Marina di Ragusa – Tagebuch vom 28.03. bis 14.04.2022

Marina di Ragusa – Tagebuch vom 28.03. bis 14.04.2022

Dirk und Stephanie, die wir mit ihrem Kat Maleika in Capo D´Orlando kennen gelernt hatten, haben uns vor einigen Wochen angemorst und gefragt, wie wir die Marina in Marina di Ragusa finden, und ob wir sie als Winterliegeplatz empfehlen können. Aus diesem Anlass heraus hier ein paar Bemerkungen zu Marina di Ragusa. Vorab müssen wir erst einmal klarstellen, dass der Ort, in dem wir liegen, und in dem sich die Marina befindet, tatsächlich Marina di Ragusa heißt. Diese Namensgebung kommt in Sizilien gelegentlich vor. So gibt es auch Orte namens Marina di Modica, Marina di Acate, Marina di Palma und etwas abgewandelt Marinella di Selinunte. Um Missverständnisse zu vermeiden, heißt die Marina von Marina di Ragusa daher auch nicht Marina, sondern offiziell Porto Turistico. Dieser Beitrag befasst sich also einerseits mit dem Porto Turistico, andererseits auch mit dem, was Marina di Ragusa für den zu bieten hat, der hier eine gewisse Zeit verbringen will.

Nachtrag vom 07.09.2022: Da wir aufgrund dieses Beitrags wiederholt angefragt wurden, hier die Kontaktdaten der Marina die Ragusa:
Tel.: +39 0932 230301
Email: info@ptmr.it
Website: https://www.portoturisticomarinadiragusa.it/

Wer stattdessen auf die neue Tagebuchstaffel zugreifen will, der muss diesen Link hier anklicken. Unter dem folgenden Foto geht es weiter mit unseren Bemerkungen zum Porto Turistico in und über Marina di Ragusa, dem Ort als solchen.

Blick über den westlichen Teil des Porto Turistico Marina di Ragusa. Das Beitragsbild macht vielleicht etwas deutlich, dass Marina di Ragusa Badeort ist und Wassersport hier selbst im Winterhalbjahr eine gewisse Rolle spielt.

Bemerkungen zum Porto Turistico in Marina di Ragusa

Zufahrt und Schutz

Die Zufahrt ist unschwer zu finden und die Ansteuerung bedarf keiner weiteren Erläuterungen. Vor der Zufahrt ist es allerdings sehr flach. Zur Zeit (April 2022) befinden sich in der Einfahrt mehrere unscheinbare, weiße Bojen, die man einlaufend an steuerbord lässt. Jenseits der Bojen ist die Zufahrt versandet. Am besten erkundigt man sich vor der ersten Ankunft telefonisch oder notfalls auf Funk (Kanal 74) bei dem Marinabüro, ob und was bei der Einfahrt zu beachten ist. Besonders bei Starkwinden aus Ost und Südost können vor der Einfahrt grobe Grundseen stehen. Dann ist ein Ein- und Auslaufen nicht möglich.

Ansonsten ist die Marina absolut sicher gegen Starkwind und Sturm aus allen Quadranten.

Bei besonderen Wetterlagen kann der Wasserspiegel im Hafen bis zu einem Meter sinken und gleich drauf wieder steigen. Das spielt sich innerhalb kurzer Zeit, teils innerhalb weniger Minuten ab, und führt zu entsprechenden Strömungen im Hafen. Dennoch sind die Liegeplätze auch unter derartigen Bedingungen sicher.

Im Hafen gibt es fünf Unterwasserquellen (Süßwasser). Diese bewirken mitunter überraschende Sedimentverlagerungen.

Liegeplätze

Zahl der Liegeplätze:      700, andere Quellen geben 800 an.

Zahl Gästeplätze:             nicht definiert. Es gibt Plätze, solange Plätze verfügbar sind.

Bei Starkwindlagen suchen auch Fischer im Porto Turistico Schutz. Sie liegen in der Regel am westlichen und am nördlichen Pier längsseits. Am westlichen Pier gibt es auch eine Handvoll fester Fischerliegeplätze, dort liegen die Boote mit dem Heck zur Pier an Murings.

Der Porto Turistico bietet relativ viel Liegeplätze für größere Boote bis 18 m, die größten Liegeplätze sind für Yachten bis 55 m vorgesehen. Man liegt mit dem Heck zur Pier an absolut sicheren und regelmäßig kontrollierten und gut unterhaltenen Murings. Die individuellen Liegeplätze haben genügend Breite, so dass für jedes Boot ausreichend Platz besteht.

