauscht und wenig später zog sie zu einem brummigen er an Bord. Zeit hatte sie als Frührentnerin ja. Und seitdem leben und segeln sie an Bord der Single Malt gemeinsam, inclusive einer 14- (in Worten: vierzehn) jährigen Weltumseglung.
Über diese Reise hat Almuth ein Buch geschrieben, das wir hiermit empfehlen, nachdem zuerst Anke die 556 Seiten bewältigt hat. Bitte nicht abschrecken lassen von der Zahl der Seiten. Das Buch ist mit großen Lettern gedruckt und die zahlreichen Zeichnungen erfordern ihren Platz. Man kommt also zügig voran. Nun bin ich an der Reihe, was noch ein wenig Zeit erfordern wird. Warum empfehlen wir Almuths Buch? Wegen ein paar besonderer Aspekte:
- Das Buchs beschreibt den Wandel einer Landratte, die sich ohne weiteres Vorwissen in eine gefühlte und (gezielt) treibende Nussschale versetzt. Und sich in diesem Bötchen zur Seefrau entwickelt.
- Der Weg zur Gemeinsamkeit mit allen Schwierigkeiten bis dahin wird nicht verschwiegen.
- Das Buch verfügt über keinerlei Fotos, jedoch über jede Menge Zeichnungen aus der Feder der Autorin. Wir haben nicht nachgezählt, es dürften aber an die 100 Zeichnungen einschließlich einiger Karten sein.
- Mal in einem Halbsatz, mal in einem kurzen Text gibt Almuth auch Hinweise auf Hintergründe und Geschichte.
- Es zeigt, dass man auch im Rentneralter noch zu überragenden Leistungen fähig und dabei aufgeschlossen und neugierig sein kann.
- Und es endet trotz der vielen Seiten auf halber Strecke. In Neuseeland.
Das lässt eine Fortsetzung ahnen. Ob es die geben wird, wollte Almuth uns nicht versprechen. Erhältlich ist das Buch beim Novum Verlag und natürlich ganz klassisch über den Buchhandel.
Ein Wort möchten wir noch zum Boot verlieren. Die Single Malt ist eine Amel. Genauer eine Amel Sharki. Und ausgerechnet ein Schwesterschiff, die Sharki Saudade III von Mariolina Rolfo und Giorgio Ardrizzi – wir begegneten ihr in Ushuaia, also in Feuerland – hatten uns seinerzeit zu der Feststellung veranlasst, wenn wir in der Zukunft mal ein neues Boot suchen sollten und es würde aus irgendeinem Grund ein Kunststoffboot sein, dann müsse es ein Boot von der französischen Amel-Werft werden.
Und da wir uns anlässlich Almuths jungfräulicher Veröffentlichung mit Literatur beschäftigten, kamen wir auf die Idee, mal ein paar Bücher aus unserer Bordbibliothek vorzustellen. Dabei geht es uns natürlich nicht um irgendwelche Lektüre, die man mal so nebenbei und im Cockpit lümmelnd verdaut, auch nicht um Sachbücher oder allbekannte Revierführer, sondern um Bücher, die aus irgendeinem Grund eine besondere Bewandnis haben. Warum wir sie hier vorstellen, schreiben wir beim jeweiligen Titel.
Los gehts mit dem Hinweis, dass einige der Bücher nur antiquarisch erhältlich sind. Dennoch stets prüfen, ob es nicht auch eine aktuelle Ausgabe gibt.
