La Palma – La Gomera – Weihnachten 2023

La Palma – La Gomera – Weihnachten 2023

Adventlicher Lichterschmuck in Santa Cruz de La Palma

Das Wichtigste zuerst: Johannes Li – vergleiche unseren Betrag vom 26.06.2023 – hat nicht nur den Absprung von der spanischen Festlandsküste geschafft, nein, er ist auf den Kanaren angekommen! Und damit hat er sich mit Hilfe seines Mitseglers wahrscheinlich selbst das größte Weihnachtsgeschenk gemacht. Wie sich schnell zeigte, war es genau die richtige Entscheidung, diese erste Etappe mit dem neuen Boot nicht allein zu segeln: Das Wetter entwickelte sich weitaus unangenehmer, als prognostiziert und dann fiel auch noch der Autopilot aus. Wir freuen uns sehr für ihn und seinen Mitsegler! Wer sich für Johannes‘ Reise und Fortschritte interessiert: Hier ein aktueller link, einfach anklicken.

Johannes Li segelt seine Fango. Das ist eine Amel Fango, die seinerzeit von Henri Amel selbst gesegelt wurde. Johannes hat das 33-Fuß-Boot in einen sichtbar hervorragenden Zustand gebracht. Das ist nach seinen anfänglichen Start- und Kommunikationsschwierigkeiten sicher der beste Beweis, zu was er fähig ist. Wir freuen uns mit ihm, dass er seine erste Etappe auf die Kanaren gemeistert hat. (Foto: Anna Lange und Malin Knodel/annaundmalin.de)

Ein paar Worte zum Titelfoto. Die Stadt Santa Cruz ehrt mit diesem Tableau drei Musiker, die unter dem Namen Lo Divino (Das Göttliche) jeden Morgen in der Weihnachtszeit durch die Straßen von Santa Cruz gezogen sind und Weihnachtslieder gespielt bzw. gesungen haben. In gewisser Weise verkörpern Sie für die Palmeros die „Stimme und Seele der Weihnacht“. Die Gruppe war von 1947 bis 1997, also 50 Jahre aktiv. Das Motiv des Tableaus ist aus Aufnahmen einer bronzenen Skulpturengruppe erstellt, die für die Musiker auf der Plaza de Vandale errichtet wurde.

Zurück aus Worpswede waren die ersten Tage mit den leider unvermeidlichen Nachwehen des Heimataufenthalts verbunden: Diverse Post und Schriftsätze waren noch zu verfassen und auf die Reise zu bringen. Angenehmerweise kamen wir mit Jutta und Walter, Co-Skipper einer Amel Super Maramu 2000, bei ein paar Gläschen Wein ins Gespräch. Da beide gerade ein Mietauto hatten, luden Sie uns ein, einen Ausflug mitzumachen. Eine kleine Rundwanderung bei der Cumbrecita war geplant – und wurde natürlich auch realisiert. Nochmal vielen Dank fürs Mitnehmen Euch beiden.

