Das Wichtigste zuerst: Johannes Li – vergleiche unseren Betrag vom 26.06.2023 – hat nicht nur den Absprung von der spanischen Festlandsküste geschafft, nein, er ist auf den Kanaren angekommen! Und damit hat er sich mit Hilfe seines Mitseglers wahrscheinlich selbst das größte Weihnachtsgeschenk gemacht. Wie sich schnell zeigte, war es genau die richtige Entscheidung, diese erste Etappe mit dem neuen Boot nicht allein zu segeln: Das Wetter entwickelte sich weitaus unangenehmer, als prognostiziert und dann fiel auch noch der Autopilot aus. Wir freuen uns sehr für ihn und seinen Mitsegler! Wer sich für Johannes‘ Reise und Fortschritte interessiert: Hier ein aktueller link, einfach anklicken.
Ein paar Worte zum Titelfoto. Die Stadt Santa Cruz ehrt mit diesem Tableau drei Musiker, die unter dem Namen Lo Divino (Das Göttliche) jeden Morgen in der Weihnachtszeit durch die Straßen von Santa Cruz gezogen sind und Weihnachtslieder gespielt bzw. gesungen haben. In gewisser Weise verkörpern Sie für die Palmeros die „Stimme und Seele der Weihnacht“. Die Gruppe war von 1947 bis 1997, also 50 Jahre aktiv. Das Motiv des Tableaus ist aus Aufnahmen einer bronzenen Skulpturengruppe erstellt, die für die Musiker auf der Plaza de Vandale errichtet wurde.
Zurück aus Worpswede waren die ersten Tage mit den leider unvermeidlichen Nachwehen des Heimataufenthalts verbunden: Diverse Post und Schriftsätze waren noch zu verfassen und auf die Reise zu bringen. Angenehmerweise kamen wir mit Jutta und Walter, Co-Skipper einer Amel Super Maramu 2000, bei ein paar Gläschen Wein ins Gespräch. Da beide gerade ein Mietauto hatten, luden Sie uns ein, einen Ausflug mitzumachen. Eine kleine Rundwanderung bei der Cumbrecita war geplant – und wurde natürlich auch realisiert. Nochmal vielen Dank fürs Mitnehmen Euch beiden.
An diesen Tagen versuchte Martin an einigen Morgen beim Brötchenholen, ein Mietauto an der Mietwagen-Station vor dem Hafen zu ergattern. Anfangs stets erfolglos. Letztlich gelang es dann an einem Tag an eben dieser Station, als Martin vom kleinen Einkauf im Supermarkt vorbei kam. Und damit war klar, die nächsten drei Tage mussten genutzt werden. Gleich am ersten Tag hatten wir uns ein hohes Ziel gesteckt. Streckenweise durch Lorbeerwald schraubten wir uns in die Höhe, der Roque de los Muchachos, mithin der höchste Gipfel La Palmas, war das Ziel. Wir wussten nicht, dass der sehr kurvenreiche und anspruchsvolle Weg an den Observatorien La Palmas vorbeiführen würde. Was eindrucksvolle Ausblicke bedeutete. Nur besuchen konnten wir sie so spontan nicht. Doch das war und ist nicht wichtig, wir kommen ja eh wieder. Heute waren die simple Höhe, das „andere“ Drumherum und natürlich die damit verbundenen Aussichten das Wichtigste.
Weiteres Ziel war die Nordküste, die uns mit ihrer landschaftlichen Vielfalt begeisterte, und Tazacorte. In diesem Örtchen wollten wir die Liegemöglichkeiten erkunden, da es in Santa Cruz doch recht unruhig ist. Das betrifft nicht nur den Schwell im Hafen, sondern auch den Lärm durch die Fähren und Versorgungsschiffe samt zugehörigem Verkehr. Wie so oft hieß es bei der persönlichen Vorsprache, wir mögen eine Email senden, etwa Ende des Jahres, und dann bekämen wir eine (hoffentlich) positive Antwort. Zur Ehrenrettung der Marina muss man festhalten, dass zahlreiche der hier eingelaufenen Segler trotz anderer Pläne zu Dauerliegern geworden sind, was die verfügbaren Plätze für normale Segler wie uns sehr einschränkt.
