Kunst, Kultur, Kulinarik – Santa Cruz
Wir sprechen bei diesem Titel natürlich von Santa Cruz auf der Insel Teneriffa, nicht etwa La Palma. Und natürlich sind wir uns bewusst, dass der eine oder die andere neugierig sind, wie es bei uns weiter gegangen ist, nachdem wir uns in Garachico haben einschleppen lassen. Das zieht, zog muss man inzwischen sagen, sich allerdings hin, und daher berichten wir dazu in Kürze gesondert. Jetzt erstmal ein sehr persönlicher Rückblick auf Santa Cruz, die Inselhauptstadt Teneriffas.
Santa Cruz ist für eine Stadt dieser Größe – rund 208.000 Einwohner im Jahre 2021 (Quelle: Vereinte Nationen) – ausgesprochen vielfältig. Uns gefällt es hier deutlich besser als im größeren Las Palmas. Klar, da gab es eine tolle und aktive Segler-Community. Doch die Stadt hat uns nicht so richtig in ihren Bann geschlagen. Hier fasziniert uns ein steter Wechsel kleinteiliger Quartiere, sehr viele kleine Plätze, grüne Oasen, auch viele begrünte Straßen. Und immer, noch ein wenig weiter vom bisher Erkundeten entfernt, begegnet uns Neues, das man entdecken kann. Und damit stehen wir vor dem Problem, wie das alles darstellen. Hier die Antwort: Geht nicht. Zu viel. Daher machen wir es uns einfach und beschränken uns auf ein paar wenige Aspekte. Wir beginnen mit dem Auditorio und stolpern damit über einen, besser den Architekten Santiago Calatrava Valls.
Um einen ganz schnellen Überblick über das Schaffen von Santiago Calatrava Valls zu erhalten, genügen dreieinhalb Minuten: → Einfach hier klicken. Natürlich finden sich beim Googeln auch wesentlich längere Beiträge. Spannend, wenn man nach den durchaus erkennbaren Einflüssen sucht. Natürlich gehört Niemeyer dazu, aber auch Gaudi und manch anderer.
Spannend ist in Santa Cruz – wie so häufig in Spanien – das kulturelle Angebot. Irgendwie waren wir zu beschäftigt, um überhaupt zu schauen, ob wir eine Aufführung im Auditorio hätten besuchen können. Leider. Doch es blieb genügend Zeit für anderes, was die Stadt bietet. Da ist beispielsweise das TEA (Tenerife Espacio de las Artes), ein Kunst- und Kulturzentrum mit Ausstellungs-, Kino- und Vortragssälen. Auch die beeindruckende städtische Bibliothek ist hier untergebracht. Der Eintritt ist frei, und die Ausstellungen so vielfältig, dass ein Tag für einen Besuch nicht ausreicht. Sicher kann man über manches, was man in der Kunstausstellung sieht, diskutieren, aber das macht Kunst ja unter anderem aus und ein Besuch lohnt sich in jedem Fall.
Irgendwie bin ich mit meinen Aufzeichnungen ins Schleudern gekommen. Wenn ich nicht irre, hat Òscar dieses Bild seiner Geliebten bzw. seiner Liebe mit Marcelle gewidmet. Aber ich kann mich irren. (Quelle: TEA, Info-Tafel)
Diese kleine Zeichnung hat mir besonders gut gefallen. Mehr Bus als Mus 😉.
Im Großen und Ganzen muss ich sagen, dass uns die Werke von Domínguez nicht so berauscht haben. Die frühen waren recht holperig, und die späteren lassen u.E. eine beständige psychische Belastung oder Anspannung erkennen. Besonders ihr häufig dunkler Charakter ohne gelegentliche Tendenzen einer Aufhellung spricht dafür. An dieser Wahrnehmung dürfte etwas dran sein, denn in der Sylvesternacht 1957 schnitt er sich 51jährig die Pulsadern auf.
Aus verschiedenen Gründen mussten wir natürlich auch den afrikanischen Markt, den Mercado de Nuestra Señora de África, besuchen. Natürlich mehrmals. Einmal verführte uns René dahin obwohl er gar nicht anwesend war und von der Verführung gar nicht wußte, dann allerdings auch persönlich und bewusst, und außerdem gab es da vieles, was wir begehrten. Und nicht nur frisches Gemüse. Oberflächlich hatten wir ihn bereits im Dezember des letzten Jahres erkundet, und wenn Du Interesse an der damaligen Episode hast, dann genügt es, einfach auf diesen Satz hier zu klicken. Doch diesmal, mit einiger Zeit, konnten wir die Besonderheiten des Marktes erst so richtig erkunden.
Da wir ihn soeben erwähnt haben: René und Martin im TO-Shirt, das René entworfen hat. Zu diesem Zeitpunkt war noch gar nicht absehbar, dass René uns nicht nur gelegentlich besuchen, sondern vor allem in beeindruckender Art und Weise helfen würde.