Die Wassertiefe im Hafen variiert zwischen 2,5 und 5 m. Unmittelbar nördlich des östlichen Endes des Stegs H (Übersichtskarte auf der Internet-Seite der Marina) befindet sich zur Zeit ein extremes Flach von weniger 1 m Wassertiefe, hier soll auch ein Stein- oder Betonblock auf unschuldige Boote lauern.

Alle Liegeplätze sind mit Strom und Wasser ausgestattet. Beides in der Regel mit ausreichenden Kapazitäten. Aufgrund technischer Probleme des Versorgers gab es im April und Mai 2022 allerdings Engpässe bei der Wasserversorgung. Das Wasser ist derzeit sehr kalkhaltig. Es ist geplant, den Porto Turistico zukünftig an die Wasserversorgung von Marina di Ragusa anzuschließen. Das mindert möglicherweise den Kalkgehalt und vermeidet die aufgetauchten Probleme.

Der Porto Turistico bietet vergleichsweise günstige Preise für die Wintersaison. Zur Zeit findet ein Eigentümerwechsel statt. Zukünftig werden Strom und Wasser extra berechnet. Das ist verstehbar und vernünftig, da sowohl die Gastlieger als auch die Inhaber von Dauerliegeplätzen ganz schön viel verbrauchen: Z. B. durch Heizen mit Strom oder exzessives Waschen der Boote. Auch gibt es Eigner, die das Leitungswasser durch Osmosefilteranlagen laufen lassen. Das bedeutet, das rund 85% des entnommenen Wassers in das Hafenbecken geht, nur der Rest wird an Bord verbraucht. Ziemlich unsozial und wenig umweltbewusst, besonders wenn Wassermangel herrscht. Es gibt im Winter unterschiedliche Preise, gestaffelt nach Wochen, Monaten und der gesamten Wintersaison.

Service

Freundliches, sehr hilfsbereites, vor allem engagiertes und kompetentes Personal. Die Marineros checken regelmäßig die Murings und Festmacher und korrigieren diese bei unbesetzten Booten, wenn erforderlich.

Im Hafen gibt es beim Marinabüro einen Aufenthaltsraum, einen Selbstservice-Waschsalon, einen Geldautomaten und einen Auto- und Roller-Verleih.

Der Hafen wird von einem WiFi (schwach) abgedeckt.

Facilities (Toiletten und Duschen) befinden sich in zwei Gebäuden, relativ weit weg von den zentralen Pontons. Deren Zustand ist zur Zeit eher bescheiden. In den letzten Wochen der laufenden Wintersaison gab es recht häufig vorübergehende, kurzzeitige Unterbrechungen der Wasserversorgung (vgl. o.).

Am Ende der westlichen Mole befindet sich eine Werft, CMR Cantiere Navale, auf der man angeblich ab kommenden Jahr auch selber am Boot arbeiten darf. Das war bisher nicht gestattet. Der Travellift kann Boote bis 160 Tonnen und 25 x 10 m heben, ist also breit genug für die meisten Katamarane.

Wir wissen nicht, ob es aufgrund des aktuellen Eigentümerwechsels auch zukünftig so sein wird, aber die Leitung der Marina organisiert bisher mehrere Feiern und Events im Laufe der Winterzeit. Gelegentlich unter Beteiligung der Restaurants auf dem Marinagelände.

Angebote in der unmittelbaren Umgebung

Ein kleiner Yachtausrüster, Vela Latina, liegt nur wenige Gehminuten entfernt. Daneben befindet sich ein kleiner Ableger des Eurospar, der aber nur in der Saison geöffnet hat. Während unserer Zeit war er stets geschlossen.

Am Ortsrand gibt es den Segelmacher SiSails. Metallarbeiten, insbesondere Edelstahlarbeiten, erledigt La Rosa Metalli mit Hauptsitz in Ragusa und Ableger in Marina di Ragusa. Die Werft CMR Cantiere Navale, am Ende der westlichen Mole bzw. Kaianlage gelegen, ist unter anderem Vertragspartner für Raymarine, Schenker (Wassermacher), Climma (Klimaanlagen), Mastervolt (Elektrik), Volvo Penta und Onan. Ansonsten sind die Mitarbeiter des Marina-Büros sehr bemüht, zu helfen, wenn es irgendwelche Probleme oder Bedürfnisse gibt.

Östliche Seite des Porto Turistico. In den flachen Gebäuden hinter den Yachten befinden sich die Restaurants.

