Kleine Schritte gen Süden

Kleine Schritte gen Süden

So schön kann ein ruhiger, früher Morgen auf Martinique beginnen. Langsam erwacht die Bucht.
So geht´s allerdings auch. Einfach ätzend.

Wieder zurück in Martinique stürzten wir uns auf die Lösung unserer Probleme. Je früher desto besser dachten wir in Anbetracht der von anderen Seglern mitgeteilten Vorlaufzeiten. Die TO-Stützpunktleiterin hatte uns per Email ein paar Ansprechpartner für unser besonders drängendes Problem, den Batterieaustausch genannt. Am Karfreitag mailten wir die beiden Kontakte an und erhielten noch am gleichen Tag (!) eine positive Antwort. Ein gewisser Fredo könnte die Aufgabe übernehmen und bereits am Dienstag nach Ostern vorbeischauen. Um 10:00 Uhr an jenem Dienstag stand Fredo auf der Matte. Wir sprachen die Angelegenheit durch und orderten schon mal die verfügbaren Lithium-Batterien. Am Nachmittag erhielten wir den Kostenvoranschlag. Außerdem organisierte er einen Werftliegeplatz für uns, da das für ihn kürzere Wege und für uns geringere Kosten bedeuten würde. Gegen Mittag dieses Dienstags schlichen wir bei einer Firma herum, die sich unter anderem mit Kühlangelegenheiten beschäftigt. Der Laden war zwar wegen Mittagspause geschlossen, aber man hatte uns durch die Schaufenster gesehen und öffnete die Tür. Nach wenigen Minuten war vereinbart, dass jemand kommen und bei uns an Bord Ursachenforschung betreiben würde, da unsere Kühlschränke nur noch Puff-Signale vermeldeten aber nicht kühlten. So legten wir das Boot am folgenden Mittwochmorgen an einen der Werftstege, Fredo begann erste Arbeiten, und am Nachmittag auch der Kühlschrankmensch. Am Ende des Tages waren die elektronischen Steuereinheiten der Kühlschränke getauscht und auch die Pumpe, die die Kompressoren mit kühlendem Seewasser versorgt. Martin hat die alte Pumpe ein paar Tage später zerlegt. Es sah ziemlich gruselig aus, was sich in deren Inneren finden ließ. Jedenfalls hatten wir am Mittwoch Abend wieder funktionierende Kühlschränke. Und am Freitag waren neue Batterien eingebaut und die gesamte neue Steuerelektronik, die ein modernes Lithiumsystem benötigt ebenfalls. Wie war das? Bis zu einem halben Jahr Vorlauf? Ach, und ganz nebenbei hatten wir Genua und Fock zum Segelmacher gebracht, um die UV-Schutz-Bekleidungen zu erneuern. Der Segelmacher war sehr fair und schlug vor, nur kleinere Reparaturen vorzunehmen, da der Aufwand für eine komplette Erneuerung sich aufgrund des Alters und Zustands der Segel nicht mehr lohne. So war auch diese Aufgabe bereits in der Woche nach Ostern (vorläufig) erledigt. Ansonsten konnten wir vereinbaren, dass wir bis Anfang Juni unsere bislang noch schwächlichen neuen Batteriekapazitäten (400 Ah) würden verdoppeln können, Katharinas Mann Kai uns einen Geräteträger schweißen würde und wir mit Fredos Hilfe diesen dann mit Solarpanelen bestücken könnten.

Der Dienstag: Die Absprachen mit Fredo sind erledigt. Wir befinden uns auf dem Weg zum Segelmacher. Wo findet man schon einen Segelmacher, den man über einen schmalen Kanal zwischen Mangroven erreicht? Anschließend tuckern wir zu Caraibe Marine, einem der hiesigen Yachtausrüster. Dort erhalten wir den Tipp für einen Kühlschrankspeialisten.
Der Mittwoch: Fredo, schemenhaft im Hintergrund zu erkennen, hat das in Malta erworbene 30A-Ladegerät versetzt und Platz für die neue Ladegerät-Inverter-Kombi geschaffen: ein Victron Multiplus 24/3000. Dieses Gerät kann nicht nur die Batterien laden, es wandelt den Batteriestrom auch in 230V um. Nun können wir an Bord ganz normal alle möglichen elektrischen Geräte nutzen. Wie zu Hause. Der Strom kommt ja jetzt aus der Steckdose.
Der Donnerstag: Die beiden ersten Lithium-Batterien werden angeliefert. Der Umstieg von konventionellen Batterien zu Lithium ist der Grund dafür, dass wir das alte Hauptladegerät tauschen mussten. Es kann diesen Batterietyp nicht laden. Außerdem erfordern Lithium-Batterien eine viel ausgeklügeltere Überwachung von Ladezustand, Ladeabläufen usw.