Der afrikanische Markt befindet sich nicht in einer Markthalle, sondern er wird von einem Gebäudecarrée umgürtet. Neben einem charakteristischen Eingangstor (s. im alten Blogbeitrag) charakterisiert ihn der Uhrturm. Als Besucher sollte man sich beide Ebenen bewusst machen, vor allem auch, dass die Untergrundebene etwas weitläufiger ist, als man es der erste Augenschein vermuten lässt. Oben gibt es Gewürze, Gemüse, Öl und Essig und einen Chinamann, im Untergeschoß Fleisch, Fisch und diverse gastronomische – vor allem fisch- und meeresfrüchtelastige – Angebote. Die sollte man keinesfalls verschmähen! Für Fußlahme gibt es sogar Rolltreppen.
Das Bild sagt alles. …
Allerdings nicht, dass vor Anke die Reste eines Brotes liegen, dass man ganz traditionell vor dem Verzehr verhaut. Um des Verständnisses willen: Man bekommt ein in einem Papier eingewickeltes Brot. Das eingewicklete Brot malträtiert man mit ein paar Faustschlägen wie weiland Carlo Pedersoli (Bud Spencer) den einen oder anderen Bösewicht, dann öffnet man das Papier und nimmt sich die Bruchstücke, stippt sie in eine Sauce oder Creme … hmmm, lecker! Vor der Aufnahme so schnell verschwunden wie das Brot: Ein Fisch-Tatar auf einer getrüffelten Avocadocreme..
Gewürze gibt es rauf und runter. Lose und vorzuziehen, da aromatisch besser konserviert, verpackt. Hier fertige Würzmischungen für alle Arten von Mojos, Salmorejos und was weiß ich, wissen wir!?
Zufällig hatten wir mal in einer kleinen Bar Kaffee getrunken. Gegenüber befand sich ein nichtssagendes Restaurant, dessen Namen ich zunächst mit Daressalam entzifferte. Und mich fragte, was hat das mit Philippinisch zu tun? War natürlich Blödsinn, das Restaurant heißt Dareshasu. Irgendwie waren wir neugierig geworden. Ziemliche Bahnhofshallen-/Kioskatmosphäre gepaart mit einer beständigen Beschallung mit, ja was war das? Eine Mischung aus Philippino-Russenrap-Polka. Musikalischer Grusel. Aber das Essen war sagenhaft. Für uns, besonders Anke, ganz ungewöhnlich haben wir nach der „Standardrunde“ nochmal nachbestellt. Es war einfach zu lecker. Also nur Mut: Dareshasu Cocina Filipina y Yaponesa, Villalba Hervás 10.
Zusammenfassend möchten wir festhalten, dass uns Santa Cruz sehr gut gefallen hat. Vielleicht sogar noch besser als Las Palmas. Sagten wir das schon? Santa Cruz wirkte auf uns trotz all der Umgestaltungen, die es im Laufe der Zeit erfahren hat, homogener. Vor allem ist es mit seinen vielen grünen Plätzen und baumbestandenen Straßen ein Ort, in dem man sich gerne aufhält oder in dem man gerne zu Fuß unterwegs ist. Deshalb wollen wir den Beitrag mit dem Blick auf ein paar Plätze enden lassen. Und uns als Landschaftsarchitekten war es gar nicht aufgefallen – wie peinlich ist das denn? – dass wir beim Brötchenholen und auch sonst bei jedem Weg in die Stadt über eine besondere Arbeit der schon einmal erwähnten Architekten Herzog & de Meuron geeilt sind. Dank entsprechender Hinweise von Claudi und Uli, beide ihrerseits Architekten, blieb uns das glücklicherweise nicht verborgen.
Am Rande der Plaza befindet sich das Monumento a los Caídos, das Monument der Gefallenen. Es handelt sich um ein begeh- und besteigbares, zur Zeit allerdings nicht zugängliches, stilisiertes Kreuz mit verschiedenen Szenen und Figuren. Vor dem Monument stehen zwei nackte, auf ihr Schwert gestützte Soldaten, zu denen sich einiges lesen ließ. Wichtiger erschien mir aber deren Gesichtsausdruck, der im Gegensatz zu ihren Körpern nicht heroisch, sondern von Schmerz und Trauer erfüllt ist. Vom Platz und über das Monument hinweg ergibt sich gerade bei Dunkelheit ein schönes Bild über die Stadt und die den Platz im Süden rahmenden Gebäude, darunter der mit einem illuminierten Turm geschmückte Palast der Inselverwaltung (s. Beitragstitelbild).
Stellvertretend für viele: Nicht weit von Marina und Plaza España entfernt gibt es ein schönes Beispiel einer mit uralten Bäumen bestandenen städtischen Oase, die Plaza San Francisco an der Pfarrei Parroqia de San Francisco de Asis. Hier lässt es sich schön im Schatten verweilen und in den anliegenden Restaurants auch gut essen. Wer Plätze liebt, muss in Santa Cruz einfach nur herumstreifen.
