Erste Schritte auf Martinique

Erste Schritte auf Martinique

Untergehende Sonne. Wir liegen vor Sainte-Anne und lassen die Anspannung der letzten Tage von uns abfallen. Noch schnell etwas Nettes essen, und dann vor allem schlafen, schlafen und schlafen.

Nach dem dritten Versuch frisch und sicher verankert, waren wir zunächst ziemlich beschäftigt. Der noch immer zur Seite herausstehende Spibaum wurde weggefiert, das Boot aufgeklart, Cockpitpolster herausgekramt … Volker und Jens von der nur einen Steinwurf weit entfernt ankernden Mick Moon sagten schnell „Hallo“, wussten allerdings auch aus ihrer persönlichen Erfahrung – gerade mal einen Tag alt – dass all die Aktiviät nicht täuschen durfte. Es war bei uns eigentlich nur noch an ein Abendessen zu denken, und dann war langes und ungestörtes Schlafen angesagt. Selbst am nächsten Tag waren wir noch so auf Ruhe aus, dass wir nicht einmal das Dinghi ins Wasser setzten. Das kam erst zwei Tage nach unserer Ankunft erstmals zum Einsatz, auch, da wir offiziell einklarieren mussten, und da wollten wir nicht zu nachlässig sein.

So stellt sich ein Ausschnitt des Ankerfeldes am übernächsten Morgen dar – spät am übernächsten Morgen. Die Sonne steht bereits hoch am Himmel. Wir haben uns erst einmal erholt und den lange nur kärglichen Schlaf zu kompensieren versucht.

Der Anlegesteg befindet sich fast genau in Verlängerung des Platzes, der sich vor der Kirche von Sainte-Anne erstreckt. Deren Wurzeln gehen auf eine Kapelle zurück, die im 17. Jahrhundert etwa am gleichen Ort errichtet wurde. Der erste „richtige“ Kirchenbau erfolgte im 18. Jahrhundert, wurde jedoch 1817 durch einen Hurrikan zerstört. In den 1870er Jahren erhielt die ortsbildprägende Kirche annähernd ihre heutige Gestalt.

Das Innere der Kirche zeigt sich schlicht, aber von einer trotz aller Einfachheit eindrucksvollen, raumbildenden Tragkonstruktion des Daches geprägt. Sind in Europa die Kirchenfenster in der Regel geschlossen, stehen hier alle Fenster weit auf, um einem kühlenden Luftzug Zutritt zu gewähren.
Ein typisches Seitensträßchen in Sainte-Anne.
Eigentlich wollten wir einklarieren – unsere „erste Pflicht“ bei einem ersten Landgang. Doch der Hüter der Bar (!!!), in der das möglich sein sollte, vertröstete uns – wir hatten halb zwölf – auf drei Uhr nachmittags. Wir streiften angesichts der Hitze nicht lange durch den Ort, sondern ließen uns zu einem ruhigen und genußvollen Ausblick auf die Bucht in einer kleinen Bar – einer anderen logischerweise – am Ufer nieder. Schwer in Ordnung: Die Weingläser sind geeist!
Um drei Uhr war es dann soweit. Alle wesentlichen Informationen hatten wir bereits via Internet in das französische System eingeben können. Dennoch fehlten zwei wichtige Dinge: Ein Stempel und eine quasi-offizielle Unterschrift. Zu diesem Zweck haben verschiedene „Etablissements“ Berechtigungen erhalten, so auch die Bar Boubou Bokits. Ab drei Uhr nachmittags steht in einem Nebengelass dieser Bar ein PC zur Verfügung, um den Einklarierungsvorgang abzuschließen. Unschwer zu erkennen: Anke klariert in einer recht speziellen Umgebung ein. Etwas Chaos produzieren wir bei dem eigenmächtigen Druckversuch, dabei hatte der Wirt noch so etwas Warnendes gemurmelt. Erfreulicherweise nimmt´s der Wirt gelassen und verlangt trotz diverser Fehldrucke nur die üblichen 5 Euro Gebühr. Nun befinden wir uns offiziell und mit Brief und Siegel wieder in Frankreich.
Nach so einem bisschen durch den Ort streifen, einkehren und einklarieren sind wir natürlich noch nicht erschöpft. Schon gar nicht Anke. Also steigen wir hinauf auf den lokalen Kalvarienberg. Der Aufstieg ist schon etwas besonderes, wenn man dessen Geschichte kennt. Der damalige Gemeindepriester, Vater Hubard, kam anlässlich des ersten Vatikanischen Konzils – also 1869 – auf die Idee, für die Gemeinde Sainte-Anne einen Kalvarienberg bzw. einen enstprechenden Aufgang auf den bestehenden Hügel zu gestalten. Das erforderte beträchtliche Arbeit, doch interessanterweise fanden sich zahllose helfende Hände von Männern, Frauen und Schulkindern (!), die sich dieser Aufgabe an jedem Samstag widmeten, bis das Werk vollbracht war. Das war bestimmt mehr als anstrengend. Uns strengt ja bereits der einfache Aufstieg an.
Vom Aussichtspunkt oben auf dem Kalvarienberg können wir wunderschön auf den Ankerplatz zu Füßen des Berges blicken. Weniger schön ist, dass Anke Mago nicht findet. „Sie ist weg!“
Auch ein vergrößertes Telefoto hilft nichts. Mago ist nicht zufinden. Es folgt ein beschleunigter Abstieg. Seltsamerweise ist Anke weitaus weniger beunruhigt, als ich es bin. Und nach einer sehr lang erscheinenden, spannenden Stunde entdecken wir unser Boot exakt da, wo es hingehört. Es war nur durch andere Boote verdeckt gewesen und außerdem hatten wir nicht ganz in die richtige Richtung gepeilt.
Für uns eine der ersten charakteristischen Anblicke der Karibik: die Häuschen am Ufer. Sainte-Anne.
Ein alter Anleger. Heute als Dinghi-Steg dienend und offensichtlich von der Gemeinde unterhalten.

