Auto abgeholt

Auto abgeholt

Die kleinen Citroën sind bei den Mietwagenanbietern sehr beliebt.

Wir sind immer noch auf La Gomera und das lässt darauf schließen, dass wir uns hier wohl fühlen. Erneut haben wir ein kleines Auto vom Vermieter um die Ecke abgeholt. Und los geht´s. Über die schon bekannte verwegene Plattenstraße – mit klappernden Platten – fahren wir bis zum oberen Parkplatz bei El Cedro. Ziel ist eine Wanderung mit zurückhaltenden Höhenmetern, Anke muss ihr Knie schonen und ich bin ja bekanntlich von Natur aus faul. Wieder bewegen wir uns im Lorbeerwald. Das besondere heute: Die Lorbeeren fallen dank der fortgeschrittenen Jahreszeit inzwischen von den Bäumen. Klack, klack, klack. Meist reif und schwarz, einige noch grün. Streckenweise führt der Weg an einem munter plätschernden Bach entlang, auch mal per Brücke drüber weg. Der Cedro Bach ist der wichtigste der Insel und sogar ganzjährig wasserführend. Als wir den letzten Kilometer zur Bar La Vista in Angriff nehmen werden wir glücklicherweise von Entgegenkommern darauf aufmerksam gemacht, dass die Bar heute geschlossen hat, da Montag. Da kürzen wir unsere Wanderung doch lieber ab. Zumal aus dem Tal Wolken herauf ziehen und wir bei Ankunft wahrscheinlich naß geworden wären.

Die heutige Wanderung führt durch besonders feuchten Lorbeerwald, so treffen wir auch auf zahllose Farne im Unterholz.
Sogar ein richtiger, Wasser führender Bach, der Cedro, auf den Inseln gar nicht so häufig, ist zu finden.

Am Stammansatz älterer Bäumen schlagen oft junge Triebe aus, die sich im Laufe der Jahre prächtig entwickeln können. In manchen Fällen begegnet man einer Art Stammbündel, bei dem man sich fragt: sind das mehrere dicht nebeneinander gewachsene Bäume, oder ist das ein einziger Baum? In diesem Fall hat es den ursprünglichen Baum völlig hinweggemodert, aber das Rundherum der jungen Triebe ist erhalten und wächst in einer Art Ringelrein.

Ohne viel Worte – wir mögen diese mal stockendusteren, dann wieder lichtdurchfluteten Wälder.

Von oben rieselt es mit einem steten Klack, Klack, Klack, manchmal auch mit einem Rascheln, wenn die mehr oder weniger reifen Lorbeeren durch das Blätterdach auf den Waldboden fallen.

Auf dem Weg zur Bar La Vista findet Anke ihr Traumhäuschen. Wenige Schritte später erfahren wir, dass die Bar am heutigen Montag geschlossen hat.
Mal wieder eine Art Skywalk, jedoch nicht mit gläsernem, sondern lediglich mit einem Gitterrostboden. Wir waren schon oft bei diesen Roques, aber diesen Aussichtspunnkt hatten wir bisher nie entdeckt. Übrigens stellen wir beiläufig fest, dass sich die Hinweisschilder und offiziellen Erläuterungen hinsichtlich der Namen der einzelnen Roques scheinbar nicht ganz einig sind. D.h. auch unsere Angaben sind folglich fragwürdig.
Der Hammer war allerdings, als Anke sich auf dem Skywalk umdrehte. Captain Jean-Luc Picard hat Martin nach einem Kurzbesuch auf der USS Enterprise soeben auf die Felsen gebeammt. Man kann den Beam gerade noch erkennen. Martin hatte keine Erinnerung mehr an die Zeit dort an Bord, die musste man natürlich löschen. Wo kämen wir hin, wenn wir heutigen Menschlein Einblick in die Zukunft bekämen.

Einer unserer Ausflüge führt zum Besucherzentrum Juego de Bolas. Der Besuch lohnt wirklich. Nicht nur, dass man in dessen Umgebung rumstreifen kann, im Zentrum lernt man eine Menge über die alte Kultur der Insel und – ganz aktuell – über den Wandel der Vegetation infolge des Klimawandels sowie das Risiko der Waldbrände.