Themenwechsel hin zu ein paar Aussagen, die einen Segler interessieren: Die Zahl der Liegemöglichkeiten in der Marina ist eigentlich ausreichend. Lediglich in der Hochzeit der Atlantik-Rallyes, also Oktober bis Mitte November macht sich deren Verdrängungseffekt bemerkbar und es kann schwierig sein, einen Liegeplatz zu bekommen. Kleinere Boote bis 53 Fuß liegen meist an den Schwimmstegen mit Fingerpontoons, Boote ab 45 Fuß (man beachte die Überschneidung) liegen häufig am nördlichsten Steg, dem Pantalan PP, vor der Kaimauer mit Bugmurings. Die Murings waren zu unserer Zeit knapp, so dass einige Boote an nur einer Muring lagen. Es gibt keine Tankstelle, doch man kann Diesel per Tankwagen beziehen. Diesbezüglich ist man mit dem Panatalan PP gut bedient, denn hier kann der Tankwagen direkt vorfahren.
Es gibt drei Yachtausrüster in der Stadt. Alle sind hilfsbereit und bemüht, wenn es darum geht, ungewöhnliche Wünsche erfüllt zu bekommen. Besonders möchten wir da Danilo des Yachtausrüsters Nordest hervorheben, der stets außergewöhnlich engagiert, hilfsbereit und zuverlässig war. Mit Nautimar.Reparaciones gibt es auch eine gute Motorenwerkstatt.
Der Segler auf den Kanaren sucht natürlich Verproviantierungsmöglichkeiten für die bevorstehenden, langen Strecken. Da bieten sich folgende: Mercadona, Aldi, Lidl, Hyperdino und der Corte Inglés, wenn man besondere Wünsche hat. Alle nicht ganz nah, doch gut per Radl erreichbar. Eine Besonderheit ist der Makro-Großmarkt, die spanische Variante der Metro. Einkauf nur mit Makro-Karte – die kann man bei TO-Stützpunktleiter René ausleihen. Bei den Preisen im Makro muss man im Kopf haben, dass auf die ausgezeichneten Werte noch Umsatzsteuer aufgeschlagen wird. Je nach Produkt 0, 3, 7 oder 15%. Dennoch war die Preisauszeichnung für uns verwirrend und missverständlich. Manches war an der Kasse viel günstiger als es vorher erschien. Noch eine Besonderheit: Im Makro erhält man eingeschweißtes, gekühltes (nicht gefrorenes) Rindfleisch aus Brasilien und Uruguay. Das ist im Kühlschrank in der Regel zwei Monate haltbar (!)
Mit der Makro-Karte können wir unser Loblied auf René, genannt RenaTO, Hertel beginnen, den hiesigen TO-Stützpunktleiter. Etwa einmal in der Woche macht er seine Runde über die Stege und schaut, wen es da so angetrieben hat. René kennt sich nicht nur gut vor Ort aus, er ist auch im hiesigen Werkstattwesen vernetzt, da er als Yacht-Gutachter u.a. für Pantaenius tätig ist. Für fast jedes Problem kennt er eine geeignete Empfehlung oder ist in der Lage, einen Lösungsweg zu finden. Anfangs dachten wir, dass wir seine Hilfe natürlich nie benötigen würden, doch wie das so ist, wir griffen mehrmals auf ihn und sein Netzwerk zurück, und schließlich half er uns ja auch, als wir in Garachico „gestrandet“ waren.
Wir schwelgen nicht nur in Genüssen, wie man weiter oben glauben könnte. Angesichts der guten Einkaufsmöglichkeiten bevorraten wir uns mit allem, was in den nächsten Wochen und Monaten nur schwer oder nur teuer zu bekommen sein könnte. Viele der Einkäufe können auch nicht in den handelsüblichen Verpackungen bleiben. In ihnen lässt es sich manchmal nicht gut stauen, und manchmal sind die Verpackungen nicht dauerhaft ungezieferbeständig. Schon zweimal mussten wir eine Rüsselkäferinvasion bekämpfen. Entsprechend umsichtig sind Lebensmittel zu stauen. Anke füllt hier Reis in rüsselkäfersichere Behältisse um.
So wandern Reis, Körner, Mehl und vieles andere in luftdicht verschließbare Behältnisse. Und alles, was wir stauen, wird katalogisiert. Nach Behälter, Stauort, Verfallsdatum und natürlich mit den aktuellen Mengen. Herrin dieser Listen ist Anke, auch herrscht sie über die Listen nicht mit Lebensmitteln vollgestopfter Fächer, Schränke und Bilgen sowie der Medizinliste. Martins Listen beschränken sich auf technischen Krams und eine Sonderliste mit besonderen Alkoholika.
Nun ist der Beitrag mal wieder viel zu lang geworden. Also lassen wir ihn hier enden. Nur kurz noch die Bemerkung, dass unser Motor wieder läuft und wir soeben einen Testschlag nach La Palma hinter uns gebracht haben. Dazu bei nächster Gelegenheit mehr.
Nehmt kein Beispiel an diesem langen Beitrag, in der Kürze liegt die Würze 😊
Es grüßen Euch Martin und Anke