Bestimmend für unsere Wanderung bei der Cumbrecita waren die typischen Kiefernwälder des Pinar canario. Klar, dass es sich bei den Kiefern stets um Kanarische Kiefern handelte.
Am Rande unseres Weges stießen wir auf eine Besonderheit. Bei genauem Hinsehen erkennt man, dass diese Kiefern scheinbar auf „Stelzen“ stehen. Tatsächlich handelt es sich um kräftige Wurzeln, die den Baum tragen. Ursprünglich lagen diese, wie man es erwartet, im Boden. Doch der leichte, vulkanische Boden ist sehr erosionsempfindlich. Stärkere Niederschläge können im Lauf der Jahre die Wurzeln freilegen, und so entstehen diese sonderbaren Wuchsformen. Bei der Erosion handelt es sich in diesem Fall um einen natürlichen, nicht vom Menschen verursachten Prozeß.
Anke mit Jutta und Walter, unsere „Fahrer“.
Wie man sieht, mal eine angenehme, leichte Wanderung auf nahezu ebenen Wegen.
Bei vielen Kiefern fällt auf, dass die Baumkrone, die natürlicherweise von einem durchgehenden Stamm oder Trieb gekennzeichnet ist, an einem bestimmten Punkt auffallend verzweigt und merkwürdige Formen entwickelt. Eine Folge einer bestimmten Art von Waldbrand. Die Kanaren nennen ihn den Fuego de Copa, „Becherbrand“, besser trifft es die freie Übersetzung „Fackelbrand“. Im Gegensatz zu den Bodenbränden, bei denen die Streu auf dem Waldboden und das Unterholz brennen und nur den unteren Teil des Baumstammes erfassen, sodass dessen Krone weitgehend unbeeinträchtigt bleibt, steht beim Fuego de Copa der ganze Baum in Flammen. Junge und dünne Triebe verbrennen und sterben ab, auch die Triebspitze des Stammes in der Baumkrone. Der Baum selbst überlebt. Die Regeneration des Baumes beginnt in der Folge vom Stamm und von starken Ästen aus und entwickelt dann meist mehrere neue, oft verwegen seitlich verlaufende neue Haupttriebe. Im Hintergrund übrigens die nördliche Felswand der Caldera de Taburiente, an dessen Südseite wir gerade stehen.
Es fällt auf, dass die Kiefernwälder auf einer bestimmten Höhe über dem Meeresspiegel so gut wie keinen Unterwuchs tragen. Das scheint jedoch eine untypische Entwicklung zu sein, und an verschiedenen Standorten bemühen sich die Förster, wieder Unterholz anzusiedeln. In jedem Fall sind Verhältnisse wie die auf dem Foto ideal für die Entwicklung von Bodenbränden (Fuego de Superficie).
Aufplatzende Schote des Klebrigen Drüsenginsters (Adenocarpus viscosus), eines der Gehölze, die mit anderen Arten zum Unterholz des Pinienwaldes gehören, die auf La Palma allerdings oberhalb der Baumgrenze auch flächendeckende Bestände bilden. Diese Art kommt nur auf La Palma, La Gomera und Teneriffa vor.
Wenn man es nicht selbst fotografiert hätte, würde man rätseln, was das hier ist: die Triebspitze einer Kanarischen Kiefer, ganz oben am Ende des Stammes. War natürlich noch ein recht jugendliches Exemplar an einem steil abwärts führenden Hang, sonst wären wir nicht an die Spitze herangekommen.
Es ist erkennbar Winter, die Sonne verschwindet gerade in den Felslandschaften schnell hinter den Kämmen und Bergen.

An diesen Tagen versuchte Martin an einigen Morgen beim Brötchenholen, ein Mietauto an der Mietwagen-Station vor dem Hafen zu ergattern. Anfangs stets erfolglos. Letztlich gelang es dann an einem Tag an eben dieser Station, als Martin vom kleinen Einkauf im Supermarkt vorbei kam. Und damit war klar, die nächsten drei Tage mussten genutzt werden. Gleich am ersten Tag hatten wir uns ein hohes Ziel gesteckt. Streckenweise durch Lorbeerwald schraubten wir uns in die Höhe, der Roque de los Muchachos, mithin der höchste Gipfel La Palmas, war das Ziel. Wir wussten nicht, dass der sehr kurvenreiche und anspruchsvolle Weg an den Observatorien La Palmas vorbeiführen würde. Was eindrucksvolle Ausblicke bedeutete. Nur besuchen konnten wir sie so spontan nicht. Doch das war und ist nicht wichtig, wir kommen ja eh wieder. Heute waren die simple Höhe, das „andere“ Drumherum und natürlich die damit verbundenen Aussichten das Wichtigste.

Der Roque de los Muchachos. Heute darf man nicht mehr an die Felsen herantreten. Das Vulkangestein ist zu empfindlich und würde durch Kletterei und Betreten rasend schnell zerstört. Das, was man heute als Besucher sehen kann, ist zum Teil schon „restauriertes“ Gestein.
Hinter dem Roque wird es erst interessant. In einem steilen Hang führt ein schmaler Pfad zur nächsten, zuvor nicht sichtbaren kleinen Aussichtsplattform, und von der geht es noch ein Stück weiter zur nächsten Kanzel.
Die Belohnung – grenzenlose Aussicht. Immerhin stellen der Roque und dessen Umgebung den höchsten Punkt La Palmas dar. Auf der Wolkendecke schweben als dunkle Schatten La Gomera und El Hierro.
Steile Wege und Höhenunterschiede. Anke ist glücklich, dass ihre Knie seit etwa einem Jahr keine nennenswerten Probleme mehr machen.
Die Inselstraße führt mitten hindurch durch die astronomischen Anlagen des Observatorio del Roque de los Muchachos. Die Spiegel in Bildmitte gehören zu Gamma-Strahlenteleskopen.
Inmitten der Natur Objekte wie aus einer anderen Welt. Das Telescopio Nationale Galileo (TNG), ein optisches Spiegelteleskop. Der Spiegel hat einen durchaus beeindruckenden Durchmesser von 3,58 Metern.
Die Anlagen des Observatorio del Roque de los Muchachos sind weitaus umfangreicher als mit einem Foto darstellbar. Für uns ist klar, wir müssen wiederkommen und an einer Führung durch das Observatorium teilnehmen.