Unter der Lotsenkoje im Durchgang vom Salon zur Heckkabine ist das luftdicht schließbare Abteil für die Batterien. Fredo hat soeben die ersten beiden Batterien abschließend verkabelt. Parallel wird in der Pantry gearbeitet. Bei beiden Kühlschränken sind die elektronischen Steuereinheiten ausgefallen. Möglicherweise als Folge der ausgefallenen Seewasserpumpe. Der Mechaniker muss jetzt auch noch im Motorraum werkeln. Arbeitsraumkonkurrenz und gegenseitige Behinderung sind zu befürchten. Doch Fredo und Cesar harmonieren. Und letzterer steht unter „Zeitdruck“. Seine Frau ist hochschwanger und steht unmittelbar vor der Geburt. Er hat versprochen, früher von der Arbeit zu kommen. Aber erst muss unsere Kühlung wieder laufen. STRESS in der Karibik! Und am Ende des Nachmittags läuft sie auch.

Der Freitag: Fredo macht alle abschließenden Arbeiten: Bluetooth-Schnittstelle ergänzen, ein Relais setzen, dies und das. Cesar kommt zu einem abschließenden Kontrollbesuch. Zwischendurch werden die geflickten Segel angeliefert. Wie war das mit bis zu einem halben Jahr Vorlauf? Nebenbei kaufen wir am folgenden Samstag drei Solarpanele und lagern sie bei Katharina ein. Ihr Mann Kai wird uns Ende Mai/ Anfang Juni einen Geräteträger bauen. Dann werden auch die beiden noch fehlenden Batterien ergänzt und damit sollte der Energiehaushalt an Bord von Mago del Sur komplett auf neuen Beinen stehen.

Das scheint schon ewig her zu sein. Nachdem all dies geschafft war, stand Pause an, bis Ende Mai. Also nix wie los. Na ja, mit einem kleinen zwischengeschalteten Intermezzo. Wir verließen Le Marin und machten uns auf den Weg. Und das erzählen wir einfach mit Bildern.

Nachdem die Batteriearbeiten erledigt sind, gehen wir erstmal wieder in die Marina. Dort begegnen wir Peter und Irene. Rainer (Geronimo) hatte uns die beiden schon vor längerer Zeit ans Herz gelegt, aber nicht erwähnt, dass die beiden unter französischer Flagge unterwegs sind. So hielten wir stets Ausschau nach einer Outremer unter deutscher Nationale. Aber nun hat es geklappt. Da die beiden nicht mehr in der Marina bleiben dürfen und ihr Dinghi unglücklicherweise zur Reparatur ist, leihen wir Ihnen unser Bötchen mit dem neuen Zweitakt-Tohatsu. Peter freut sich und tuckert zu seiner Zapoli.
Bei einem kleinen Besuch auf der Zapoli kann Anke ein SUP, ein Stand-Up-Paddleboard, ausprobieren. Martin ist diesbezüglich äußerst reserviert, bedeuted das im Ergebnis womöglich nochmehr Zeugs an Bord unseres Boots. Peter beäugt Ankes Erstversuch.
Rückkehr nach den ersten knienden Runden.
Es geht voran. Die erste Runde im Stehen. Peter ist denn auch ganz begeistert (stehende Ovationen). Ein Tag später gab es noch eine Party an Bord der Zapoli, doch mir wurde gesagt, dass ich alle möglicherweise abgebildeten Teilnehmer um Erlaubnis für eine Online-Veröffentlichung bitten müsste. Formal natürlich völlig korrekt. Da ich aber faul bin und keine Lust hatte, nachzufragen, müsst Ihr Euch die Party und den Zustand der Teilnehmer vorstellen. Frei nach Eurer Fantasie.
Eigentlich ist Martin ja gar nicht von so einem SUP angetan, fürchtet er doch zusätzlichen Ballast an Bord. Anderseits ist das ja eine Herausforderung, die Anke mit Bravour gelöst hat. Und das lockt natürlich. Zumal die Erinnerung an eine Episode vor 43 Jahren aufpoppte. Ihm war auf dem Steinhuder Meer ein Surfbrett untergeschoben worden, samt Segel, und zur Verblüffung aller segelte er auf und davon. Nur nicht zurück. Denn keiner hatte ihm erklärt, wie man mit so einem Ding gegen den Wind aufkreuzt. Dank Paddel bestand heute dieses Risiko nicht. Also: Nicht lange schnacken und gar nicht erst knien. Martin startet seinen ersten SUP-Versuch gleich aufrecht und man glaubt es kaum, er zieht seine Runden.