Zurück an Bord macht sich Anke an die Arbeit. Zum Einen, da die noch aus Mindelo stammenden Mohrrüben weg müssen, zum Anderen, da sie in Erinnerungen an Mohrrüben-Apfel-Salate aus der Studentenzeit schwelgt. Es ist jetzt nicht schwer zu erraten, welches Essen für den heutigen Abend geplant ist.

Gleich zu Beginn unserer Wanderung stehen wir vor einer Art Turm im Walde und fragen uns, was das ist. Dass wir vor einem ehemaligen Kalkofen stehen, wäre uns niemals eingefallen. Glücklicherweise gibt es ein Hinweisschild. Kalköfen waren für die Entwicklung der Wirtschaft und der Landwirtschaft auf Martinique in alter Zeit offenbar sehr wichtig. Heute stehen sie eher verborgen in der Botanik herum.

Zunächst kommen wir uns vor, als würden wir bei Worpswede in der Nähe des Niedersachsendenkmals durch den Wald streifen. Ein bisschen anders sieht der Wald denn aber doch aus, und auch die Temperatur will nicht recht passen.
Der Pfad führt uns gelegentlich dicht am Ufer vorbei. Hier und da beherbergt ein kleiner Tümpel mit Brackwasser vielfältiges Leben, das schneller auf der Flucht ist, als wir hinschauen können. So manches scheinbar vom Winde getriebene Blatt entpuppt sich auf den zweiten Blick als Krebs, der seine große Schere schützend (oder drohend) vor sich hält. Die Schere ähnelt in Größe und Farbe tatsächlich den hier herumrollenden Blättern. Natürlich waren diese Tierchen völlig unkooperativ und haben sich dem Versuch eines Fotos durch beschleunigtes Abtauchen in einem der vielen Erdlöcher entzogen.
Dann wieder erfordern Steigungen und Felsen vermehrten Körpereinsatz und erhöhen die Zahl der von uns bezwungenen Höhenmeter. Und das hier. Ächz. (Anm. d. Verf.: Hier ächzt nur einer!) Unsere alpinistischen Freunde Christine und Thomas würden sich geradezu totlachen über unser Höhenmetergewürge. Wobei der Fairnis halber gesagt sei, es würgt nur einer. Alles klar?
Wir nähern uns den im Süden Martiniques gelegenen Salinen. Heute in starkem Maß von Mangroven geprägt. Und ein Paradies für die Tierwelt.
Die Vogelwelt bemüht sich, den schlechten Eindruck, den die Krabben hinterlassen haben, zurecht zu rücken. Ist dies nicht ein hübscher Kerl mit seinem roten Brustfleck? Und schon vermissen wir ein Bestimmungsbuch.

Auch die Amphibien bemühen sich, sich im besten Licht darzustellen. Und wieder vermissen wir ein Bestimmungsbuch. Vielleicht finden wir ja noch eins. – Oh Gott, was hab ich, Martin, geschrieben? Natürlich handelt es sich um eine REPTILIE. Gut, dass Anke nochmal auf den Text geschaut hat.

