
Gomera und mal wieder ein Tagebuch
Zunächst ein bisschen Marketing. Wer unsere Homepage genau anschaut bemerkt vielleicht eine kleine Änderung. Es gibt „brandneu“ eine weitere Seite: FLEA MARKET. Flohmarkt. Auf dieser Seite bieten wir Equipment an, das wir nicht mehr benötigen, das wir einfach über haben, oder bei dem wir uns verkauft haben, was ja auch mal vorkommt. Bei Neugier oder Interesse hineinschauen, es gibt da durchaus hochwertige Dinge.

Bei den ersten Schnupperausflügen entdecken wir ein Boot der Atlantik-Ruder-Regatta „World´s Toughest Row“. Die Crew dieses Boots ist nicht losgekommen. Mentales Problem. Wen wundert es. Die meisten von uns hätten bei einem solchen Vorhaben ein mentales Problem. Wir auch. An der Ruderregatta nehmen 1 bis 5 Personen je Boot teil. Der jüngste Teilnehmer ist aktuell 18, der älteste 73. Der Rekord für die Überfahrt liegt bei sagenhaften 29 Tagen. Eine der längsten Passagen dauerte 90 Tage. Die aktuelle Regatta war just an dem Tag von La Gomera aus gestartet, an dem wir nach San Sebastian segelten. Wir hatten im Funk diverse Kommunikation gehört, die sich mit merkwürdigen Booten (mit Rudern? Seenotfällen?) beschäftigte, und in der es immer wieder hieß, alles unkritisch, da sei eine eine Art Regatta unterwegs.
Per Mietauto erkunden wir in den nächsten Tagen die Insel. Erstes Ziel ist das Valle Gran Rey. Anke erinnert sich an frühere Urlaube. Im „alten“ Hafenrestaurant in Vueltas trifft man Ex-Aussteiger und sogar noch den einen oder anderen schrägen Vogel. Die Gambas und gegrillten Minitintenfische dort sind gut. Letztere sollten eine Vorspeise sein, waren aber eher Hauptgericht. Mit Fernet haben wir die Magenverfüllung wieder kuriert und besuchen abends Carsten, Désireé (Martin hat immer „Di Sirie“ verstanden) und Sohnemann Fabian. Sind bei ihnen zum Grillessen eingeladen.









Unvermeidliches weiteres Ziel ist der höchste Berg La Gomeras, der Garajonay. Er gibt dem ihn umgebenden Nationalpark seinen Namen. Der Aufstieg ist bequem zu bewältigen und belohnt uns mit einem fantastischem Rundumblick von der kleinen Gipfelplattform aus. Anfangs lassen sich die Gipfel und Höhen von La Palma, El Hierro und natürlich der Teide ausmachen, aber die Bewölkung verschluckt die ersten beiden nach kurzer Zeit.




Vom Gipfel des Garajonay geht es runter in das Tal von Vallehermoso bis zum Castillo del Mar. Der Durchgang zum Castillo ist versperrt und verboten. Alles klar. Wir gehen hin. Das Castillo, besser seine Reste, sind spannend und finster.
Martin (Isly) hatte uns vom Castillo del Mar berichtet. An der Stelle dieser kleinen, alten Festung hatte es mal eine reichlich verwegene Ladebrücke gegeben, die jedoch vom Sturm zerstört wurde. Das Castillo war vorher da, und nachher auch. Irgendwann oder zufällig, wir wissen es nicht, wurde es von einem deutschen Fotografen, Thomas K. Müller, entdeckt. Verliebt in das finstere Gemäuer, versuchte er über Jahre dem Ding wieder Leben einzuhauchen. Was auch über mehrere Jahre gelang. Letztlich endete es jedoch in einem finanziellen Debakel, auch, da es Widerstände seitens des „Küstenamtes“ gab. Gegen die konnte Müller zwar erfolgreich klagen, aber wie es heißt, seit einem Steinsturz bzw. seit die Straße zum Castillo vom Meer demoliert worden ist, liegt das Castillo wieder in einem Dornröschenschlaf. Wie die ganze Bucht. Hier gibt es auch ein Strandbad, doch das schläft ebenso in die Zeit hinein. Stärken können wir uns daher erst in einer kleinen Bar auf dem Marktplatz des Ortes Vallehermoso. Dort gibt es für uns ein sehr gutes Sandwich und Bier zu kleinem Preis.
Für diejenigen, die die Geschichte rund um diese spezielle Liebe, das Castillo del Mar und den Fotografen interessiert, hier ein Link zu einer anderthalbstündigen Dokumentation. Aufgenommen in altem Bildformat, doch mit einem eigenen Charme. Reinschauen und in die jüngere Vergangenheit (auch der gomerischen Inselkultur) eintauchen lohnt sich.