Mago del Sur verlässt die Bucht von Le Marin. Das Groß ist bereits als Stützsegel gesetzt, gleich werden Besan und Genua folgen. In dieser Reihenfolge. (Foto: Peter Baron von Bilderling)

Und dann ist er da, der Tag, an dem wir den Anker aus dem Grund holen und die Bucht bei Le Marin verlassen. Genau das Wetter, das man sich nur wünschen kann, geleitet uns Richtung Saint Lucia.

Anke freut sich. Sie war des „Festliegens“ inzwischen besonders überdrüssig.
Unterwegs begegnen wir wieder größeren Teppichen von Sargasso-Kraut. Es raschelt ganz seltsam im Bootsinnern, wenn wir durch einen solchen Teppich gleiten.
Erstaunlicherweise war die Sicht auf der etwa 20 Meilen langen Passage zwischen Martinique und Saint Lucia zunächst sehr schlecht. Lange konnten wir unser Ziel nicht ausmachen. Nun sind wir nur noch vier Meilen entfernt und da sieht es dann doch anders aus.
Saint Lucia begrüßt uns mit frischen Farben und auf erhebliche Entfernung schon mit lautem Bum Bum. Da muss eine heftige Party im Gange sein. Wie wir schnell erfahren, findet auf der Insel eine einwöchige Jazz-Veranstaltung statt. Schwerpunkt der Aktivitäten sollen in der Rodney Bay sein.

Angekommen in der Rodney Bay. Der Anker sitzt im Grund, nicht weit von der Juno, ebenfalls einer Amel 54 mit Cindy und Bert an Bord. Wir genehmigen uns einen Ankerschluck …

… und genießen den Sonnenuntergang.

Anschließend gibt es französische Bratwürstchen.

Das kleine Fort am Nordende der Bucht ist Teil eines Schutzgebiets und darf offiziell nur gegen Eintritt besucht werden. Derzeit ist es wegen des Jazz-Festivals geschlossen. Mit unseren Dinghis fahren Cindy und Bert und wir an die Halbinsel, auf der das Fort errichtet wurde, da es dort eine Kneipe geben soll. Die finden wir jedoch geschlossen vor. Dafür gibt es keinen Zaun und keine Verbotshinweise. Also wandern wir mal los. Unsere Boote sind an dem ersten Steg (Bildmitte links) festgemacht. Man kann es nur ahnen: an der Stirnseite des Stegs hat inzwischen ein Polizeiboot festgemacht. Später sind es zwei Polizeiboote sowie zwei Polizisten auf Jet-Skis. In den Pagoden, die als Backstage-Versorgung für die teilnehmenden Künstler dienen, herrscht schon reichlich Leben.
Blick von der Two-Gun Battery (Fort ist nach Inaugenscheinnahme der Wirklichkeit doch ein zu großes Wort) auf die Karibische See mit dem unvermeidlichen Sargasso-Kraut.

Angeregt durch Cindy und ihrem Mann, der ein begnadeter Berufsfotograf ist, geben wir uns auch ein bisschen Mühe. Anke beim eleganten Aufstieg auf die Geschützplattform, die Batterie.

Wer kennt nicht das Spiel aus Schülerzeiten: „Schiffe versenken“. Man muss zugeben, dass man ganz unwillkürlich daran denken muss, wenn man auf so einer Bastion über dem Meer steht. Man könnte ja mal Bumm machen… Obwohl, es ist natürlich mehr als klar, dass das seinerzeit bitterer Ernst war und es für keinen der Beteiligten Gewissheit gab, ob er das Ende des Tages noch erleben würde.

