
Wandern auf Madeira
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Die Passage von Porto Santo nach Madeira war ausgesprochen angenehm. Der Wind kam zwar raum ein, doch aus einem Winkel, der es uns gerade noch ermöglichte, mit dem Gennaker, Groß und Besan zu segeln. Den Parasailor hätten wir alternativ setzen können, doch wir scheuten den Aufwand.
So kamen wir vielleicht etwas langsamer, dafür aber entspannt voran. Der Himmel war blau und mit ein paar Wölkchen getupft, das Wasser von der unbeschreiblichen, gläsern erscheinenden blauen Farbe, die es auf Hoher See in den südlicheren Breiten gewöhnlich hat, der Wind war angenehm, nicht zu viel, nicht zu wenig, und die Wellen kaum zu spüren. Es war in etwa so, wie man sich das Blauwassersegeln erträumt.
Kurz vor Erreichen des Inselsockels von Madeira, der Meeresboden steigt hier auf kürzester Distanz von über 4.000 Metern auf 100 Meter und weniger an, tauschten wir den Gennaker gegen die Genua. Kein Fehler, denn wenig später wurde es ruppig. Wind, doch vor allem die vom Unterwasserrelief aufgeworfenen Strömungen, ließen eine leicht konfuse See entstehen. Wir steuerten sogar eine knappe Stunde von Hand. Da ist die Genua im Bedarfsfall handlicher. Wir wollten vergleichsweise dicht an der äußersten Inselspitze herum, um ein paar schöne Blicke zu erhaschen, doch daraus wurde nichts. Die Angel ratschte los. Ein fetter Fisch hing am Hakem und riss die Leine förmlich von der Trommel. Martin hatte seine liebe Mühe, den Zug zu bremsen. Anke reduzierte derweil die Geschwindigkeit, in dem sie Segel reffte. Doch alles umsonst, nach endloser Kurbelei hakte der Fisch ab und wir bekamen lediglich den Köder zurück.

Blick nach oben. Statt der 75 Quadratmeter großen Genua (aufgerollt), zieht uns der rund 100 qm messende Gennaker. Im Grunde noch ein wenig zu klein für unsere Mago bemessen. Der Gennaker ist das letzte Segel, das aus dem Ursprungsbestand des Bootes verblieben ist. Er zeigt daher auch noch stolz das originale Segelzeichen.




In der Marina fand sich dann die TO-Bergsportgruppe endgültig zusammen, bestehend aus den Crews der Hein Mück, Rosy Jane, Mago del Sur unter der unerschrockenen Führung von Thomas und Christine (Noe).

So ging es bereits am zweiten Tag nach der Ankunft auf der Vereda de Ponta de São Lourenço ans äußerste Ende der Insel, durch eine Landschaft, die anders als der Rest Madeiras recht trocken und karg ist und sogar einen klitzekleinen und daher um so belebteren Strand bietet. Unseren Bergführern war die Wanderung natürlich zu wenig fordernd, daher bewanderten sie gleich noch einen neben der Strecke liegenden Gipfel. Am nächsten Tag ruhte sich die Truppe aus, bis auf Thomas und Christine, die mal eben mit Leinen und Geschirr beschwert zum Klettern gingen, zur Auflockerung gewissermaßen.





Madeira wird geprägt von etwa 2.150 Kilometer Bewässerungskanälen – die Angaben schwanken ja nach Quelle und Lesart beträchtlich – die die Menschen über Jahrhunderte in mühevoller Arbeit an den Berghängen geschaffen haben. Teilweise an senkrechten Wänden in den Fels gehauen. An vielen dieser sogenannten Levadas kann man heute entlang wandern. Da die Kanäle ein gleichbleibendes Gefälle erfordern, sind die Wanderungen hinsichtlich der zu bewältigenden Höhendifferenzen angenehm zu begehen, allerdings sind die Passagen teilweise arg schmal und erfordern eine gewisse Trittsicherheit und Schwindelfreiheit bzw. man sollte keine Höhenangst haben.
Angeführt von Thomas und Christine – für uns Schneckenwanderer meist nach wenigen Minuten außer Sichtweite – sind wir in den nächsten Tagen mehreren dieser Levadas gefolgt:
- Levada do Castelejo
- Levada do Rei
- Levada do Caldeirão Verde
Man muss zugeben, wir konnten auch nicht verloren gehen. Einmal auf dem rechten Pfad, der der Levada folgt, gibt es nur selten Abzweigungen. Gelegentlich gibt es allerdings auch kein Ausweichen mehr, was die Begegnung mit Wanderern aus der Gegenrichtung hier und da pikant macht, besonders wenn man sich gegen eine Metallstrebe lehnt, die sich bereits aus dem Betonfundament gelöst hat (Anke), oder wenn man mit dem Kopfe gegen einen Ast stößt und daraufhin strauchelt und abrutscht (glücklicherweise ohne Folgen einem Wandergruppenmitglied geschehen) oder wenn der Boden unter einem nachgibt, wie es einem voraus laufenden Wanderer erging. Er blieb glücklicherweise in Brombeergestrüpp hängen. Das war zwar eine leicht blutige und ziemlich stachlige Angelegenheit, aber besser als freier Fall.
Levada do Castelejo