Vielgestaltige Kerlchen sind das. (Ok, es könnte ja auch eine Kerl*in sein …) 😉
Doch auch eine andere Spezies gibt sich ein Stelldichein, je mehr wir dem südlichen Ende der Insel und den dort gelegenen Stränden kommen. Es ist Wochenende. Ganze Großfamilien haben sich eingestellt und picknicken irgendwo in Ufernähe. Manche haben sogar Generatoren und Musikanlagen und ein halbes Zeltlager mitgebracht.
Und so kann so ein typisches Ufer, besser eine typische Bucht im Süden Martiniques aussehen.
Und der Reiz einer solchen Bucht zieht magisch an. Und ich sach noch: „Warte bis zur nächsten Bucht!“ Hier fand sich verborgen unter der freundlich scheinenden Wasseroberfläche Felsgestein. Und die ins Wasser strebende Anke wurde von einer unfreundlichen Welle erfasst, umgeworfen und mit einer Reihe Blessuren wieder ans Ufer entlassen. Das war wirklich keine schöne und zudem auch noch eine schmerzhafte Erfahrung. Glücklicherweise hatten wir am Scheitelpunkt der Wanderung unseren Trinkwasservorrrat auffrischen können, so dass wir ihre Wunden mit Süßwasser spülen konnten. Und die waren daraufhin so freundlich, sich trotz aller Befürchtungen, nicht zu entzünden.

Nach einigen Tagen konnten wir mit etwas Glück einen Liegeplatz in der Marina in Le Marin ergattern. Das war uns recht wichtig, da wir einiges zu organisieren hatten. Wir wollten einen ggfs. langfristigen Termin ausmachen, um die Motorfüße unseres Motors zu tauschen, uns nach einem neuen Außenborder umsehen, mussten eine Werkstatt finden, die die verbogenen Teile des Hydro-Chargers richten konnte, wollten eine neue Leine für den Großschottraveller ergattern und dies und das. Und die frischen Lebensmittel aufstocken. Und all das lässt sich natürlich besser erledigen, wenn man jederzeit von Bord hüpfen kann und nicht jedesmal auf eine längere Dinghifahrt angewiesen ist. Vor allem mit unzuverlässigem Außenborder. Wir erwähnen das an dieser Stelle, da wir zurück am Anleger in Sainte-Anne unseren Außenborder nicht zum Leben erwecken konnten. Es war daher ein echtes Vergnügen, noch geschätzte anderthalb Seemeilen mit dem Schlauchboot zurück zu Mago rudern zu dürfen. Glücklicherweise erhielten wir für eine Teilstrecke Schlepphilfe von Kanadiern. Doch erst nach der Vergewisserung, dass wir keine US-Amerikaner seien. Sie hätten US-Amerikaner allerdings auch geschleppt …

In diesem Sinne seid nett zu Menschen aller anderen Nationalitäten
Martin und Anke

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Aus gegebenem Anlass weisen wir unbedingt auf den vorausgegangenen Blogbeitrag hin. Johannes Li verkauft seine Amel Fango. Wer ein 10-Meter-Boot sucht und Wert auf einen guten Zustand legt: Johannes´ Boot ist mehr als das. Es ist geradezu sensationell und besser als damals bei Auslieferung aus der Weft. Der Preis ist ein Schnäppchen-Preis und auch der ist noch verhandelbar. Nehmt es uns nicht übel, aber wir wissen wovon wir sprechen. Auf den vorausgegangenen Beitrag schauen und bei Interesse Kontakt aufnehmen. Zu uns oder zu Johannes über Boot24.com.

Auch erwähnen möchten wir an dieser Stelle, dass wir die einzelnen Seiten unseres Webauftritts regelmäßig aktualisieren und fortschreiben. Das betrifft die Orca-Thematik genauso wie die Sailors-Tipps und die Flohmarkt-Seite, in der wir ganz aktuell unseren bisherigen Wassermacher zum Kauf anbieten.

Auch bei diesem Beitrag weisen wir gerne auf die Abo-Funktion hin: Wer in Zukunft keinen Beitrag mehr verpassen will, kann unseren Blog abonnieren, und das geht einfach über die Seite Kontakte, oder indem man – noch einfacher – hier klickt.

Das eine oder andere Stranderlebnis, auch manch spannende Anlandung, beschreiben wir in unserem Buch, in dem wir unsere Weltumsegelung von 2004 bis 2009 schildern. Eine Weltumseglung mit einer Aluminium-Reinke Super 11. Interesse? Informationen zum Buch und wie Ihr die PDF bestellen könnt, erfahrt Ihr unter diesem Link, also einfach auf diesen Satz klicken.

Das Buch unserer Weltumseglung von 2004 bis 2009:
Just do it – von der Weser in die Welt
323 Seiten, durchgehend mit farbigen Fotos bebildert, diverse Karten, hier und da Einschübe zu besonderen Aspekten, die uns beschäftigten und ein Anhang mit gelegentlich launigen Begriffserklärungen.

Vorerst nur als PDF verfügbar.

Das Coverfoto des Buches zeigt Just do it in der Caleta Beaulieu im Beagle-Canal.

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