Von hier oben hat man schöne Aussichten auf die Rodney Bay. Über einen der mächtigen Lautsprecher hören wir eine Ansage, die wir für den Beginn der heutigen Darbietungen halten. Nur Cindy hört richtig hin. Da wäre was von unerlaubten Betreten gesagt worden, schnellstens Auftauchen und Abhauen gefordert und heftige Strafe angedroht worden. „Meinen die uns?“ Cindy fürchtet ja.

Na gut, wir steigen ab. Allerdings mit ziemlichen Umwegen. Als wir schließlich 35 Minuten später am Dinghi-Anleger ankommen, nehmen die dort versammelten Polizisten keinerlei Notiz von uns. Straffrei knattern wir von dannen. Dass der Auflauf uns galt, ist allerdings mehr als offensichtlich. Kaum sind wir weg, sind auch alle Polizisten nebst Booten und Jetskis verschwunden.

Später, auf dem Gelände der Rodney Bay Marina, kehren wir mit Cindy und Robert (so der korrekte Name) ein. Was müssen wir feststellen? Das Essen ist gut, die Preise für die Speisen sind mit wenigen Ausnahmen europäisches Niveau. Flaschenwein ist nicht teurer als in einem deutschen Restaurant, Bier deutlich günstiger!
Zwecks Lebensmittel Einkauf – klappt, Geldwechsel – klappt nicht, unsere Commerzbank spielt nicht mit (?!) sind wir am nächsten Tag wieder im Ort. Lokales Verkehrsgeschehen.
Überall an den Ufern und an Flächen, die gelegentlich mal vom Seewasser erreicht werden, stolpert man über mehr oder weniger große Löcher im Boden. So in ziemlich jedem Loch haust eine Krabbe. Diese hier wie zahlreiche Gefährten und Gefährtinnen gleich in der Straßenböschung.
Nach ein paar Stunden an Land verlassen wir im angenehmen Abendlicht die Anlegestelle in der Marina …
… passieren am Zugangskanal zur Lagune von Rodney Bay die dort auf den Einsatz wartenden Fischerkähne …
… und propellern der Sonne entgegen.

Auch heute erwartet uns ein Tag mit bestechendem Farbenspiel zum Tagesausklang.

Tolle Abendhimmel lassen sich auch in der Heimat beobachten. Vor allem dauert die Dämmerung viel länger. Nehmt Euch mal wieder Zeit für ein Glas Wein, sucht einen geeigneten Platz und genießt Sonnenuntergang und Abendhimmel!

Martin und Anke

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Da es immer wieder übersehen wird, erwähnen wir wie meistens die Abo-Funktion: Wer in Zukunft keinen Beitrag verpassen will, kann unseren Blog abonnieren, und das geht über die Seite Kontakte, oder indem man – noch einfacher – hier klickt.

Farbige Sonnenuntergänge und die tollsten Buchten, manche so klein, dass wir mit dem Boot in der Bucht kaum ankern konnten, sondern uns mit Landleinen sicherten, erlebten wir auf unserer Weltumseglung. Neugierig geworden? Wir schildern Traumbuchten und auch eine Alptraumbucht in dem Buch, das unsere Weltumsegelung von 2004 bis 2009 beschreibt. Eine Weltumseglung mit einer Aluminium-Reinke Super 11. Informationen zum Buch und wie Ihr die PDF bestellen könnt, findet Ihr unter diesem Link, also einfach auf diesen Satz klicken.

Das Buch unserer Weltumseglung von 2004 bis 2009:
Just do it – von der Weser in die Welt
323 Seiten, durchgehend mit farbigen Fotos bebildert, diverse Karten, hier und da Einschübe zu besonderen Aspekten, die uns beschäftigten und ein Anhang mit gelegentlich launigen Begriffserklärungen.

Vorerst nur als PDF verfügbar. Das Coverfoto des Buches zeigt Just do it in der Caleta Beaulieu im Beagle-Canal.

Wie Bobby Schenk schreibt: „Ein großes Buch, das pure Lese-Freude schafft. Es ist wahrscheinlich das beste aller Weltumsegelungs-Bücher (vielleicht sogar besser als meine eigenen…)“

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