Das Spannende an diesem letzten Ausflug war, dass wir anschließend durch die Lavafelder des Vulkanausbruchs von 2021 fahren konnten. Ein schon sonderbares Gefühl, gelegentlich befremdlich und erschütternd, dann wieder überraschend, z. B. wie man bereits zwei Jahre nach dem Ausbruch eine Straße durch die Lavaströme bauen kann. Wir nahmen das zum Anlass, nach den Verursachern des ganzen „Unglücks“ zu fahnden. Nachdem wir nach langem Marsch zunächst den falschen, ziemlich versteckten Vulkan San Juan entdeckt hatten, fanden wir den Aussichtspunkt auf den aktuellen Übeltäter knapp hundertfünzig Meter von unserem Parkplatz entfernt.
Am 13. Dezember stehen wir für unsere Verhältnisse früh auf. Beim ersten Blick aus dem Niedergang eine kleine Überraschung: „Draußen ist es neblig.“ Anke ist völlig verblüfft. Wer hätte auch Nebel erwartet? Es sei gleich angemerkt, dass der Nebel recht ocker gefärbt war, ein Hauch Calima lag in der Luft. Um halb neun schlägt Andrea auf. Sie hat sich gestern spontan entschlossen, mit uns nach La Gomera zu segeln. Sie will mal wieder Atlantikwelle verspüren. Andrea und ihr Mann Carsten hatten uns vor fünf Tagen besucht und wir haben Andrea mit Inge, einer Freundin, vor drei Tagen zufällig in einem Restaurant an der Nordküste getroffen. Da es mit unserem ursprünglich geplanten Besuch in Ihrem Ferienhäuschen nicht mehr klappen würde, entschied sie sich spontan, uns nach Gomera zu begleiten.
Wie prognostiziert müssen wir die ersten anderthalb Stunden mehr oder weniger unter Maschine fahren, vor La Palma gibt es keinen Segelwind. Schließlich kommt der dann allmählich auf, und ziemlich zügig sind Genua, Groß, Besan und schließlich auch die Fock gesetzt. Später nehmen wir wegen zunehmenden Windes (!) die Fock weg, und rollen sogar die erste Latte beim Groß ein. So segelt es sich etwas aufrechter. Kurz vor uns sind Royal und Hi-Tec gestartet, wir haben also eine Regatta. Wer kennt ihn nicht, den Spruch: „Ein Boot segelt, zwei Boote segeln eine Regatta!“ Langsam aber stetig nähern wir uns den beiden. Große Freude beim Skipper. Verdrießlich ist allerdings, dass von hinten die Katepina zunehmend aufschließt.
Irgendwann schält sich La Gomera aus dem Dunst. Das schemenhafte Auftauchen hat auch seine Reize. Die eh schon recht kurze See wird vor der Insel noch hackiger und unangenehmer. Wie eine richtig arge Ostseewelle. Sicher nicht die schöne, langgezogene Atlantikwelle, die Andrea sich gewünscht hat. Ach ja, Katepina ist wieder zurückgefallen und die andern beiden sind überholt. Skippers Welt ist voll im Lot! Später: Nach einem vorübergehend windarmen Intermezzo bei kabbeliger Welle im Umfeld von Punta San Lorenzo können wir doch wieder segeln. Bis vor die Hafeneinfahrt. Allerdings hat die Windrichtung dicht unter der Küste wenig mit der Prognose gemein. Aber das weiß ein erfahrener Skipper ja. Ansonsten ist das auch völlig egal: Gomera ist erreicht, 19 Jahre nachdem wir hier mit Just do it aufgeschlagen sind.
Hier werden wir auch die Feiertage verbringen, und daher an dieser Stelle unsere Grüße an Euch alle: