Madeira – Höhen, Tiefen, Nebel …
Natürlich besteht der Aufenthalt auf Madeira nicht nur aus Wanderungen oder einem touristischen Programm. Ein mühseliger Aktivitätsschwerpunkt ist die mehrtägige Rüsselkäferbekämpfung. Wir entdecken derartige Einsiedler bevorzugt in unseren Nudelvorräten. Dickwandige Röhrennudeln sind besonders beliebt. In fast jeder dieser Nudeln stecken ein, zwei oder drei Käfer, die den harten Teig von innen zerfressen. Ein echter Tiefpunkt für den Küchenchef.
Eine andere Tätigkeit, eher der filigranen Art, ist der Austausch der Druckknöpfe für die Schattenblenden an den Fenstern des Aufbaus. Wir hatten der Firma Sisails in Marina di Ragusa ausdrücklich vorgegeben, wie die Befestigungsschrauben für die Basis der Druckknöpfe beschaffen sein müssen. Wie sich mittlerweile herausstellte hat sie entgegen der Vorgabe völlig ungeeignete Schrauben verwendet, mit dem Ergebnis, dass die Basishülsen nicht halten, schlimmer noch: ihre Befestigung undicht wurde. Martin macht sich an die Arbeit, diese zu lösen und die Löcher wieder sorgfältig zu verschließen. Das Foto macht deutlich, dass Martin nicht gut auf Sisails zu sprechen ist. Die Sikaflexkartusche samt Presspistole lieh uns der freundliche Inhaber der hiesigen Chandlery Accastilage Diffusion.
Ein anderer Schauplatz zeitigt ebenfalls Fortschritte. Dank Rolfs Unterstützung können wir erstmals und erfolgreich Testmails per Pactor und Ham-Radio, also Amateurfunk, versenden und empfangen. Jetzt fehlt nur noch die endgültige und vollständige Inbetriebnahme unseres Iridium-Systems. Dahinter verbirgt sich eine Satellitenkommunikation. Beides soll uns auf längeren Distanzen den Empfang von Wetterdaten und -prognosen erlauben.
Nachdem auch wir – wie all die anderen Crews schon zuvor – nach etwa einer Woche auf Madeira einen Mietwagen gebucht haben, gibt es eine wohlverdiente Arbeitspause. Die Tage sind nun nicht mehr mit Bootsprojekten belegt. Stattdessen stehen uns nun sechs Tage mit Ausflügen bevor. So ein Mietwagen muss schließlich genutzt werden, um wirtschaftlich zu sein! Wir kreuzen daher mehr oder weniger geplant die Küstenstraßen entlang, dringen in enge Täler ein, überwinden ungeahnte Höhen. Die neueren Straßen auf Madeira führen ständig durch irgendwelche Tunnel. Man fragt sich, wie die Menschen früher von A nach B gekommen sind. Das müssen halsbrecherisch enge Straßen oder noch früher halsbrecherische Pflasterwege und Pfade gewesen sein. In jedem Fall waren die Verbindungen im Vergleich zu heute ausgesprochen zeitaufwendig.
Auf einer der Fahrten kehren wir in dem Restaurant „O Arco“ ein. Anke testet erstmals die hiesigen Lapas = Gegrillte Napfschnecken.
An einem dieser Tage streben wir andere „Attraktionen“ an. Nicht weit weg von der Marina und für uns ein Muss, ist das Walmuseum in Caniçal. Die wenigsten wissen, dass auf Madeira bis in die Achtziger Jahre hinein Walfang betrieben wurde. Für uns ist das Museum, dass sich sowohl dem lokalen Walfang als auch den Walen und Delphinen selbst und ihrem Schutz widmet, hoch interessant. Doch dazu folgt ein gesonderter Blogbeitrag.
Nächster Tag. Wir fliegen mit Ruth und Rolf aus. Als wir unser erstes Ziel erreichen, den „Lorbeerwald“, sieht es noch sehr moderat aus. Doch das wird sich schnell ändern: Zum Schluss haben wir trotz geringer Entfernungen schon leichte Orientierungsprobleme, denn es zieht sehr dichter Nebel auf. Genauer, wir werden von Wolken eingehüllt.