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Bücher aus Magos Bordbibliothek
Historisches / Wissenschaft
Unser Interesse galt bei „dem Bordbuch“ der ersten Reise des Kolumbus besonders den nautischen Gegebenheiten, den Bedingungen, unter denen er und seine Männer unterwegs waren, seiner Navigation und der tatsächlichen Reiseroute. Leider ist das, was in den beiden Ausgaben berichtet wird, diesbezüglich nicht sehr ergiebig. Das Insel-Taschenbuch konzentriert sich auf die eigentliche Reise, die gebundene Ausgabe (Erdmann / Thienemann Vg.) umgibt das „Bordbuch“ ergänzend mit Berichten zu Kolumbus persönlicher Geschichte vor und nach der Reise. Spannend ist der direkte Vergleich der beiden Veröffentlichungen. Streckenweise scheint die erste Reise des Kolumbus in zwei Paralleluniversen stattgefunden zu haben. Die Berichte unter den Daten der einzelnen Tage weichen zwischen beiden Veröffentlichungen zum Teil erheblich voneinander ab, streckenweise stimmen auch die Daten für das gleiche Ereignis nicht überein. „Faszinierend“ würde Spock sagen.
Dieser Bericht ist insofern eine Besonderheit, da er scheinbar von einem „normalen“ Seemann oder Soldat auf der Reise der vier Schiffe umfassenden Flotte verfasst wurde. Das einzige bekannte Exemplar dieses Tagebuch-Manuskripts überlebte in der Biblioteca Pública Municipal of Porto. 1945 wurde die Autorenschaft Álvaro Velho zuerkannt. Das ist jedoch umstritten und aktuell tendiert die Wissenschaft dazu, den Berufsschreiber João de Sá als Autor der Reisebeschreibung anzuerkennen. Wie auch immer, das Werk liegt noch auf Halde, d.h., wir haben es noch nicht gelesen, da wir zur Zeit auf anderen Routen unterwegs sind bzw. sein wollen. Daher können wir auch noch nichts über den Inhalt der Schilderungen sagen, außer, dass wir sie in unserem Bestand haben und nicht unerwähnt lassen wollen. Auch dürfte der Bericht aufgrund der ganz anderen Perspektive eine interessante Ergänzung zu den weiter unten benannten Veröffentlichungen zu Heinrich dem Seefahrer und seiner Zeit sein.
Übrigens: 2013 wurde das Manuskript in das UNESCO-Weltdokumentenerbe (Memory of the world) aufgenommen
Als mir dieses Taschenbuch vor Jahren in die Hände fiel, hielt ich den Text für ein phantasievolles Werk eines am Altertum interessierten Seemanns und Seglers. Erst sehr viel später – beim zweiten Lesen an Bord der Mago – stolperte ich darüber, dass Ernle Bradford versierter Historiker ist und eine seiner besonderen wissenschaftlichen Schwerpunkte und damit sein Interesse frühen historischen Reisen gilt. Danach erschloss sich die Odyssee aus einem ganz neuen Blickwinkel und ich widmete den durchaus fundierten Argumentationsträngen des Autors eine ganz andere Aufmekrsamkeit. In diesem Büchlein folgt er den Spuren des Odysseus durch das Mittelmeer, gleicht die Schilderungen des Homer ab mit den heutigen Kenntnissen der damaligen Schiffahrt, insbesondere der mit den damaligen Schiffen möglichen Reisegeschwindigkeiten. Auf Basis dieser Überlegungen prüft er bekannte Zuordnungen und zieht eigene Schlüsse. Das Ergebnis: Eine durchaus plausible Zusammenstellung der Orte, die Homer als Stationen der Odyssee benennt. Besonders für Segler im zentralen und östlichen Mittelmeer: Lesenswert bis spannend, denn viele der von Bradford beschriebenen Stätten lassen sich heute auf eigenem Kiel aufsuchen.
Daher sei an dieser Stelle auch auf unseren Blogbeitrag zu Odysseus verwiesen: Auf Odysseus´ Spuren. Wir haben zwar nicht alle Stätten der Odyssee besucht, aber versucht, wo immer möglich die entsprechenden Orte aufzusuchen.