Schon bei den Fahrten über die Insel beeindrucken die zahllosen Terrassen, die die Menschen auf La Gomera errichtet haben. Teilweise in extremsten Steillagen. Die Bewirtschaftung war aufgrund der anspruchsvollen Topographie alles andere als leicht. Sie erfordertete oft – wie wir es von den alpinen Almen und den Transhumantes auf den chilenischen Kordilleren her kennen – dass die Menschen für Wochen auf ihren Feldern bzw. Terrassen lebten, isoliert von ihren Dörfern und Familien.

Man muss genau hinsehen, dann erkennt man an den Hängen die sich schwach abzeichnenden Relikte verfallender Terrassen. Irgendwie ist es schon schade, dass diese faszinierende landwirtschaftliche Kultur offenbar der Vergangenheit angehört. Aber man kann natürlich verstehen, dass die Menschen heute lieber in anderen Bereichen arbeiten, dem Tourismus vor allem. Das Geld ist leichter verdient, und die Verdienste bzw. Erträge sind höher. Und man will ja in einer modernen Wohnung leben und ein anständiges Auto fahren …
Terrassenwirtschaft in einem vergleichsweise intensiv besiedeltem Tal. Hier war es nicht notwendig, für Wochen isoliert zu leben. (Quelle: Informationstableau, Besucherzentrum Juego de Bolas)
Auch auf steilen Terrassen bediente man sich der Rinder, um mit einfachen Pflügen die Felder zu bestellen. In Lagen bis zu 300 Metern über dem Meeresspiegel wurde für den Export produziert, wobei Bananen dominierten. Darüber bis in 1.000 Meter Höhe wurden Kartoffeln, Mais und andere Feldfrüchte für den lokalen Bedarf angebaut. (Quelle: Informationstableau, Besucherzentrum Juego de Bolas)
Ehemaliger Dreschplatz. Könnte heute noch genutzt werden.

Das isolierte Leben erklärt natürlich auch, weshalb sich ausgerechnet auf La Gomera die Pfeifsprache El Silbo so lange erhalten hat, genauso wie die „sprunghafte“ Fortbewegung mit einem etwas über zwei Meter langen, an der Spitze metallbewehrten Stab. Der erlaubte dem geübten Gomero eine überraschend schnelle Fortbewegung durch das steile und felsige Gelände. Und geübt, das darf man unterstellen, waren diese Menschen damals. (Quelle: Informationstableau, Besucherzentrum Juego de Bolas)

Die Wälder darf man sich vor noch gar nicht so lang vergangener Zeit nicht als stille Orte vorstellen. Sie wurden vielfältig genutzt und in ihnen herrschte entsprechendes Leben. Sie dienten der Waldweide, also krauchten in ihnen Ziegen und gelegentlich Schafe herum, begleitet von ihren Hirten mit deren Hunden. Köhler stellten Holzkohle her. Holz wurde für die verschiedensten Zwecke geschlagen.

Spannend ist die Thematik der Waldbrände. Anders als beispielsweise auf der auch heute noch vulkanisch aktiven Insel La Palma gibt es auf La Gomera seit Millionen von Jahren so gut wie keine natürlich entstandenden Waldbrände. Entsprechend hat sich die Vegetation anders entwickelt. Nahezu alle Brände der jüngeren Zeit sind durch Brandstiftung entstanden, so auch das große Feuer von 2012. Begünstigt werden die Brände durch den Klimawandel: Seit 2011 ist die Niederschlagsmenge signifikant zurück gegangen, trockene Perioden nehmen zu, und heiße, trockene Winde aus der Sahara, Calima genannt, häufen sich nach Zahl und Dauer.

Das Gran Incendio Forestal (GIF = großer Waldbrand) von 2012 hat auf La Gomera 2.714 ha Wald vernichtet, davon 741 ha innerhalb des Nationalparks Garajonay. Damit waren 20% der ältesten Wälder in der Europäischen Union zerstört. Ein Problem ist, dass die verbliebenen alten Wälder von sich regenerierendem jungen Wald und von aufgegebenen, verwilderten, ehemals landwirtschaftlich genutzten Flächen umgeben sind. Ein scheinbares Paradox: Die Natur holt sich „Land“ zurück, doch diese jungen Gehölzbestände sind hochgradig anfällig für Feuer. Um die wertvollen alten Bestände zu schützen ist es im Grunde wichtig, die Kulturflächen auch weiter zu kultivieren. Das Feuer von 2012 vernichtete auch annähernd 30 Jahre Rekultivierungsbemühungen nach dem Brand von 1984, in dessen Rahmen man versucht hatte, neue Lorbeerwaldbestände aufzubauen.

Das Feuer von 1984:
Eine Gruppe von Inselpolitikern, freiwilligen Helfern und neugierigen Ausflüglern stand etwa zweihundertfünfzig Meter von den Flammen entfernt auf einer Anhöhe, die freie Sicht auf das Feuer gab. Die Löscharbeiten gingen gut voran und die Beobachter glaubten das Feuer unter Kontrolle als plötzlich der Wind drehte und auffrischte. Die Flammen sprangen über den Barranco und breiteten sich rasend schnell in Richtung der Zuschauer aus. Überlebende berichteten, dass sie in Sekundenschnelle in einer dichten Rauchwolke eingefangen waren und nahezu orientierungslos die Flucht ergriffen. Nur wenige konnten den Flam­men entkommen. Nachdem man jahrelang die Namen der Toten nicht öffentlich nennen wollte, ist ihnen inzwischen ein Denkmal gewidmet. Es zeigt die Namen der 20 umgekommenen Menschen, die höchste Zahl an Waldbrandopfern in Spanien überhaupt.

Von dem kleinen Hügelörtchen Agulo wollen wir zum hiesigen Pescante. Wir freuen uns, durch ein paar Bananenkulturen abzusteigen, einen Musik liebenden Landwirt bei der Mittagspause zu beobachten, und viele, viele Stufen und Meter an steilen Wänden entlang in die Tiefe zu streben. Anfang des 20. Jahrhunderts erzeugte die gomerische Landwirtschaft einen großen Überschuss, der für den Export bestimmt war. Problematisch war jedoch die Inseltopographie, die den Transport vom Erzeugerstandort zu den Häfen schwierig, langwierig und teuer machte. Die wenigen für eine Anlandung halbwegs geeigneten Buchten waren durch die rauen Meersbedingungen oft nicht nutzbar. Daher errichtete man fünf sogenannte Pescantes, Ladebrücken, von denen die Güter direkt auf die Frachter hinabgelassen werden konnten. Zwei Pescantes befanden sich in Vallehermosa, zwei in Hermigua und eine bei Agulo.

Agulo ist ein nettes kleines Örtchen am Ende des Tales von Hermigua. Später werden wir irgendwo dort im angenehmen Schatten sitzen und einen kleinen Imbiss zu uns nehmen.
Einblick in eine Bananen-Plantage während unseres Abstiegs. Bananen-Plantagen zeigen immer ein reichlich konfuses Aussehen und man muss sich richtiggehend orientieren, bis man versteht, was man sieht. Bei genauem Hinsehen sind hier auch die Stützen erkennbar, die verhindern, dass die schweren Fruchtstände auf den Boden sinken.
Ruinen des Pescante von Hermigua, des einzigen, der nie fertig gestellt wurde. Von dem zweiten Pescante in Hermigua existieren es keine Überreste mehr.
So sah die andere, die fertiggestellte Ladebrücke von Hermigua aus. Dieses Rudiment eines Fotos stammt aus den Dreißiger Jahren. (Quelle: Informationstafel am Aussichtspunkt)

Wir sind also abgestiegen zur ehemaligen Ladebrücke von Agulo. Es gibt neben ihr einen kleinen Fischerhafen, eine Anlegestelle bei ruhigem Wetter. Die kleinen offenen Boote wurden mit Winden oder per Hand in sichere Höhen gebracht. Und es kann noch nicht lange her sein, dass die letzten noch genutzt wurden. Nach dem schweißtreibenden Wiederaufstieg kehren wir gleich in das erste Restaurant ein, dem wir begegnen. Nett gelegen, teils mit einer Art Infinity-Mauer. Nicht alles auf der Karte ist verfügbar, doch die Boquerones und die gegrillten Gambas sind gut.

