
Saint-Pierre – Menschen und der Mont Pelée

Es war uns bisher gar nicht klar, wie sehr Vulkanismus die Welt bestimmt hat und auch heute noch bestimmt. Klar, wir haben den Ätna und den Vesuv besucht, haben uns auf Vulcano etwas vollräuchern lassen, waren beim Stromboli enttäuscht, denn der spuckte erst einige Wochen nach unserem Besuch fotogen um sich. Auf den Kanaren wurde dann schon deutlich, dass Vulkanismus doch ziemlich allgegenwärtig ist, beispielsweise beim Blick auf das schlechte Land, das Malpaís, die Vorführungen im Nationalpark Timanfaya auf Lanzarote und besonders, nachdem wir uns die Hinterlassenschaften des jüngsten Ausbruchs auf La Palma vergegenwärtigt haben. Doch die großen Katastrophen wie Pompeji und die Explosion des Krakatau schienen doch sehr fern.
Nun sind wir in Saint-Pierre. Man kann sich heute nicht vorstellen, daß Saint-Pierre einmal so etwas wie der Nabel der Kleinen Antillen war, vor allem im Blick auf die Schifffahrt und den Handel. Die weit geschwungene Bucht von Saint-Pierre ist zwar kein wirklich guter, geschützter Hafen, doch die Vorteile des Ortes sind offensichtlich: Guter Schutz gegen die vorherrschenden Ostwinde (also guter Leeschutz) und einfache „Erreichbarkeit“ für die damals noch häufigen Segelschiffe sowie guter Ankergrund. Und eine im Lauf der Zeit herausgebildete perfekte Infrastruktur für den Warenaustausch. Kurz: Hier brodelte das Leben.



Auch wenn dieses Foto erst einige Monate nach der tödlichen Eruption entstand, die Dramatik eines solchen Ausbruchs wird mehr als deutlich. (Foto: Angelo Heilprin, 30.08.1902, gemeinfrei, Wikipedia, vom Verf. bearbeitet)

Im Jahr 1902 dann regte sich der Mont Pelée und es kam zu einer Eruption, die heute als die folgenschwerste Vulkanaktivität im 20. Jahrhundert angesehen wird. Man weiß nicht, wie viele Menschen am 08.05.1902 umkamen, da sich in der Stadt viele Menschen befanden, die aus den umgebenden Orten dorthin geflüchtet waren. Die Opferzahlen schwanken daher zwischen 28.000 und 40.000. Eine sehr gute Zusammenfassung der Ereignisse und auch der Hintergründe, die zu den hohen Opferzahlen beitrugen, findet sich im Netz der Möglichkeiten. Daher wollen wir hier gar nicht weiter darüber schreiben, sondern empfehlen einen Blick in Wikipedia. → Bei Interesse auf diese Zeile klicken und dem link folgen.
Der Ausbruch des Mont Pelée fand zu Beginn der heutigen, modernen Zeiten statt, wenn man das mal so sagen darf. Von Saint-Pierre bestand eine Telegrafenverbindung nach Fort-de-France, so dass man dort über die Katastrophe in kürzester Zeit informiert war. (Natürlich brach die Verbindung irgendwann zusammen.) Von Fort-de-France ging die Nachricht rund um die Welt. Martinique war mit Unterseekabeln bereits in das damalige weltweite Kommunikationsnetz integriert. So war es möglich, dass lediglich vier Tage nach der Katastrophe in den Vereinigten Staaten Beschlüsse über Hilfeleistungen gefasst und diese Hilfen umgehend auf den Weg geschickt wurden.


In unserer Zeit erkennen wir die Spuren der damalige Katastrophe an einigen der bewusst erhaltenen Ruinen und durch die hier und da kultivierte Erinnerung daran.
An diesem unscheinbaren Gewölbebau kommt man nicht vorbei, wenn man sich mit dem Mont Pelée beschäftigt. Er befindet sich im damaligen Gefängnis, und in diesem saß Louis-Auguste Sylbaris (genannt Cyparis) ein. Und er saß in diesem Bau. Dank der dicken Mauern, der Ausrichtung des Eingangs, der massiven Mauer auf der Rückseite und des sehr soliden Gewölbedachs überlebte er den Ausbruch. Zwar schwer verletzt und sicherlich völlig dehydriert, doch er lebte. Cyparis wurde in der Folge begnadigt und zog bald darauf mit dem Zirkus Barum durch die Welt, der seine erstaunliche Geschichte zur Schau stellte.