Seit je hat mich die Weltumseglung des Sir Francis Drake fasziniert (1577- 1580). Das Problem: Sie fand unter strenger Geheimhaltung statt, da die britische Herrschaft zu dieser Zeit keinen Konflikt mit der seebeherrschenden Weltmacht Spanien riskieren wollte. Es existieren daher keine Aufzeichnungen dieser Reise. Nachdem mir der wissenschaftliche Hintergrund von Ernle Bradford klar geworden war – interessant auch, er veröffentlichte unter anderem ein Werk über die Reisen des Apostel Paulus, der ja auch ein paar Seereisen unternahm – und ich bei meiner Suche auf ihn als Autor einer Drake-Biografie stieß, war klar, das Buch musste her. Trotz dürftiger Quellenlage ist Bradford um ein realistisch und soweit möglich durch Quellen untermauertes Bild bemüht, wobei er zugleich in einer gewissen englischen Tradition steht, in der Sachbeiträge durchaus mit erzählerischem Impetus verfasst werden.
Von allen hier benannten Büchern ist dies wahrscheinlich das am häufigsten und von den meisten Verlagen herausgegebene Buch. Es sollte also kein Problem sein, es zu erhalten. Literarisch wird es als Roman eingestuft, es hält sich jedoch recht genau an die Fakten – soweit wir es beurteilen können. Diese Schilderung der ersten erfolgreichen Weltumseglung ist spannend zu lesen, genauso wie der damalige Stil von Stefan Zweig – also ein Stil, der in die Dreißiger Jahre des letzten Jahrhunderts versetzt – aus heutiger Sicht durchaus spannend ist. Damals galten rechte Männer noch als rechte Männer, Heldentum war ein positiv besetzter Begriff und die aus heutiger Sicht unglaubliche bis unvorstellbare Leistung Magellans unnd seiner Mannschaft wird entsprechend aufgearbeitet. Und von all dem wüssten wir vermutlich nichts, wenn nicht die letzten 35 Überlebenden unter der Führung des Juan Sebastián Elcano Europa wieder erreicht hätten. Von diesen waren 17 zunächst in portugiesische Gefangenschaft geraten, sie konnten aber auf dem Verhandlungswege wieder frei kommen. Hätten es diese 35 um Elcano nicht geschafft, wir würden heute nur Schilderungen aus den Berichten der 55 Expeditionsteilnehmer, die mit der San Antonio aus der heutigen Magellan-Straße desertiert waren, kennen und damit ein wahrscheinlich in weiten Teilen falsches Bild. Übrigens: Wer an einer authentischen Schilderung der Reise interessiert ist, beschaffe sich das Tagebuch des italienischen Mitreisenden Antonio Pigafetta, das es ebenfalls in diversen Ausgaben gibt.
Heinrich der Seefahrer ist ja eine nahezu mythische Figur. Daher lag es nahe, bei unserem Besuch in Sagres eine Biografie über ihn zu suchen und zu erstehen. Der Autor gibt einen umfassenden Einblick in Heinrichs Leben, seinen vielschichtigen und auch nicht einfachen Charakter, seine wirtschaftlichen Interessen und sein Machtbewusstsein und bindet dies in die zeitgenössische Welt ein, genauso wie in die damalige Wirtschaftswelt. Daher ist der Titel „Wegbereiter der Globalisierung“ hoch interessant und zutreffend und erlaubt einen ganz neuen Blick auf Heinrichs Wirken, die seinerzeitigen Geschehnisse und deren Bedeutung für die damalige Welt sowie die Nachwirkungen auf unsere heutige Welt. Lesenswert. Noch eine Bemerkungen zum Burgunderhut, mit dem Heinrich sehr oft dargestellt wurde, und den er auch auf diesem Titel trägt. Die Wissenschaft scheint sich weitgehend einig, dass er diese Art Hut niemals getragen hat.