An der östlichen Hafenkante befinden sich mehrere Restaurants, die zum größten Teil auch im Winter geöffnet haben. Für die Wintergäste des Porto Turistico machen die Restaurants teils Spezialangebote, z.B. Weinproben, themenbezogene Menü-Angebote oder sie geben auch mal einen pauschalen Rabatt. Weiter befindet sich dort ein Friseur und mehrere kleine Modeshops. In der Saison ist die Hafenmeile sehr belebt, besonders an Wochenenden. Das Mercato del Porto mit einem unscheinbarem Schild „bakery“ im Fenster bietet auch Brot und Gebäck für den Außer-Haus-Verkauf an, Brot frühestens ab 09:00 Uhr.

Marina di Ragusa

Der Porto Turistico liegt nur wenige Fußminuten vom Ortszentrum entfernt. Gleich östlich der Marina beginnen die lokalen Strände, an denen sich bei geeigneten Wetterlagen im Winter zahlreiche Surfer (Wellenreiter) tummeln. Ab Mitte Frühjahr belebt sich die Stadt mit Touristen und das Strandleben erwacht. Zugleich öffnen viele der im Winter nicht bewirtschafteten Bars, Cafés und Restaurants sowie Shops. Dazu kommen immer mehr Straßenhändler. Der Ort ist übrigens Seebad, besitzt aber nur wenige alte Gebäude im Ortskern. Der Rest der Bebauung ist jüngeren Datums und ohne besonderen Reiz.

Im Ort drei/vier Supermärkte: ARD, MD, Eurospar und Cash & Carry, letzterer mit eingeschränkter Zugangsberechtigung, was sich aber offenbar einfach umgehen lässt. Alle recht gut per Fahrrad erreichbar. Im Ortszentrum befinden sich ein Bäcker und ein Schlachter, letzterer unmittelbar am zentralen Stadtplatz. Etwas versteckt ein kleiner „Landhandel“, die Ferramenta A.E.G. Carnemolla, ein Laden, in dem es alles gibt. Von der Farbe, über Kitsch bis hin zu Werkzeug, Elektrobedarf, Installationsbedarf und mehr. Wenn man Glück hat, bekommt man hier überraschenderweise das, was man hier niemals erwartet hätte und schon seit langem sucht.

Zahlreiche Cafés, Restaurants, Gelaterias. Die nächstgelegene Pizzeria, AmalaPizza, befindet sich gleich „oberhalb“ des Hafens, eher ein Takeaway als eine Pizzeria, aber sehr gut.

Kulinarisch ist anzumerken: Es gibt im Ort an der Flaniermeile ein Sterne-Restaurant sowie zwei sehr gute Fischrestaurants, das Marisco und das Delfino. Gut gefallen haben uns auch das Frangipani, das Fresco é Botega, das Pitamaki (für Freunde des brasilianisch angehauchten Sushi), und das Calamanca, alle vier direkt am Porto gelegen.

Auf dem zentralen Platz beginnt das Leben. Im Sommer ist es hier brechend voll und entsprechend lebhaft. Im Winter eher ruhig und beschaulich.
Mit beginnendem Frühling beenden die Bars, Cafés und Restaurants, die es in den Nebenstraßen gibt, und nicht nur die, ihre Winterruhe. Doch keine Sorge, auch im Winter gibt es ausreichend kulinarische Angebote.
In Marina di Ragusa gibt es nur wenig alte Gebäude. Hier eins der schönsten.
Dennoch lassen sich mit etwas Geduld stets aufs Neue reizvolle Motive finden.

Zur näheren und weiteren Umgebung

In der Wintersaison gibt es ausgesprochen günstige Mietwagen bei den Vermietern am Flughafen Catania. Die Preise schwanken in Abhängigkeit von der Mietdauer und dem Zeitraum. Es ist durchaus möglich, im Winter Kleinwagen für Tagespreise deutlich unter 10,- Euro zu bekommen. Am Besten über Internetdienste buchen. Von Marina di Ragusa gibt es zweimal täglich eine Bus-Direktverbindung zum Flughafen, sei es, um einen Flug zu erreichen, sei es, um einen Mietwagen abzuholen.

In der ganzen Umgebung gibt es eine Vielzahl interessanter Wanderwege und Spazierrouten. Freunde des Naturerlebens können hier ungeahnte Entdeckungen machen. Die nächstgelegenen befinden sich bereits östlich des Ortes, in einem Landschaftsschutzgebiet. Und in einem Radius von zwei Autostunden wird man gar nicht alle Möglichkeiten ausnutzen können.