Bäuerliche Mittagspause mit Musik und Blick auf die Ruinen der Pescante.
Abstieg
So sieht der Abstieg in Gegenrichtung aus. Heute herrscht eindrucksvolle Brandung. Die Luft ist erfüllt von feiner Gischt, was sich auch an dem blassen Erscheinungsbild des Fotos ablesen lässt.
Wir stoßen auf die ersten, in der Höhe geborgenen Fischerboote. Der Weg hierher war und ist erkennbar steinschlaggefährdet, kein Wunder, dass man den Bau der Pescantes seinerzeit sehr begrüßt hat. Im Hintergrund im Streulicht nur schwach erkennbar das Packgebäude El Transportador. Es sollte nach den ursprünglichen Plänen direkt an der Brücke errichtet werden, das machte aber wegen der schwierigen Anbindung wenig Sinn. So baute man es an der heutigen Stelle und installierte eine Seilbahn zwischen Gebäude und Pescante, mit der die verpackten Bananen und auch Arbeiter transportiert wurden.
Das am besten erhaltene Fischerboot, im Hintergrund die aufgemauerten Fundamente bzw. Pfeiler der Ladebrücke. Sie wurde 1954 durch einen Sturm zerstört.
Die bescheidene Schutzmole für die Anlegestelle neben dem Pescante von Agulo. Das Bild erklärt, weshalb dies kein Hafen sondern nur eine Schönwetteranlegestelle war.
Die Ladebrücke von Agulo am Tag ihrer Einweihung. Die öffentliche Teilnahme macht deutlich, wie wichtig diese Pescantes waren. Sie brachten den Menschen in den Tälern in der Folge einen deutlichen wirtschaftlichen Aufschwung, also den ersehnten Wohlstand. (Quelle: Informationstafel neben der Tasca „Las Cruzes“)

Weiter Richtung Juego de Bolas, doch drüber hinaus. Der Mirador de Abrante mit angeschlossenem Skywalk ist geschlossen. Wohl schon seit längerem. So sieht es zumindest aus. Später sehen wir anhand eines Videos, der Eindruck täuscht. Conny von der SY Isly war drin. Wir würden das Ding gerne kaufen und ein Wohnhaus draus machen 😊, aber es scheint ja doch noch genutzt zu werden. Egal, nicht wichtig, die Sonne sinkt und wir wollen uns noch umsehen: Streunen durch rote, erodierende Erde. Besser Flächen. Man kann erkennen, wie Gehölze die Erosion bremsen, man sieht Pflanzversuche der Naturschützer und Förster, und man sieht die Erosion an sich. Natürliche Erosion und anthropogene Erosion. Und wir haben wunderbare abendliche Lichtstimmungen. Fazit: Die Juegos de Bolas und die Umgebung sind zu empfehlen.

Das ist thematisch jetzt ein Nebenspielplatz, aber wir fanden es einfach gut, denn es zeigt, wie man aus simplen Sardellen mit etwas Öl und einer Mojo etwas Spannendes machen kann. Boquerones beim Imbiß in der Tasca „La Cruzes“ in Agulo erhalten und genossen.

Schon wieder ein Mirador. Der Mirador de Abrante. Eindrucksvoll gelegen, aber nicht geöffnet. Wir könnten uns diesen kleinen Aussichtsplatz und das Drumherum sehr gut als zukünftiges Domizil vorstellen. Unglücklicherweise stellt er sich doch noch als genutzt heraus.

Ohne die Sträucher wäre es fast ein Ausflug auf den Mars. Da überlegt man (frau nicht), ob man vielleicht an der ersten Marsexpedition teilnehmen könnte. Wär doch was. Möglicherweise träfe man dort ja wieder auf Jean-Luc.
Wandern in einer Erosionsrinne. Man kann gut erkennen, das jeder einzelne Busch einen kleinen Beitrag leistet, das flüchtige Bodensubstrat zurückzuhalten.
Trockenrisse und rätselhafte Spuren. Sie stammen von einem seltsamen Vogel. Der scheint eine Art Trailrunner-Sneaker zu tragen.
Die Sonne sinkt, die Schatten werden länger und das Licht wird schwächer.
Anke auf einem der letzten Flecken, den die Sonne noch erreicht. Im Hintergrund der Teide.