Ein weiteres Ziel unserer Ausflüge ist Playa de Santiago. Ein verschlafenes Örtchen. Es ist wenig los, es gibt keine besonderen oder spektakulären Sehensürdigkeiten, doch schöne „Infinity“-Ausblicke auf das Meer. Essen eine einfache, aber ausgezeichnete Pizza und Grillgemüse bei El Tomato. Sehr empfehlenswert, dieser Italiener. Gestärkt und trotz des sich zunehmend bewölkenden Himmels schließen wir noch einen Abstecher zum Drachenbaum im Süden der Insel an, mit beschwerlichem Abstieg und noch beschwerlicherem Wiederaufstieg. Ächz und Stöhn. Es folgt eine lange Rückfahrt. In den Bergen zieht´s mittlerweile ganz ordentlich, die Wolken zischen nur so durch den Lorbeerwald, über die Kämme und über die Straßen und die Lufttemperatur beträgt nur noch 10 Grad. Von den Bäumen tropft es. Nebelwald!
Abends stellen sich Martin und Conny (SY Isly), Carsten, „Di Sirie“ und Fabian (SY Cadeaux) und schließlich auch Nikolai und Daniela (SY Kairos) zum Umtrunk mit Tapas an Bord unseres Bötchens ein. Es wird anregend und gemütlich.








Auch wenn wir unseren Berufskarrieren unverkennbar Adieu gesagt haben, unsere damit verbundenen Leidenschaften sind geblieben. Daher interessieren wir uns halt für alles, was da kreucht und fleucht (Tierwelt), auch einfach nur wächst (Pflanzenwelt) oder scheinnbar nur ist (Geologie). Und da wir bisher noch immer eine richtige Lorbeerwaldwanderung vermissen, unternehmen wir einen erneuten Versuch. Eine Wanderung im Lorbeerwald bei Las Hayas (Ruta 5). Nun, wir stoßen auf viel Moose und Flechten. Farne, Bäumchen-Löwenzahne, vermodernde Stämme und Äste, Pilze, sogar auf richtige Lorbeeren, und den Physiker Dr. Phil. Ernst Jager. Der sportliche Mittachtziger war – und ist es vermutlich auch nach wie vor – unter anderem philosophisch unterwegs, und er liebt die Dichtkunst. Aus seinem Rucksack verkauft er uns sogleich einen von ihm verfassten Pflanzenführer. Alle Texte in dem Büchlein sind durch die Bank gedichtet. Wir haben uns ein Büchlein gegen eine bezahlte Widmung schenken lassen. Und wer an einem vielleicht etwas eigenwilligen, jedoch durchaus informativen Führer über die gomerische Flora interessiert ist, der kann hier für weitere Infos einfach klicken.




Wir sind auf Ernst H. Jager getroffen. Mit 86 Lenzen frisch wie der junge Tag. Wie der Zufall es wollte, haben wir uns sogleich auf Deutsch angesprochen. Nach kurzem Geplauder kam der geschäftliche Teil. Nun ist der Tausch perfekt: Er schenkt uns seinen Pflanzenführer, wir schenken ihm 10,- Euro und erhalten dafür eine Widmung.