Auch dieses Relikt eines Brunnens könnte gut aus Pompeji oder einer anderen antiken Ruinenstätte stammen.


Erinnerung ist ein gutes Stichwort: In Fensternischen der Stadt fanden wir eine Handvoll Fotos von Menschen der Stadt. Manche alt und womöglich noch aus der Zeit der Katastrophe oder zuvor stammend, andere wieder gegenwärtig, was allerdings erst bei genauerem Blick erkennbar ist, oder an der Qualität der betreffenden Aufnahme. Es gab keinerlei Hinweise, wem man auf den Fotos begegnet oder wer der Bildautor war bzw. ist. Daher lassen wir die folgenden Aufnahmen einfach so im Raum stehen.


Diese recht resolut wirkende junge Frau war unsere erste Begegnung mit den Fotos. Spannende Frage: Ist das ein Originalfoto aus alten Zeiten, oder gestellt?
Großmutter und Enkelin. Eindeutig ein jüngeres Foto. Erkennbar an den Plastik-Flipflops und den Rädern des Rollstuhls.


Eindeutig Gemüseverkäuferinnen – Mutter und Tochter, nehmen wir mal an, aus der Gegenwart. Die Kunststoffkiste macht das deutlich.


Selbstbewusst und stark. Alt oder nicht alt? Spannende Frage.
Sicher ein älteres Lichtbild. Spannend ist das Kopftuch. Es zeigt zwei Knoten, wobei man den zweiten Knoten nur ahnen kann. Dahinter steckt eine Art Code: Ein Knoten = die junge Frau ist alleinstehend und offen für eine Ehe. Zwei Knoten = sie ist zwar vergeben (verlobt) aber doch aufgeschlossen gegenüber einem guten Angebot. Drei Knoten = verheiratet und nicht verfügbar. Vier Knoten = verheiratet, aber aufgeschlossen für neue Offerten.


Und noch ein Foto aus scheinbar alten Tagen




Hier finden wir auch den Alibi-Mann, denn auf den zuvor gezeigten Fotos dominierten ja die Frauen. Doch weit gefehlt – wie blind kann man sein – auch hier haben wir es mit einem weiblichen Wesen zu tun, das sogar käuflich zu erwerben ist. Oha, dass das mal niemand falsch auslegt.


Und hier der echte Alibi-Mann. Ich hatte das Bild bereits gelöscht, da mich der Schatten ärgerte. Bis mir auffiel, dass das der einzige Mann neben dem Fischverkäufer war, den ich angetroffen hatte. Nach einiger Suche und mit etwas Glück hat es dann doch geklappt. Hier ist er.
In diesem Sinne: Niemals aufgeben, sei es bei der Suche oder bei echten Herausforderungen
Es grüßen Euch Martin und Anke.
***
Es gibt übrigens eine Abo-Funktion: Wer in Zukunft keinen Beitrag verpassen will, kann unseren Blog abonnieren, und das geht einfach über die Seite Kontakte, oder indem man – noch einfacher – hier klickt.
Zwei ziemlich feurige Vulkane konnten wir in Chile bei Villarica und auf Tanna bewundern. Erstem schauten wir direkt ins glühende Auge und von zweitem ließ sich Martin befeuern. Neugierig geworden? Beide Begegnungen schildern wir in dem Buch, das unsere Weltumsegelung von 2004 bis 2009 beschreibt. Eine Weltumseglung mit einer Aluminium-Reinke Super 11. → Informationen zum Buch und wie Ihr die PDF bestellen könnt, findet Ihr unter diesem Link, also einfach auf diesen Satz klicken.
Das Buch unserer Weltumseglung von 2004 bis 2009:
Just do it – von der Weser in die Welt
323 Seiten, durchgehend mit farbigen Fotos bebildert, diverse Karten, hier und da Einschübe zu besonderen Aspekten, die uns beschäftigten und ein Anhang mit gelegentlich launigen Begriffserklärungen.
Vorerst nur als PDF verfügbar. Das Coverfoto des Buches zeigt Just do it in der Caleta Beaulieu im Beagle-Canal.
Wie Bobby Schenk schreibt: „Ein großes Buch, das pure Lese-Freude schafft. Es ist wahrscheinlich das beste aller Weltumsegelungs-Bücher (vielleicht sogar besser als meine eigenen…)“