Ein Versuch, die sogenannte Schweinebucht zu besichtigen, endet schon zuvor. Für die, die es nicht wissen: Der Name geht zurück auf Hippies, die in Hippiezeiten – wann auch sonst – eine kleine, nur schwer zugängliche Nachbarbucht des Valle Gran Rey besiedelt haben, vielleicht kann man auch von behaust sprechen, und dort weitgehend immer nackig rumgehüpft sind. Was ihr in der gomerischen Nachbarschaft den Namen Schweinebucht eingebracht hat. Ob das Verhalten der Siedler oder mehr dessen rosige Haut der Namensgebung zugrunde liegt, entzieht sich unserer Kenntnis. Aber, leider, wir schaffen es nur in Teile des alten Ortes – Anke sucht vergeblich alte Anknüpfungspunkte und Erinnerungsstätten – und zum Playa del Inglés. Hier treffen wir sogar auf den einen oder anderen Alt-Hippie und einige mittelalte Nachahmer, mehr oder weniger nackt. Naja, hübscher sind die alten Knochen auch nicht geworden. (Anm. Anke: Wir wissen ja, wer das beurteilt.)

Statt Fotos vom Ort Calero im Valle, der so gar nicht mit Ankes Erinnerungen aus den 80er-Jahren übereinstimmen will, etwas Kunst auf Türen eines der Gebäude.

Das gleiche Gebäude, völlig anderes Motiv. Haben wir es hier mit einem aztekischen Raumfahrer in modernerer Darstellung zu tun? Vielleicht fragen wir mal Erich von Däniken. Der weilt erfreulicherweise ja noch unter uns und der muss das wissen. Interessiert sich jemand für diesen alten Knaben? Der ist noch erstaunlich vital und munter und tourt eifrig durch die Lande. Eine Dokumentation des Schweizerischen Fernsehens hat ihn begleitet. Das Ergebnis ist nett anzusehen. Bei Interesse an der Doku hier klicken!

Wir sollten erwähnen, dass es heute reichlich windig ist. Badespaß ist ausgeschlossen. Die paar wenigen Hartgesottenen, die sich auf dem Strand halten, werden gesandstrahlt. Nix wie weg, sagen wir uns. Gehören offenbar der weichgesottenen Fraktion an.
Eine immer wieder gern gefahrene Kurve. Bei idealen Bedingungen sind Hintergrund und die Seiten der Begrenzungsblöcke gleichfarbig, was einen geradezu magischen Eindruck hinterlässt.

Tags drauf befinden wir uns in einem Nebental bei San Sebastian, dem Barranco de Las Lajas. Irgendwo auf der Piste stellen wir das Auto ab und stoßen prompt auf „die Zwillinge“: steil aufragende Relikte sogenannter Diques, schmaler vertikaler Gesteinsstrukturen, die offenbar Magmaaufstiegsspalten darstellen. (Mal sehen, ob wir dazu noch mehr Informationen finden.) Ich  krabbel daran recht ehrgeizig herum, nur um erstens festzustellen, man kann sie nicht besteigen, und zweitens hätte man sich von deren Rückseite her die Krabbelei ersparen können. Auf dem Rückweg besuchen wir Herwart und Edith, frühere Segler, die hier heimisch geworden sind. Sie leben in diesem Tal mit einem wunderbaren Ausblick. Dass ihr Häuschen direkt an der Straße liegt stört nicht, denn es gibt kaum Verkehr. Und die wenigen vorbeifahrenden Autos sind eher unterhaltsam. Man grüßt sich, oder man beobachtet das Einparken der Nachbarn. S. kommt vorbei und bittet darum, sie am nächsten Tag mit in den Ort zu nehmen. Sie ist nicht gerade fit und ihrem Mann geht es gesundheitlich gar nicht gut. Er kann nicht Auto fahren. Ihre Bitte verdeutlicht die möglichen Risiken bzw. Probleme, wenn man in vermeintlichen Traumorten alt wird. Andererseits, die medizinische Versorgung auf der Insel ist gut. Man ist allerdings in solchen Situationen auf eine funktionierende und hilfsbereite Nachbarschaft angewiesen.

Hier glaubt Martin noch an die Möglichkeit, dieses Dings hier, die „Zwillinge“, zu erklimmen. Doch es gibt keine Chance, da hinauf zu kommen, nicht einmal in den Spalt zwischen den beiden „Scheiben“ gelingt es ihm. Das Gestein ist einfach zu bröckelig. Aber eindrucksvoll sind die beiden. Als nächstes sollte ein Foto kommen von Herwart und Edith, die wir auf dem Rückweg besucht haben, aber wir haben schlicht vergessen, zu fotografieren.