Zwei Versuche benötigen wir, um nach El Cedro zu gelangen. Beim ersten Mal übersehen wir den Abzweig, beim zweiten Mal finden wir ihn. Sieht von Norden kommend wie ein Wanderparkplatz aus. Er führt auf eine spannende Straße. Eng, also einspurig, viele Ausweichen, mit Steinplatten gepflastet. Ein kurzer Abschnitt mit groben Steinen, dann auch mal eine Betonpassage. Am Ziel empfangen uns Hühner und Truthühner, oder sind das Truthähne? Enten, Schafe, sogar ein Pferd. Uns zieht es allerdings zum Wasserfall, dem höchsten, den es hier geben soll, und das „hier“ bezieht sich auf die gesamten Kanaren.






Martin und Conny, SY Isly, sind am ersten Weihnachtstag bei uns. Conny staunt über unseren Weihnachtsbaum mit echten Glaskugeln. Wir grillen Schweinefilet mit kanarischer Marinade und Rinderfilet estilo Brasileo. Lange nicht mehr gegrillt! Es folgt ein ruhiger 2. Weihnachtstag. Heute sind wir eingeladen bei Martin und Conny auf der Isly. Zusammen mit Robert und Sabine, SY Agora. Es gibt Gulasch. Etwas, was wir sehr selten haben. Wenn man Conny, die Köchin sieht, dann erwartet man eher vegetarische oder vegane Küche. Dass dieses zart-zierliche Wesen stattdessen auf deftige Kost abfährt, mit viel Speck und so, will in meiner anfänglichen Vorstellungswelt gar nicht zusammen passen. Wenn man allerdings weiß, dass sie mal im Gelände Motorrad gefahren ist, gut, dann passt das schon eher.
„Zwischen den Tagen“ mal wieder Bootsarbeiten. Abwechslung muss sein. Der Fehlerstrom am Hydrogenerator, der die Rostentwicklung auslöst, ist nun hoffentlich beseitigt. Auch bin ich mal wieder im Mast. Aber nur, um das fehlerhaft gesetzte Nietloch bei der obersten Maststütze zu schließen. Mittlerweile sind wir trainiert und die ganze Aktion läuft ausgesprochen zügig ab. Ein kleiner Handwerker-Utensilienbeutel, den ich in einem Baumarkt entdeckt hatte, erweist sich als ausgesprochen praktischer Helfer.
Am Silvesterabend sind wir erneut bei Martin und Conny. Es gibt Rouladen mit Spätzle. Zur allgemeinen Freude habe ich beim SPAR-Supermarkt Rotkraut gefunden. Also echt heimatliches Essen. Kurz vor Jahreswechsel kommen Robert und Sabine. Gemeinsames Anstoßen. Dann Gang in den Ort. Dort hat sich die halbe Insel zusammengefunden. Alle aufgebrezelt bis zum Gehtnichtmehr. Sehr schön. Ab Mitternacht wird Musik gemacht, überwiegend Salsa. Ebenfalls sehr schön, irgendwie estilo Gomero.




Damit endet dieser Beitrag. Annähernd. Noch eine Anmerkung zum Titelfoto: Es zeigt einen Blattansatz einer recht groß geratenen Agave (Agava americana). Man findet die Agaven auf den Kanaren wie in weiten Bereichen des Mittelmeerraums fast überall.
Und man glaubt es kaum, nach langer Zeit ist es endlich gelungen, mal wieder ein Tagebuchbeitrag fertig zu stellen. Das ist dann logischerweise ein Sprung um Monate in die Vergangenheit. In ihm sieht man die viele Arbeit, die das heutige doch entspanntere Leben erst möglich gemacht hat. Bei Interesse einfach hier klicken.
Auch möchten wir auf die Möglichkeit eines Abos hinweisen: Wer im Neuen Jahr keinen Beitrag mehr verpassen will, kann unseren Blog abonnieren, und das geht einfach über die Seite Kontakte, oder indem man – noch einfacher – hier klickt.
Ansonsten bleibt uns nur noch eins:
Wir wünschen Euch von Herzen ein glückliches, fröhliches und gesundes Neues Jahr und dass Eure Träume und Wünsche in Erfüllung gehen.
Martin und Anke