Almerimar ist längst Geschichte – Tagebuch vom 29.07. bis 14.08.2021

Almerimar ist längst Geschichte – Tagebuch vom 29.07. bis 14.08.2021

Huch, das kann doch nicht sein – oder etwa doch? Wischhavener Impression, fotografiert von Anke während einer der wenigen Mußestunden und Treffen mit ihrer Freundin Anne an der Glückstadter Fähre während ihres Aufenthaltes in Deutschland

Wegen der unkooperativen Winde und zu hoher Motortemperaturen, die mir, Martin, auch das Motoren verleideten, und auch persönlicher Befindlichkeiten, bin ich letztlich nur bis Cartagena gesegelt und dort geblieben. Nix Mallorca. Und gesegelt ist eine nicht ganz zutreffende Ausdrucksweise. Oft wurde motort, trotz der Motortemperaturen. Bei niedrigsten Drehzahlen. So zogen sich die Schläge hin, was auch nicht zur Begeisterung beigetragen hat. Anke und Kirsten kamen nach Umbuchung ihres für ursprünglich für Mallorca geplanten Fluges in Alicante an. Dort holte ich sie per Mietwagen ab und wir verbrachten eine gemeinsame Woche. Anfangs in Cartagena, schließlich in Alicante. Dazwischen können wir ansatzweise von „Segeln“ reden, doch das ist fast schon eine Übertreibung.

Der zweite Segeltag – wir motorten mangels Wind – wurde durch das Aufgellen eines Motoralarms gewürzt. Nach einem längeren Telefonat am Vortag mit einem Volvo-Spezialisten in Deutschland machte ich mir vorsätzlich keine Gedanken bzgl. des Motors, auch nicht, als die Betriebstemperatur 97° C erreichte. „Mach Dir keine Gedanken. Solange es keinen Alarm gibt, brauchst Du das nicht,“ hatte der gesagt. Und prompt ging nach einer knappen Stunde Motorfahrt der Alarm los. Jetzt durfte ich mir mit offiziellem Volvo-Segen Sorgen machen. Immerhin, wir hatten Glück und konnten bei just in diesem Augenblick einsetzendem Wind die ganze verbliebene Strecke segeln. Teilweise sehr knirsch am Wind, aber es ging. Wir schafften die Passage Freu de Tabarca, ein enges Schlupfloch zwischen Festland und der Insel Tabarca ganz gut, konnten uns im weiteren Verlauf von der Festlandsküste freihalten und kamen schließlich auf den Punkt an der Hafeneinfahrt von Alicante heraus.

Ich verlasse meinen nächtlichen Ankerplatz Puerto Genovése. Zwischenhalt auf dem Weg nach Cartagena. Eine der wenigen landschaftlich reizvollen Buchten: keinerlei Bebauung. Leider war es hier furchtbar rollig, so dass ich kaum Schlaf finden konnte.
Ein Singlehander auf Kollisionskurs – zunächst hatte ich das AIS-Signal des anderen Bootes gar nicht ernst genommen. Wer rechnet denn bei einem Segler mit Geschwindigkeiten bis an die 20 Knoten.
Annäherung an Cartagena. Es ist geschafft. Ich bin sehr erleichtert, bereitete mir doch im Falle des Motoreinsatzes die Motortemperatur große Sorgen.
Freundin Kirsten ist gemeinsam mit Anke aus Deutschland angereist.
Ein bislang wahrlich seltener Moment: Badevergnügen im Mittelmeer

An ein Fortsetzen der Fahrt war vorerst nicht zu denken, also verblieben die restlichen Tage von Kirstens Besuch Tage des Bummelns und guten Essens. Exakt nach einer Woche verließ sie uns, um über Frankfurt in die USA zurückzukehren. Ich packte noch am gleichen Tag meine wenigen nötigen Dinge und flog dann am nächsten Tag nach Bremen. Dort folgten enge, dicht gedrängte Tage voller Aufgaben und Termine, so dass viel zu wenig Zeit blieb für Freunde und Besuche. Immerhin sind nun sowohl Anke als auch Martin Worpsweder Bürger, und wir sind die Last des Bremer Hauses los, einer der Gründe für die Flüge nach Deutschland.