Weiteres Ziel war die Nordküste, die uns mit ihrer landschaftlichen Vielfalt begeisterte, und Tazacorte. In diesem Örtchen wollten wir die Liegemöglichkeiten erkunden, da es in Santa Cruz doch recht unruhig ist. Das betrifft nicht nur den Schwell im Hafen, sondern auch den Lärm durch die Fähren und Versorgungsschiffe samt zugehörigem Verkehr. Wie so oft hieß es bei der persönlichen Vorsprache, wir mögen eine Email senden, etwa Ende des Jahres, und dann bekämen wir eine (hoffentlich) positive Antwort. Zur Ehrenrettung der Marina muss man festhalten, dass zahlreiche der hier eingelaufenen Segler trotz anderer Pläne zu Dauerliegern geworden sind, was die verfügbaren Plätze für normale Segler wie uns sehr einschränkt.

Auf der Fahrt in den Norden bieten sich überall überraschende Aussichtspunkte oder halt andere, für uns interessante Stopps an. An einem dieser Punkte gelingt Anke ein Zwiegespräch mit einem Kolkraben. Dessen Interessen sind allerdings etwas einseitig: „Hast Du Futter mitgebracht?“
Kein Gipfel, aber es macht auch bei solchen „Kletterangeboten“ Spaß, diese zu bezwingen.
Minihalbinsel
In den Fels getriebene Fischerhütten. Jedenfalls waren das mal Fischerhütten. Heute fragt man sich, ob dies nicht eine Art Badehäuschen sind. In jedem Fall gehört ein Heiligenbildchen oder eine kleine Statuette in einer Kapelle oder Felsnische immer dazu.
Jedenfalls hat dieser abgelegene Ort seinen ganz besonderen Reiz.
Uns erstaunt, mit viel Gestaltungswillen auch an diesem scheinbaren Ende der Welt gearbeitet wird.
Und dann noch das! Gehören diese Blüten nicht in die Südsee?
Farbenpracht gibt es nicht nur bei den Blüten: Rote Felsenkrabbe (Grapsus adscensionis)
Nach sekundenlangen Südseeträumen sind wir zurück im Hier und Jetzt. Der Weg, der uns an das oben beschriebene Halbinselchen brachte, bringt uns anschließend durch Bananenplantagen, die uns ein wenig an die Landwirtschaft bei Almerimar erinnern …
… ermöglicht uns allerdings auch noch abendlich stimmungsvolle Ausblicke auf die Nordküste.

Das Spannende an diesem letzten Ausflug war, dass wir anschließend durch die Lavafelder des Vulkanausbruchs von 2021 fahren konnten. Ein schon sonderbares Gefühl, gelegentlich befremdlich und erschütternd, dann wieder überraschend, z. B. wie man bereits zwei Jahre nach dem Ausbruch eine Straße durch die Lavaströme bauen kann. Wir nahmen das zum Anlass, nach den Verursachern des ganzen „Unglücks“ zu fahnden. Nachdem wir nach langem Marsch zunächst den falschen, ziemlich versteckten Vulkan San Juan entdeckt hatten, fanden wir den Aussichtspunkt auf den aktuellen Übeltäter knapp hundertfünzig Meter von unserem Parkplatz entfernt.

Es ist unwirklich quer durch die Lavafelder zu fahren, die der Ausbruch von 2021 geschaffen hat. Ungefähr 1.500 Häuser sind verschwunden, manche ragen noch hier und da als Ruinen aus der Lava, und hier und da hat sich die Lava geteilt, ist vorbei geströmt und hat ein Haus verschont. Fast schon unvorstellbar ist, dass es quer durch diese jungen Lavafelder eine nagelneue Straße gibt. Ohne Haltemöglichkeit selbstredend. Wir kamen erst über Umwege an diesen im Foto gezeigten Ort.
Glückliche Häuser. Der Lavastrom hat sich geteilt und ist rechts und links an den Häusern vorbei gezogen.
Neben den Lavafeldern sind weite Teile der Landschaft durch Staub und diese kleinen Lapilli verschüttet worden. Diese Kante im frischen Sediment ist vor allem durch Winderosion entstanden. Streicht man mit dem Finger über den kleinen Abbruch, stellt man verblüfft fest, dass dieser feine Staub extrem feucht und überraschend kühl ist. Er veranschaulicht, weshalb man dieses Material ebenso wie Lapilli in der lokalen Landwirtschaft als Auflage auf die Äcker aufbringt. Bereits in Lanzarote war uns diese Kulturtechnik begegnet.
Auf der Suche nach dem Urheber all des Dramas stoßen wir auf Wegesperren. Wir wandern natürlich trotzdem munter drauf los. Ein netter Ranger greift uns nach vielleicht 1.000 Metern auf und erklärt uns, wie wir zu einem Blick auf den gesuchten Vulkan kommen können.
„Faszinierend!“ würde Spock vielleicht sagen: Dieses Nebeneinander von toter Materie und unbeeindrucktem Leben.
Wer einem Ranger nicht richtig zuhört, läuft lange Strecken zu falschen Zielen. Immerhin, wir haben nach rund 2 Kilometern den Krater des Volcán San Juan gefunden, dies gewöbte Gebilde in Bildmitte, und bestimmen den zum Umkehrpunkt. (Wie man einen Vulkankrater nach einem Heiligen benennen kann, wundert uns schon sehr.)
Anke kraucht durchs Gebüsch – voller Einsatz für ein Vulkan-Foto.
Lediglich schlappe 150 Meter neben unserem Parkplatz und fast unübersehbar (nicht für uns 😉) befindet sich eine Aussichtskanzel mit dem Blick auf den richtigen Übeltäter, den Volcán de Tajogaite o Cabezavaca. Der macht auch deutlich, dass er der richtige Geselle ist. Er raucht nämlich wie ein Schlot.