Ein Werk, dass die Zeit Heinrichs des Seefahrers aus wirtschaftstheoretischer Sicht interpretiert, beschreibt und bewertet. Wie konnte das am Rande Europas liegende, unbedeutende Portugal mit einem Mal zu einer geradezu globalen Macht werden, die die wirtschaftlichen und politischen Kräfteverhältnisse des damaligen Europas und des Mittelmeerraumes an den westlichen Rand des Kontinents verschob? Und wie lässt sich diese Entwicklung mit wirtschaftswissenschaftlichen Theorien beschreiben? Eine der Kernthesen des Buches ist, dass Globalisierung ein evolutionärer, unumkehrbarer Prozess ist, dessen gedankliche Wurzeln die Autoren für uns überraschend im China des 10. Jahrhunderts verorten, und der mit den portugiesischen Entdeckungen des 15. Und 16. Jahrhunderts erstmals dazu ansetzte, tatsächlich die ganze Welt zu erfassen. Unverkennbar ist ein gewisser Lokalpatriotismus der Autoren, doch lässt man den beiseite, ist gerade der wirtschaftswissenschaftliche bzw. -theoretische Teil trotz aller Trockenheit auch ausgesprochen spannend, da man sich normalerweise mit solchen Hintergründen so gar nicht beschäftigt. Etwas für Menschen mit ausgeprägtem Hang zu Hintergründen.
Segelpraxis
Es war eine unserer ewigen Suchen und sie blieb lange erfolglos: Wo würden wir eine wirklich fundierte Anleitung zu Segel- und Riggtrimm finden? Da gab es zwar viel auf dem Markt, aber nichts, was wir als ausreichend oder gar als erschöpfend ansahen, bis uns Rainer von der Geronimo auf Ivar Dedekams konzentrierte Fibel hinwies. Die wollen wir jedem Segler dringend ans Herz legen, zumal es die inzwischen nicht nur auf Englisch, sondern auch in deutscher Übersetzung gibt. Die beste Anleitung und Hilfe, die uns bis dato begegnet ist. Durchgehend illustriert, denn Bilder sagen mehr als viele Worte. Ein Muss für jedes Boot, jeden Skipper und jede Crew, auch wenn man sonst auf eine Bordbibliothek verzichtet.
Zeitgenössische Reisebeschreibungen
Ursprünglich wollten wir auf zeitgenössische Beschreibungen verzichten, schließlich existiert da eine schier unübersehbare Vielfalt. Aber zwei Veröffentlichungen ließen uns dann doch nicht in Ruhe. Beide sind auf ihre Art etwas Besonderes, daher haben wir sie nun doch in unsere kleine Zusammenstellung aufgenommen.
Es muss 1985 gewesen sein, als ich diesen Bericht als Taschenbuchausgabe auf einem Grabbeltisch in Hannover entdeckte. Bis heute ist es eins meiner absoluten Lieblingsbücher. Die Familie Saunders, Mike und Liz mit den Kindern Kevin, Bruce, Mark und Rachel wollten das damalige Rhodesien aufgrund der sich zunehmend verhärtenden inneren Lage (Apartheid) verlassen. Ihr Problem: Es war zu der Zeit praktisch unmöglich, mit seinem Hab und Gut, vor allem mit einem angesparten Geldvermögen außer Landes zu kommen. Die Lösung: Die Familie kaufte ein Segelboot, das bei einer Insel vor der Küste von Mosambik vor Anker lag, genauer eine fast leere Hülle. Dort bauten und rüsteten sie es aus und machten sich auf den Weg. Anders, als der normale Blauwassersegler war das Boot Mittel zum Zweck. Es sollte das Vehikel für die Auswanderung ins Vereinigte Königreich sein. Die Route führte über Südafrika, in Kapstadt wurde ein Arbeitsstopp eingelegt, um Geld zu verdienen, dann ging es – zunächst ungeplant – nach Brasilien und über die Azoren nach England. Das Buch schildert informativ und humorvoll die Erlebnisse einer Familie, wobei besonders die Welt der Kinder nicht zu kurz kommt. Dank der Übersetzung von Beate Kammler ist es wunderbar zu lesen. Zur Zeit leider nur noch antiquarisch erhältlich.