Eine Paella ist nun einmal ein Muss, wenn man sich an Spaniens Mittelmeerküsten herumtreibt.
Kirsten freut sich

Anke, die anfangs von Alicante alles andere als erbaut war, hatte keine Wahl, sie musste bleiben und wäre doch am liebsten nach Worpswede hinterhergekommen. Zu heiß, zu viel abendlicher Disco-Lärm, zu viele Touristen. Aber es gab auch in Alicante viel zu tun, nicht nur zu Hause. Die Ursache des heißen Motors musste gefunden werden. Die Pumpe der Klimaanlage musste irgendwie ersetzt werden, schon in ihrem ureigensten Überlebensinteresse. Die Black-Box der UKW-Funke sollte erneut ausgetauscht werden. Werkstätten waren zu finden, zu beauftragen und zu begleiten. Die größte Freude bescherte Pascal Lafuente. Bereits zwei Tage nach Bestellung war die Pumpe da und wurde umgehend eingebaut. Anke konnte wieder schlafen ohne geschmort zu werden. (Es war die Phase mit anhaltenden 37°C in Alicante). Es zeigte sich, dass Alicante viel besser als sein Ruf in den nautischen Führern war. Es gibt Handwerker und Fachbetriebe für alles Mögliche. Und alle, mit denen wir zu tun hatten, waren äußerst zuverlässig, gewissenhaft und verstanden ihr Fach. Der Motor war eine Woche, nachdem beide Kühlkreisläufe zerlegt und untersucht waren, wieder zusammengesetzt und hatte den ersten Probelauf hinter sich. Nun harrte er der Probefahrt. Alles Mögliche andere war erledigt, sogar eine Eiswürfelmaschine hatte Anke zu meiner großen Freude erstanden („Überraschung!“) Anke freundete sich zunehmend mit Alicante an und entdeckte viele versteckte Besonderheiten und Reize, die man im flüchtigen Vorbeisegeln gar nicht wahrnehmen würde.

Die Sonne geht während des frühmorgendlichen Fluges nach Hamburg auf, aufgenommen von Anke, auf meinem Flug sah es fast gleich aus.
Rathausplatz in Bremen, ganz ungewohnt, so plötzlich hier zu stehen …
… oder die norddeutsche Moorlandschaft, hier am Elbdeich, zu erleben. Im Hintergrund die Elbe und nur zu ahnen Glückstadt.
Anke kümmert sich derweil um die Wartungs- und Reparaturaufgaben. Hier der gerupfte Motor. Kernproblem war die Mischung unverträglicher Kühlmittel, was sehr seltsam war, da wir keinerlei Kühlmittel nachgefüllt hatten. Und eigentlich war die Motorkühlung bereits einmal komplett gespült und gereinigt worden.
Die einsam zurückgebliebene Anke genießt nach all der Tagesarbeit eine der vielen Kneipen und Bars, hier das Rincon de Antonio im Stadtteil Santa Cruz, Alicante.

Seit einer Woche bin ich nun auch wieder hier. Die Probefahrt ist absolviert, und auch das letzte Problem, das unserer Funke, scheint gelöst zu sein. „Eine Ersatz-Black Box ist momentan auf der ganzen Welt nicht zu bekommen.“ Standard-Aussage aller offiziellen Stellen sowie der Fachfirmen. In Sichtweite von Magos Cockpit fanden wir dann das Headquarter von Navico, bauten die Black Box aus, warfen uns etwas in Schale (Kleider machen bekanntlich Leute) und schlugen im Headquarter auf. Und siehe, es gab doch noch eine Black Box obwohl der erste Satz, der uns entgegenschallte hieß: „Eine Ersatz-Black Box ist momentan auf der ganzen Welt nicht zu bekommen.“ Durch einen Insider hatten wir aber von einer ominösen Schublade unter einem Schreibtisch erfahren, in der wunderliche Dinge verwahrt würden. Nun, wir sahen den Schreibtisch nicht, aber eine funktionstüchtige, nagelneue Ersatz-Black-Box tauchte wundersam doch auf. Und für Anke gab es auch noch eine kostenlose Musto-Segeljacke als Ausgleich für die erlittene Unbill.

Nun gibt es noch ein Tagebuch nachzutragen. Es hinkt hinterher und reicht bei weitem nicht in die Gegenwart, aber immerhin. Wer hineinschauen möchte, findet es hier.

Mit herzlichen inzwischen schon spätsommerlichen Grüßen
Anke und Martin

Gut, dass in Spanien keine Gefahr besteht, abzunehmen. Schon die allgegenwärtigen Tapas verhindern das zu verlässig 😉
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