Anke meint, dass es sich bei diese Blüte um eine Minzenart handelt.
Da wir botanisch immer wieder ins Straucheln kommen, hoffen wir, dass Du, lieber Jesú ab und zu auf unsere Homepage schaust. Sei doch so nett und gib uns die nötigen Hinweise zu den jeweiligen Arten. Uns würde das sehr freuen. (Wenn sich jetzt jemand wundert, Jesú ist ein phänomenaler Botaniker und Freund aus den Zeiten meiner Berufstätigkeit.)
Ein anderes Kaliber stellen die Baumfarne dar. Wir stoßen auf eine ganze Reihe dieser Exemplare und fragen uns, ob sie eingeführt worden sind.


Hier wird es bei genauem Hinsehen schon deutlich, dass es links und rechts der Levada und des Pfades auch mal senkrecht hoch und auch runter gehen kann.


Man muss etwas genauer hinsehen, um die Wanderer vor der Wand zu erkennen.


Levada do Rei






Gelegentlich ist die Levada mehr oder weniger seitlich in den senkrechten Fels hineingetrieben. Da gibt es dann keinen Platz für einen begleitenden Pfad. Man läuft über Platten, die den Kanal abdecken.
Die Levada do Rei ist hin und zurück: 10,2 km und verlangt nur knappe 360 Höhenmeter (rauf und runter zusammengefaßt).


Mal hängen die Felswände über, wie man im vorhergehenden Bild ahnen kann, mal das Wurzelwerk der über einem sich festklammernden Bäume und Sträucher. Wenn Anke hier lange genug stehen bleibt oder kräftig zieht, könnte da was von oben kommen.


Levada do Caldeirão Verde
Unsere Führer vermitteln uns, dass wir auf dem ersten Teil dieser Levada-Wanderung Forstflächen queren. Das bezweifeln wir nicht, und die Bäume vermitteln den Eindruck, dass sie genauso alt sind, wie die Levada, die als Beispiel der Ingenieurskunst des 18. Jahrhunderts gilt. Die ganz frühen Levadas wurden u.a. von Mauren geschaffen, die viel Erfahrung mit dem Bau von Bewässerungskanälen hatten. Das erfolgte allerdings selten freiwillig, sondern es handelte sich sehr häufig um Sklavenarbeit.
Anke demonstriert hier die Dimension der Bäume.





Der längste Tunnel besitzt zwei seitliche Durchbrüche, durch die man in die benachbarte Schlucht blicken kann.



Ein angeblich 100 m in die Tiefe stürzender Wasserfall (wir möchten doch Zweifel bezüglich dieser Angabe anmelden) und eine Art Quellteich im „Grünen Kessel“ (Caldeirão Verde). Bereits bei der ersten Levada-Wanderung wäre Martin gerne in den Quellteich gejumpt, hat sich aber mangels Badehose und wegen der vielen anwesenden Mitwanderer zusammengerissen, dies im Adamskostüm zu machen.




***
Zwischendurch gab es natürlich auch erste Pausentage, die in der Regel mit Bootsarbeiten angereichert werden. Bei uns
- Wassermachertest (Ergebnis: wir brauchen neue Membranen, die eben erst in Almerimar getauschten waren wohl schon überlagert),
- finales Einrichten der Amateurfunke (fast schon ganz erfolgreich),
- Bekämpfung einer Rüsselkäferinvasion
- und natürlich Wäsche waschen, Abwaschen, Putzen …
Wir sind jetzt davon ausgegangen, dass kein großes Interesse daran besteht, Bilder unserer Alltagsarbeit zu sehen, daher gibt es im Beitrag nur „schöne“ Bilder. Wie in fast jedem neuen Blogbeitrag weisen wir an dieser Stelle auf die Abo-Funktion hin: Wer in Zukunft keinen Beitrag mehr verpassen will, der hat die Möglichkeit unseren Blog abonnieren, und das geht einfach über die Seite Kontakte, oder indem man – noch einfacher – hier klickt.
Und falls wir in den nächsten Tagen nicht zu erreichen sein sollten, nun ja, dann wandern wir wohl wieder in den steilen Schluchten Madeiras.
Viele Grüße
Martin und Anke