Eilco Kasemier ist der erste niederländische Einhand-Weltumsegler. Er rundete den Globus von 1976 bis 1978 auf der Route um Kap Hoorn und das Kap der Guten Hoffnung mit Bylgia, einer Aluminium-Ketch. Nach der Reise lernte er den Illustrator und Zeichner Gerard van Straaten kennen. So kam es, dass Kasemier kein klassisches Buch verfasste, sondern die beiden gestalteten eine Art Comic. Jetzt ist das Ergebnis jedoch nicht komisch, sondern enthält eine Fülle interessanter Informationen und Schilderungen, nur ist halt der ganze Bericht auch grafisch aufgearbeitet. Überrascht hat mich Jahre nach dem Kauf die Genauigkeit, mit der viele Details dargestellt sind. 2008 erschloss sich mir trotz der Seekarten nicht, wo die Einfahrt nach Port Moresby zwischen den schützenden Riffen zu finden sein musste. Mit Hilfe der in Eilcos Buch gezeichneten Skizze hab ich die örtlichen Gegebenheiten dann richtig interpretiert und konnte gefahrlos in die Bucht der Inselhauptstadt von Papua-Guinea einlaufen. Schon aufgrund der anderen Machart unbedingt zu empfehlen. Ich fürchte, auch dieses Buch ist zur Zeit nur antiquarisch erhältlich.
Ausgefallene Revierführer und Handbücher
Es kann nur einen geben. Dieser Revierführer über die Gewässer Patagoniens und Feuerlands ist DER Revierführer schlechthin. Er besteht aus einer umfangreichen Beschreibung der verschiedensten Aspekte des Reviers (Geschichte, Ureinwohner, Flora, Fauna …) und einer umfassenden Zusammenstellung der Gewässer, Buchten und Schlupflöcher des Reviers. Die Buchten sind durchgehend nummeriert, so dass eine zuverlässige Verortung bzw. Identifizierung möglich ist, auch hilfreich bei der Kommunikation mit der chilenischen Marine.
Wir besitzen die zweite Auflage, inzwischen gibt es eine dritte. In letzterer werden mehr als 400 Ankerbuchten in Feuerland und Patagonien im Detail und mit Kartenskizzen beschrieben. Die absolute Empfehlung für jeden, der dort auf dem Wasser unterwegs sein will – anders geht das auch gar nicht 😉
Diese drei Handbücher sind dankenswerterweise vom NV Verlag als Reprint wiederveröffentlicht worden. Wenn man sie durchstöbert, überraschen zwei Dinge. Zum Einen die Sachlichkeit, mit der diese Werke erstellt wurden, und auch die internationale Kooperation zwischen den seefahrenden Nationen, die seinerzeit unverkennbar stattfand. Zum Anderen der damalige Wissensstand, vor allem aber die Interpretation und Kommentierung der Befunde. Man wird verwundert feststellen, dass bestimmte für unsereinen als gesetzt geltende Gewissheiten in diesen Handbüchern relativiert werden, so z.B. Annahmen über die Stabilität von Strömungen oder Passatwinden. Dinge, die wir heute gerne mit dem Klimawandel in Verbindung bringen. Die Ausgabe zum Atlantik von 1910, damals noch einmal revidiert und damit das jüngste Werk, ist das hinsichtlich Informationsdichte und Aktualität mit Abstand beste Handbuch der Reihe. Unbedingt empfehlenswert. Uns hat das Atlantik-Handbuch bei unserer Atlantikquerung in Richtung Brasilien 2004 wertvolle Hintergrundinformationen gegeben, die uns unsere Entscheidungen erleichterten und dazu beitrugen, dass wir seinerzeit perfekt durch die ITC, die Innertropische Konvergenzzone, durchgewitscht sind.
