
Von Marina di Ragusa nach Bremen – Tagebuch vom 09. bis 29.11.2021

Die ersten Wochen in Marina di Ragusa liegen hinter uns. Sie sind nur so gerast, und dabei haben Anke und ich so gut wie nichts außerhalb des Hafenkreises und des Ortes unternommen. Ein kleiner Ausflug mit Andrea und Michael nach Ragusa und Umgebung und einer nach Noto (nur Anke, da ich das gute Wetter ausnutzen wollte und gerne auch freie Bahn für den Einbau der neuen Heizung wünschte). Ein nachmittäglicher Fahrradausflug ins nahe gelegene Landschaftsschutzgebiet kann noch erwähnt werden.




Wie nicht anders zu erwarten, lag das natürlich an der umfangreichen Tu-was-Liste, von der bislang nur ein kleiner Teil abgearbeitet ist. Echte Großtaten waren der bereits erwähnte Einbau der neuen Dieselheizung – fast vier halbe Tage Arbeit, wobei die meiste Zeit das Ziehen der alten und Verlegen der neuen Kabelbäume und der Dieselleitung beansprucht hat – und der zweimalige Tausch der Bilgepumpe. Nach dem Ausfall der seit zwei Jahren tätigen Bilgepumpe hatten wir die noch aus Zeiten des Vorbesitzers stammende, in der Bilge schlummernde Reserve-Bilgepumpe eingebaut. Sie arbeitete anständig drauf los und die Freude war groß. Leider gab die Membran dieser Pumpe nach einer Woche auf. Wir waren erneut freudig überrascht, wie man sich denken kann. Glücklicherweise hatte Paul von der gegenüberliegenden Amel 50 eine Ersatzmembran, die er uns selbstlos anvertraute. (Wie praktisch, dass Amel seit Jahrzehnten die gleichen Pumpen verwendet, da passen die Ersatzteile über Bootsgenerationen hinweg.) So war das Problem nach ein paar Stunden geregelt. Paul warnte noch vor fummeligen Schwierigkeiten beim Zusammenbauen, die dem etwas sonderlichen Design der Pumpe geschuldet seien, aber wir hatten Glück und es scheint, dass wir die Aufgabe auf Anhieb gelöst haben. Anke hat derweil in einem heroischen, sich über Tage hinziehenden Kampf alle Schoten und die Backstagen gewaschen.



Auch wenn die Zahl der in der Marina lebenden Menschen sich wegen der bevorstehenden Weihnachtstage etwas ausdünnt, es gibt noch immer genügend gesellschaftliche Aktivitäten, die zuverlässig verhindern, dass man in den „Bootsprojekten“ untergeht. Dabei sind nicht nur die Segler selbst aktiv, auch die Geschäftsführung des Hafens sowie die Restaurants der Umgebung beteiligen sich mit interessanten Angeboten. Eine kleine Auswahl:
- Potluck auf dem Zentralsteg (Segler)
- vorweihnachtliche Stegfeier, veranstaltet durch den Porto Turistico gemeinsam mit Restaurant Calamata (freies Essen, freie Getränke, Weihnachtsmann für die Kinder)
- Thanksgiving-Party an unserem M-Steg (Segler)
- Drei-Gänge-Dinner mit Verkostung sizilianischer Weine (Restaurant Calamata)
- Thailändisches Drei-Gänge-Abendessen zum Sonderpreis (Restaurant Frangipani)
- dazu kommen zahllose Einladungen und Gegeneinladungen der Crews untereinander, meist zum Abendessen, aber auch mal zu Kaffee und Kuchen
- und die neue digitale Welt ermöglicht Dinge, die vor kurzer Zeit den meisten von uns noch gar nicht präsent waren, so besuchten und besuchen wir die Online-Seminare des Trans-Ocean e.V. und genossen auch ein fesselndes Live-Konzert der Berliner Philharmoniker.




Für den 16.12. war ein erneuter Flug nach Deutschland geplant. Drei Tagen vor dem Datum hatten uns Ingrid und Peter bewirtet, danach Hans-Jürgen und Birgit, damit wir an den Tagen vor dem Abflug nicht zu viel andere Dinge um die Ohren haben. Den letzten Abend verbrachten wir mit Paul und Karen von der Calista bei einem Japaner. Dann hieß es nur noch frühstücken, mit dem Mietauto zum Flughafen von Catania fahren, Auto abgeben, in den Flieger steigen … Das Mietauto, einen niedlichen Fiat 500, hatten wir uns geleistet, da wir den für 8 Euro am Tag bekommen konnten. Da braucht man nicht lange nachdenken, denn bei dem Preis überwiegt der praktische Nutzen.
Der große Schreck kam zwei Tage vor dem Flug. Wir erhielten von Bord des letzten Fliegers, der an diesem Tag noch abgehoben hatte, die Nachricht: Der Ätna ist aktiv und spuckt Asche, der Luftraum über Catania ist gesperrt! Ein Tag später wurde anscheinend wieder geflogen. Wir waren gespannt, wie die Lage am 16. sein würde. Und beschlossen: Wir werden einfach hinfahren und nachschauen. Am Abend des 15. erfuhren wir aus heiterem Himmel, dass die italienischen Gewerkschaften für den 16. und 17. einen Generalstreik ausgerufen hatten. Das war fast nicht mehr zu fassen. Wir sind trotzdem nach Catania gefahren, der Wagen musste ja eh abgegeben werden. Und stellten erfreut fest: Der Flieger fliegt.




Fast schon unglaublich, aber alles lief perfekt. Die Flüge waren pünktlich. Vom International Airport Bremen kamen wir problemlos nach Worpswede und schlossen um 23:00 die Wohnungstür auf. Am nächsten Morgen sprang der ursprünglich für ein Jahr eingelagerte Wagen nach Anklemmen der alten Batterie problemlos an, und wir konnten ihn auch termingerecht wieder zulassen. Nach viel Recherche und Fragen an Freunde ist es uns schließlich auch noch gelungen, heute am 18. eine Booster-Impfung bei Ikea zu bekommen. Zu was das schwedische Möbelhaus so alles gut ist. Genau genommen, ist es ein Arzt aus der Umgebung, der die Impfungen vornimmt, aber Ikea Brinkum stellt einmal in der Woche die Räumlichkeiten zur Verfügung. Das muss man anerkennen, und daher benennen wir hier auch den Namen. Und jetzt geht es ab zum Weihnachtsmarkt in Bremen und zum ersten Glühwein.
Nebenbei haben wir es hinbekommen, das letzte Tagebuch zu verfassen, dass unsere Reise bis zur Ankunft in Marina di Ragusa beschreibt. Wer es lesen will, klickt auf den farbig hervorgehobenen Textabschnitt. Mit der Ankunft in Ragusa ist eine Tagebuch-Pause verbunden, da wir vorerst recht stationär leben werden. Andererseits rechnen wir dennoch mit einer Fülle spannender und interessanter Erfahrungen und Erlebnisse. Die werden bis auf weiteres im Blog erscheinen. Das Tagebuch lebt wieder auf, wenn wir von Marina di Ragusa aus aufbrechen, also im kommenden Frühjahr.
Gespannt auf den morgigen Tag wartend grüßen Euch vorweihnachtlich bzw. adventlich
Anke und Martin