Ragusa, der Regionalhauptstadt, bietet diverse große Supermärkte, einen großen Baumarkt (Tecnomat) usw. In Catania gibt es darüber hinaus zwei größere Schiffsausrüster und Eisenwarenhändler sowie ausgesuchte Feinkost- und Weinläden.

Ebenfalls in einem Radius von bis zu zwei Pkw-Fahrstunden ringsum warten zahlreiche Städte mit historischen Ortskernen, antike Stätten und mehr auf Besuch. Hier nur eine kleine Aufzählung – es ist halt Sizilien:

  • Barockes Weltkulturerbe (Städte): Caltagirone, Militello Val de Catania, Ragusa, Catania, Noto, Scicli, Modica, Palazzolo Acreide
  • Nekropole von Pantalica
  • Syrakus (gemeinsam mit der vorgenannten Nekropole ebenfalls Weltkulturerbe)
  • die antiken Stätten von Agrigent
  • Büffelfarm (Agriturismo Hazienda Magazzé)
  • mehr als tausendjährige Ölbäume
  • u.v.m.
Noto
Noto
Scicli, das Theater in der Karnevalszeit
Scicli
Catania ist nicht nur wegen des barocken Erbes ein Muss, sondern auch wegen der lebhaften, zeitgenössischen Kulturszene. Hier ein Ausschnitt einer (abgelegenen) Fassadengestaltung.
Uralte Olivenbäume

Sonstiges

Im Winter entwickelt sich im Porto Turistico di Marina eine lebhafte, international bunt gemischte Segler-Community. Dies ist sicherlich die bemerkenswerteste Eigenschaft dieses Hafens als Winterliegeplatz. Das führt zu umfangreichen Aktivitäten und Angeboten:

  • gemeinsamer Einkauf beim Ökolandwirt (Veggie day)
  • gemeinsamer Marktbesuch (Dienstag)
  • gemeinsame Ausflüge
  • gemeinsame, geführte Wanderungen
  • Sportgruppen
  • Yogagruppen
  • gemeinsame Feste und Feiern
  • Happy-Hour bei einer der hafennahen Bars
  • Spezialangebote der benachbarten Restaurants
  • reger Austausch über WhatsApp und Facebook
  • Flohmarkt
  • u.v.m.

Auch für Segler mit Kindern ist der Porto Turistico von Marina di Ragusa eine gute Wahl. In der Regel überwintern hier jedes Jahr mehrere Boote mit Kindern an Bord. Für die ist das gemeinsame Leben im Hafen ein stetes und unbändiges Abenteuer.

Spaziergänge und Wanderungen sind schon am Rande von Marina di Ragusa möglich. Hier im östlich an die Gemeinde grenzenden Landschaftsschutzgebiet.
Fast schon Wildnis pur.
Es gibt in der näheren und weiteren Umgebung ungezählte Ziele für die Wanderungen.
Gruppenwanderung
Das ist ein Markttag bzw Marktbesuch für die Bordfrauen, hier als Kleingruppe unterwegs. Aber wo ist der Markt??? Vielleicht ist dies ja auch eine After-Markt-Party??? Rätsel über Rätsel.

Schattenseiten

Marina di Ragusa wird im Winterhalbjahr häufig von Winden aus der Sahara betroffen, die eine erstaunliche Sandfracht mitbringen. Die Folge ist, dass die hier liegenden Boote entsprechend eingesandet werden und regelmäßig, aber spätestens vor dem frühsommerlichen Aufbruch kräftig geputzt werden müssen.

Mit Beginn der Sommersaison intensiviert sich das Leben in den Bars und Restaurants am Hafen. Dies führt an Wochenenden zu reichlicher Musikbeschallung, die schon mal bis weit in die Nacht anhalten kann. Davon sind glücklicherweise (oder unglücklicherweise, je nach Liegeplatz) nur die nahe der Ostpier liegenden Boote betroffen.

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An dieser Stelle wollen wir diesen Beitrag ganz anderer Natur beenden. Es sei allerdings verraten, dass wir den ersten kleinen Törn des Jahres bereits hinter uns haben. Ganz heimlich und inkognito, da unser AIS wegen eines GPS-Rollover-Problems nicht mehr gesendet hat. So waren wir – sofern nicht in echter Sichtweite – weder für andere Schiffe sichtbar, noch auf Systemen wie Vessel Finder, Marine Traffic oder ähnlich. Auf Malta und auf Gozo haben wir uns in den vergangenen Tagen etwas herumgetrieben. Doch dazu später.

Euch erst einmal alles Gute,

Martin und Anke

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