Aktuell ist uns nicht bekannt, ob es inzwischen durchgehend digitale Seekarten für die Patagonischen Kanäle gibt. 2007 konnte man von einem Punkt wenige Seemeilen westlich von Ushuaia bis zum Golfo de Penas nur klassisch mit Papierkarten navigieren. Auch wissen wir nicht, ob es in der aktuellen Fassung des Atlanten noch die Karten gibt, die in den früheren Fassungen als „anullado“ (kann man mit „ungültig“ übersetzen) gekennzeichnet waren. Doch das spielt keine Rolle. Wir hatten in der Praxis festgestellt, dass man mit den annullierten Karten wunderbar und zuverlässig navigieren konnte. Nur mit der geographischen und damit der GPS-Position haute es meist nicht hin. Aber terrestrisch – null problemo. Wenn man also einen gewaltigen Stapel Papierseekarten vermeiden will, ist dieser Atlas eine ebenbürtige Alternative. Einziger Nachteil, der zugleich auch ein echter Vorteil ist: Alle Seekarten des Atlanten sind verkleinert, aber noch gut lesbar. Und er enthält wirklich ALLE chilenischen Seekarten.
PS.: Es dürfte für die wenigsten bedeutsam sein, aber für die peruanischen Küsten gibt es einen vergleichbaren Atlas. Natürlich deutlich dünner. 😉 Bei Interesse über das Hydrographische Institut der Peruaner ergoogeln.
Ein Büchlein, das wir im Jahr 2007 im Yachtclub von Higuerillas, Chile, leihweise in die Hände bekamen. Wir haben es später mit Hilfe von Wolfgang, der seinerzeit das Patagonian Cruisers Net betrieb, direkt von Patricia erhalten. Mit Widmung natürlich. Patricia ist Meteorologin und Seglerin und sie hat sich nicht nur mit den Grundlagen und Hintergründen des Wettergeschehens an der chilenischen Küste bis hinauf nach Feuerland und Kap Hoorn sowie der südlichen Hemisphäre auseinandergesetzt, sondern sie beschäftigt sich auch mit den Vor- und Nachteilen verschiedener Yachtdesigns vor dem Hintergrund der in diesen breiten möglichen Seeverhältnisse. Wertvoll, da Patricia gerade auch auf Besonderheiten an den chilenischen Küsten eingeht, die man sonst kaum verstehen würde.
Obwohl das Buch nur auf Spanisch verfügbar ist, vieles erschließt sich auch dem, der die Sprache nicht beherrscht. Wir waren und sind da – zugegebenermaßen – mit unseren inzwischen halbwegs anwendbaren Spanisch-Kenntnissen klar im Vorteil. Das Buch war lange vergriffen. Unseres Wissens hat Patricia Escalona eine Neuauflage vorbereitet, die erhältlich sein müsste. Einfach googeln.
Sonstiges (hat mit Segeln nix zu tun)
Bei diesem Büchlein handelt es sich um Band 1 der Edition Suhrkamp. Man kann es daher fast als denkmalgeschützt betrachten. Ich habe es in meiner Schulzeit im Deutschunterricht erhalten und damals pflichtgemäß durchgekaut. Beim Einlagern all unserer Dinge durch Zufall wieder entdeckt und mit an Bord genommen. Nach aktueller Lektüre bin ich zu dem Schluss gekommen (auch wenn ich gar kein Brecht-Fan bin): Nie war dieses Stück so wertvoll wie heute. Vielleicht sollte dieses Büchlein in unserer Republik Pflichtlektüre für jeden sein, nur fürchte ich, dass dieser Satz von den von mir besonders Adressierten falsch verstanden oder gar nicht erst angenommen wird 😉. Also: Unbedingt lesen, auch wenn die Erinnnerungen an die Quälerei in der Schulzeit zunächst dagegen stehen mögen.