Es ist nicht ganz klar, wer auf die Idee mit dem Doppelgipfel gekommen ist. Ich war es garantiert nicht! 😉 Jedenfalls geistert diese Idee sicher im Kopf eines jeden Madeira-Wanderers herum. Und natürlich auch bei Thomas und Christine, bei mir, vielleicht auch bei Anke, die aber wegen ihrer Knieprobleme abwinkte und sich stattdessen für den Shuttle-Service zur Verfügung stellte. So folge ich schließlich Thomas und Christine. Zunächst gelangen wir per Auto fast bis an den Gipfel des Pico do Arieiro, dessen Schreibweisen variieren. Die letzten Meter sind uns verwehrt, da der obere Parkplatz überfüllt ist. So gibt es eben 600 Meter mehr zu laufen, in die auch ein paar Höhenmeter inkludiert werden müssen – noch sind wir frisch – um den Startpunkt beim Pico do Arieiro zu erreichen. Wir erklimmen noch schnell dessen höchsten Punkt, 1818 m ü. NN, und machen uns dann zügig auf den Weg. Zu viele Menschen befinden sich auf dem Wanderweg. Anke begleitetet uns ein paar hundert Meter und gibt dann unseren Fahrzeughopper.
Der Weg führt durch eine extrem steile, wechselhafte und schroffe Landschaft. Der gerne fotografierte schmale Grat ist nicht so dramatisch wie oft beschrieben und er ist auch sehr kurz. Eher unangenehm ist, dass die Strecke zunächst über schrecklich viele Stufen bergab führt. Was bedeutet, das alles müssen wir wieder hoch. Wobei sich die Stufen mehr auswirken als die puren Höhenmeter. Ächz. Schön ist dagegen die Passage von fünf oder sechs Tunneln unterschiedlicher Länge. In einem Tunnel kommt es zur Kollision. Geblendet von der Stirnlampe eines Entgegenkommers passiere ich das folgende schwarze Loch und stoße heftig gegen etwas sehr voluminöses, zunächst erstaunlich tief nachgiebiges und in eine Drehbewegung übergehendes Etwas. Gegen Ende des Aufprall- und Energieabsorptionsvorganges entringt sich dem Etwas ein Stöhnlaut. Offenbar bin ich mit einem ausgesprochen gut gepufferten weiblichen Wesen kollidiert. Der anschließende Anstieg ist sehr anstrengend, vor allem die Treppen, die kein ergonomisch zuträgliches Schrittmaß besitzen. Ächz. Sie als Leiter, vor allem als „Leiter des Todes“ zu bezeichnen ist dennoch ein Witz. Andererseits, ich quäle mich mühsam hinauf, während Thomas und Christine frisch wie eh und je nach oben zu schweben scheinen. (Gestöhnter Neid).
Dennoch lohnt sich die Wanderung in jedem Fall auch für weniger fitte Zeitgenossen. Sie bietet tolle und dramatische Aussichten. In unserem Fall ein wunderschönes Wolkenmeer unter uns. Die ganze Zeit scheint die Sonne und während es in der Marina kräftig weht, lässt sich hier über den Wolken kein Lüftchen bemerken.
Beim Casa do Abrigo do Pico Ruivo treffen wir uns mit Anke. Hier gibt es in einer Hütte auch frisches Quellwasser, mit dem wir unsere Reserven auffüllen können. Mein Flüssigkeitsverbrauch ist heute enorm. Nach angemessener Pause geht es noch hoch auf den Pico Ruivo, den mit 1862 m ü. NN höchsten Berg Madeiras. Ächz und Doppelächz.
Es ist schon lange her und fast schon vergessen – doch dieser Tage wurden wir auf den Podcast bei Mare Radio angesprochen. Daher bewerben wir den Podcast „Wie segelt man um die Welt?“, den Nikolaus Gelpke (Mare Verlag) und Katrin Krämer (Radio Bremen) mit uns Ende des vergangenen Jahres aufgezeichnet haben, an dieser Stelle noch einmal. Auf diesen Link klicken, dann nach unten scrollen, den richtigen Podcast auswählen und reinhören.
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Liebe Grüße aus Madeira
Martin und Anke