Wie schon beim Ausflug in den Barranco de Las Lajas: Man muss nicht immer in die Ferne streben. An der Nordstraße, d.h. die, die San Sebastian in nördliche Richtung verlässt, haben wir schon oft einen sonderbar rudimentären Parkplatz wahrgenommen. Heute behauptet unser Navi, dass wir an dieser wenig vertrauenswürdigen Stelle nicht parken, sondern abbiegen sollen. Wir stoßen auf eine spannende Straße. Zunächst ein paar Meter wüste Piste, dann Plattenbelag (der sich als Betonimitat herausstellt), ein betonierter Abschnitt, danach Asphalt und schließlich wieder Piste. Das ganze einspurig mit sehr sporadischen Ausweichen. Erstaunlicherweise gibt es dann nach leicht nervenzehrender Fahrt doch so etwas wie eine Parkmöglichkeit. Es folgt eine Wanderung durch Kiefernwald, streckenweise mit extrem steilen Flanken. Abschnittsweise muss man trittsicher und schwindelfrei sein. Aber das hatten wir ja schon öfter. Schließlich erreichen wir die baumlosen Höhen. Hier suchen wir nach den im äußersten Nordosten La Gomeras gelegenen Cuevas Blancas. Eine Handvoll Höhlen in weißem Gestein, die vor gar nicht so langer Zeit teils als Ställe, teils als Unterkunft dienten.

Wir lassen den Kiefernwald hinter uns. Ist ja mittlerweile fast langweilig. Wobei, wir haben uns über den zur Zeit sehr ausgeprägten Kieferngeruch des Waldes gefreut. Die Wahrnehmung lebt ja nicht vom Auge allein.
Diese Triebe – es gibt sie öfter – wundern mich. Zeigen die mir, Martin, den Mittelfinger? Können die mich womöglich nicht leiden?
Da ist mir eine Begrüßung mit einem kleinen Blütenstrauß doch lieber.
Das dürfte Aeonium canariense sein. Alles nicht so einfach hier, vor allem, wenn man keinen zuverlässigen botanischen Führer mit sich führt. Einen deutschen Namen gibt es nicht, doch unser Herr Jager nennt dieses Gewächs „Flaches Aeonium“.
Ziegenmama mit Zicklein unterwegs in steilem Gelände
Wir haben die Zielhöhe erreicht.
Zu unserer Überraschung stoßen wir auf eine Hütte, die offensichtlich noch genutzt wird. Das Schild bittet darum, das Mobiliar zu respektieren und zu erhalten. Allerdings mussten wir feststellen, dass es Analphabeten gibt, die diese Aufforderung natürlich nicht wahrnehmen. Die hier herumstreunenden Schafe beispielsweise.
Auf der Höhe begegnen wir wieder eindrucksvollen Erosionslandschaften …
… und ersten Zeichen einer menschlichen Nutzung.
Ein paar Häuschen gibt es hier am Ende unserer Wanderung, unweit des Ziels der Cuevas Blancas.
Manches wirkt wie soeben verlassen. Na ja, fast soeben …
… und manches hat was von einem Stillleben.
Vielleicht nicht die charakteristischste, aber die verblüffendste Wohnhöhle bei den Cuevas Blancas. Man kann förmlich spüren, wie das Gestein hier in längst vergangenen Zeiten regelrecht geflossen ist. Der spätere Nutzer musste lediglich eine Wand ergänzen und besaß ein sbgeschlossenes Domizil.
Diese beiden haben wir auf der Rückwanderung in der Hütte erwischt, in der man das Mobiliar schonen sollte. Ertappt! Damit hatten sie gar nicht gerechnet – wir allerdings auch nicht. Es folgte die schnelle Flucht, und nun stehen sie ganz unschuldig und unbeteiligt in der Gegend rum.