Jetzt etwas ganz anderes: Im kleinen Bücherregal im Frühstücksraum des Riad Tigmi Bulbul in Amtoudi entdeckten wir diese großformatige und dicke Dokumentation. Sie beschäftigt sich auschließlich mit den Agadiren des Anti-Atlas. Die erste Hälfte besteht aus einer umfassenden Einführung (Historie, Bauweisen, Erbauer …), die zweite dokumentiert alle Agadire des Anti-Atlas in Text, Zeichnnungen und Fotos. Interessant die Quellen, die in diesem Buch auftauchen, so unter anderem Klaus Därr. Bei Afrikareisenden, Motoradfahrern und Expeditionswohnmobilisten gleichermaßen wird es jetzt klingeln. Genau! Das ist der Klaus Därr, der u.a. in München einen Globetrotterausrüstungsladen betreibt. Etwas überrascht hat uns zunächst, dass ausgerechnet ein deutscher Professor an diesem Werk mitgewirkt hat. Doch so abwegig ist das gar nicht. Seit den frühen 80er Jahren forscht und dokumentiert Herbert Popp über Kasbahs, Oasen, Medinas und soziokulturelle Beschaffenheiten Marokkos. Er ist also ein ausgesprochener Experte. Bedauert haben wir daraufhin nur, dass die drei nicht auch eine deutsche Ausgabe herausgegeben haben. So muss man sich mit französischen Texten auseinandersetzen. Aber gut, auch das ist möglich. Für den, der sich mit traditionellen nordafrikanischen Architekturen beschäftigen will: empfehlenswert.
Gestolpert sind wir über Nils-Udo auf der Isle de Marguerite an der südfranzösischen Küste. Bis dahin hatten wir noch nie von ihm gehört. Im April 2015 schuf er auf der Insel verschiedene Land Art Projekte. Anders als die recht langlebigen Werke des Jean Vérame (s. vorausgegangenen Blogbeitrag) waren alle diese Werke vergänglich, teils sogar ausgesprochen kurzlebig. Überlebt haben sie, da sie fotografisch dokumentiert wurden. Ein kleiner Zusammenhang zur Seefahrt besteht allerdings doch. Nils-Udo bezieht seine Schöpfungen ausdrücklich auf Guy de Montpassant´s Schilderung seiner Segelreise entlang der Mittelmeerküste aus dem Jahr 1881. Es lohnt sich auf alle Fälle in diesem reich bebilderten Büchlein zu stöbern. Es macht nämlich (sonst benutze ich das Wort nicht, aber hier ist es am richtigen Platz) richtig Lust, solche hübsche Dinge selber zu schaffen. Also selber machen! Und das Fotografieren nicht vergessen!
Just do it – von der Weser in die Welt
Und hier noch eine Ankündigung. Nachdem Bobby Schenk und Frauke Wiesmüller-Schenk das Manuskript unserer Reise mit Just do it aus dem Jahre 2010 in die Hände bekamen, war ihre Reaktion so eindeutig, dass wir einfach nicht mehr daran vorbeikamen und uns entschlossen haben, es doch noch auf den Markt zu bringen. Zurzeit werden die Druckkosten einer Paperbackfassung ermittelt, und wenn uns das zu gewagt oder zu teuer erscheint, werden wir eine PDF-Fassung veröffentlichen. Ein paar Meinungen zum Manuskript:
Frauke Wiesmüller-Schenk: „Außergewöhnlich! … Anders als viele andere Autoren ist Martin der deutschen Sprache mächtig … Sein Stil ist großartig, denn er nimmt den Leser sofort gefangen … Sobald man anfängt, zu lesen, wird man hellwach und neugierig. … Man will und wird das Buch zu Ende lesen.“
Bobby Schenk: „Fazit von mir: Eines der besten, vielleicht das allerbeste Weltumsegelungsbuch!“
Rhonda S. „Der Bericht ist so aufgeschlossen, lebensnah und den menschlichen Begegnungen zugewandt. … Bei der feinfühligen Schilderung der Bewegungen und Geräusche während des Segelns irgendwo auf dem Pazifik kamen mir Tränen.“
Demnächst Näheres auf diesem Blog. Und damit sagen wir heute „Tschüss“
und nehmt einfach mal wieder ein Buch in die Hand
Martin und Anke
Ein Gedanke zu „Single Malt und anderes aus der Bordbibliothek“
Eine gelungene Zusammenstellung! Werde gleich einiges suchen und besorgen und lesen. Wünsche mir Zeit zum lesen, vielleicht wird es im Winter ja etwas ruhiger.
Und ich freue mich auf das „Just Do IT“ Buch!!!
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