Am 13. Dezember stehen wir für unsere Verhältnisse früh auf. Beim ersten Blick aus dem Niedergang eine kleine Überraschung: „Draußen ist es neblig.“ Anke ist völlig verblüfft. Wer hätte auch Nebel erwartet? Es sei gleich angemerkt, dass der Nebel recht ocker gefärbt war, ein Hauch Calima lag in der Luft. Um halb neun schlägt Andrea auf. Sie hat sich gestern spontan entschlossen, mit uns nach La Gomera zu segeln. Sie will mal wieder Atlantikwelle verspüren. Andrea und ihr Mann Carsten hatten uns vor fünf Tagen besucht und wir haben Andrea mit Inge, einer Freundin, vor drei Tagen zufällig in einem Restaurant an der Nordküste getroffen. Da es mit unserem ursprünglich geplanten Besuch in Ihrem Ferienhäuschen nicht mehr klappen würde, entschied sie sich spontan, uns nach Gomera zu begleiten.

Wie prognostiziert müssen wir die ersten anderthalb Stunden mehr oder weniger unter Maschine fahren, vor La Palma gibt es keinen Segelwind. Schließlich kommt der dann allmählich auf, und ziemlich zügig sind Genua, Groß, Besan und schließlich auch die Fock gesetzt. Später nehmen wir wegen zunehmenden Windes (!) die Fock weg, und rollen sogar die erste Latte beim Groß ein. So segelt es sich etwas aufrechter. Kurz vor uns sind Royal und Hi-Tec gestartet, wir haben also eine Regatta. Wer kennt ihn nicht, den Spruch: „Ein Boot segelt, zwei Boote segeln eine Regatta!“ Langsam aber stetig nähern wir uns den beiden. Große Freude beim Skipper. Verdrießlich ist allerdings, dass von hinten die Katepina zunehmend aufschließt.

Andere Yachten in Sicht. Was das bedeutet? Mago muss schneller werden. Anke beobachtet die Genua, da kann der Trimm sicher noch verbessert werden.
Andrea, für diese Passage Gast an Bord, bettrachtet die „Regatta-Ambitionen“ unverkennbar mit kontemplativer Gelassenheit. An Ankes Haltung wird – nebenbei bemerkt – deutlich, dass es zwischen den Inseln alles andere als warm ist. Wenn die Sonne nicht brezelt, ist es überraschend kühl.
Die „Mitbewerber“ liegen achteraus: Entspannte Stimmung an Bord.
La Gomera ziert sich mit einem Dunstschleier.
Zugegeben, Dunst kann auch attraktiv sein.

Irgendwann schält sich La Gomera aus dem Dunst. Das schemenhafte Auftauchen hat auch seine Reize. Die eh schon recht kurze See wird vor der Insel noch hackiger und unangenehmer. Wie eine richtig arge Ostseewelle. Sicher nicht die schöne, langgezogene Atlantikwelle, die Andrea sich gewünscht hat. Ach ja, Katepina ist wieder zurückgefallen und die andern beiden sind überholt. Skippers Welt ist voll im Lot! Später: Nach einem vorübergehend windarmen Intermezzo bei kabbeliger Welle im Umfeld von Punta San Lorenzo können wir doch wieder segeln. Bis vor die Hafeneinfahrt. Allerdings hat die Windrichtung dicht unter der Küste wenig mit der Prognose gemein. Aber das weiß ein erfahrener Skipper ja. Ansonsten ist das auch völlig egal: Gomera ist erreicht, 19 Jahre nachdem wir hier mit Just do it aufgeschlagen sind.

Hier werden wir auch die Feiertage verbringen,
und daher an dieser Stelle unsere Grüße an Euch alle:

Kommentare sind geschlossen.