Letzter Ausflugstag. Wir wollen zum Monumento al Silbo. Google führt uns über einen verwegenen Weg, nur um festzustellen, die Anfahrt wäre total simpel gewesen. Egal. Hier steht ein Kirchlein für den Heiligen Franziskus und das Monument und es gibt eine tolle Aussicht auf El Hierro und La Palma. Letztere hätten wir bei dem heute so bedeckten Himmel gar nicht erwartet. Aber die Bedeckung hindert die Sonne, zu viel Dunst aufzusaugen, daher bestehen gute Bedingungen für den Blick in die Ferne. Da wir ihn so schön sehen können, beschließen wir, zum Fortalezza zu fahren. Vielleicht kommen wir ja rauf. Nach mehreren Anläufen – Google informiert uns zuverlässig unzutreffend – parken wir wo alle parken (drei Autos) und besteigen den platten Kopf: Ganz schön zerklüftete Flanken. Steile und teilweise schmale Aufstiege. Nichts für Menschen mit Höhenangst. Ansonsten aber gut bezwingbar. Oben Buschvegetation, schon wieder herrliche Aussichten und ein Gipfelkreuz.

Hier und da hält die Straße Überraschungen bereit. Also immer schön verhalten fahren.
Monumento al Silbo mit der Eremita. Man muss genauer hinschauen, um die Details zu erkennen, vor allem die charakteristisch für die meisten Pfeifer gehaltenen Hände.
… und Ankes Wahrnehmung des Monumentos auf dem Rückweg, als wir hier nach Bezwingung der Fortalezza noch einmal einen kurzen Zwischenstopp einlegen. Aber noch ist es nicht so weit: …
Wie so oft besteht an normalen Tagen keine Möglichkeit, eine solche Eremitage zu betreten. Aber ebenso häufig gibt es ein kleines Fensterchen, das bescheidenen Einblick ermöglicht. Das über ein kleines Seitenfenster eindringende Licht scheint die Madonna mit göttlichem Licht zu überfluten, das von ihr weiter strahlt. Hier sind wir auf die dem Heiligen Franziskus geweihte Eremitage beim Monumento al Silbo gestoßen. Beide stehen irgendwie in der Landschaft herum, allerdings mit schöner Aussicht.
Der Tafelberg rechts trägt den schönen Namen Fortalezza. Festung. Wir haben ihn auf fast jeder unserer Ausflugsfahrten aus irgendeiner Perspektive gesehen. Und heute liegt er zum Greifen nahe. Wir entschließen uns spontan: Da müssen wir rauf. Heute muss es sein.
Aus der Ferne hatten wir diesen Anstieg hell an der Bergflanke gesehen. Wie es aber da oben weitergehen würde war ein Rätsel.

Hier geht es zunächst noch recht unkritisch aufwärts, fast noch ein gepflegter Wanderweg.

Nun wird es etwas sportlicher. Und überhaupt: Links oder rechts? Durch welche Schneise soll es gehen?

Oben werden wir von einer faszinierenden Aussicht belohnt. Im Hintergrund erneut El Hierro.
Wir freuen uns über unseren kleinen Erfolg. Vor zwölf Monaten hätte Anke nicht im Traum daran gedacht, dass ihr Knie heute solche „Wanderungen“ zulassen würde. Der erfolgreiche Gipfelsturm ist für sie auch eine Art Erinnerungstour. Im Januar 1993 hat sie die Fortalezza mit ihrem damaligen Freund Andreas schon einmal bestiegen, vor ziemlich genau 31 Jahren!
Sieht für mich nach den Eindrücken durch die kanarischen Observatorien aus wie ein vegetatives Himmelsradar.

Wieder am Hafen folgt eine kleine Suche nach einer Chipkarte für die Hafentore. Etwas Drama darf ja auch mal jenseits der dramatischen Kulissen der Insel stattfinden. 😉 Schließlich finden wir sie versteckt in der Konsole des Mietwagens.

Zur Herkunft des Beitragtitelbildes müssen wir sicher nicht viel sagen. Also eigentlich nichts … 😉😉

Abschließend noch einmal ein „Marketing-Hinweis“. Auf der brandneuen Seite: FLEA MARKET, zu Deutsch Flohmarkt, bieten wir Equipment an, das wir nicht mehr benötigen, das wir einfach über haben, oder bei dem wir uns verkauft haben. Es gibt da durchaus hochwertige und interessante Dinge, also mal reinschauen. Allerdings ist einiges auch schon verkauft, aber das vermerken wir jeweils umgehend.

Mit diesem kleinen Hinweis verabschieden wir uns mit herzlichen Grüßen

Martin und Anke

Kommentare sind geschlossen.