Kunst, Kultur, Architektur – Porto und Lissabon

Kunst, Kultur, Architektur – Porto und Lissabon

Das MAAT – Museu de Arte, Arquitectura e Tecnologia – in Lissabon ist ein architektonischer Leckerbissen, entworfen von der britischen Architektin Amanda Levete. Wenn man so davorsteht, denkt man unwillkürlich, es ist eine Reminiszens an Oscar Niemeyer, die Detailgenauigkeit und Qualität der Bauausführung sind allerdings erheblich besser. Anke besteigt gerade das begehbare Dach, um von dort die gebotenen Ausblicke zu genießen.

Bereits in Porto waren wir zur Auffassung gelangt, dass man in dieser faszinierenden Stadt eigentlich ein, besser zwei Wochen verbringen müsste. Und das nicht nur des Portweines wegen. Wieso wollen wir die Küsten entlang hetzen, wo wir uns doch bereits entschieden haben, eine Mittelmeerrunde einzulegen und erst Ende 2022 über den Teich zu gehen? (Bis dahin sollten alle Corona-Unwägbarkeiten doch Geschichte sein.) Dennoch, wir wollten weiter. In einem kleinen Schlag über Nacht sind wir von Porto nach Cascais gesegelt.

Noch ein bisschen Rückblick auf Porto: Aussicht von der unteren Etage der Brücke über den Douro auf die alten Viertel neben der Brücke.
Dachlandschaften Portos. Zugegeben, vieles verfällt, aber an vielen Stellen wird erhalten und wieder aufgebaut. Die Stadt hat jedenfalls einen unvergleichlichen Charme, und die Lebensqualität ist – olalá – wie der Franzose genießerisch sagen würde. (Die Französin auch, übrigens)
Neben der großen Kunst und Kultur kommt auch die Alltagskunst und der fast alltägliche Genuss in Porto nicht zu kurz. Wie der Zufall oder die Gunst der Stunde es wollten, wir nahmen es, wie es kam, landeten wir ausgerechnet bei Churchill’s. Etwas abgelegen, und der schmucklose und unromantische Empfangssaal ließ Schlimmes befürchten. Ach wir Ahnungslosen! Wir waren bei einer der renommiertesten Portweinkellereien überhaupt gelandet, was wir aber zunächst gar nicht wussten.
Olalá – mehr ist nicht zu sagen

Freunde hatten uns zuvor von den jüngsten Orca-Begegnungen berichtet. Anke hat dann auf einschlägigen Seiten recherchiert und festgestellt, dass z. Zt. alle aktuellen Orca-Sichtungen nach wie vor aus dem Bereich der Straße von Gibraltar und der Algarve-Küste stammen. Auf unserer Etappe war daher voraussichtlich nichts zu befürchten. Bei den Orcas, die die Seglerwelt in den letzte Monaten in Unruhe versetzen, scheint es sich um eine relativ gut abgrenzbare Gruppe zu handeln. Wen die Thematik interessiert, und wer sich über die aktuelle Situation informieren möchte, der schaut am besten auf die Seite https://www.orcaiberica.org/ nach.

Die Nacht auf See, die die Etappe Porto – Cascais erforderte, war mal wieder erschreckend kalt. Hier ein Teil von Martins Nachtequipment: Schweres Ölzeug, Faserpelz, zusätzliche Decke für die Beine. Nicht auf dem Foto, aber doch im Einsatz waren auch noch Mütze und Handschuhe. Irgendwelche Aufschneider haben uns irgendwelche Fantasiegeschichten von 40° C in Griechenland geschildert. Bei unseren Realitäten erscheint das reichlich unglaubwürdig.
Immerhin, der Wind kooperiert und unser Gennaker sorgt für ruhige, aber stetige Fahrt.

In Cascais haben wir uns zunächst auf den Ankerplatz verholt. Etwas schwierig erwies es sich allerdings, mit dem Dinghi anzulanden. Nirgends war ein Beiboot eines armen Ankerliegers gerne gesehen. Wir hatten das Glück, dass wir aus Pfiffen und Zurufen einiger junger Männer am Fischer-Kai erkannten, dass ihnen ein Fußball ins Wasser gefallen war und davon trieb. Selbstverständlich haben wir den Ball gerettet, und ebenso selbstverständlich war danach klar, dass wir unser Dinghi am Fischer-Kai belassen konnten.

Unser Landgang führte uns zuerst zur Marina. Die sah auf den ersten Blick gegenüber 2009 erschreckend vernachlässigt aus. Andererseits wurde allerorten gebaut und modernisiert. Möglicherweise sind zahllose der alten Geschäfte Corona-bedingt in die Insolvenz gegangen, aber es gibt erkennbaren Aufbruch. Bald wird es wieder top aussehen. Etwas überrascht haben uns die hohen Preise der Marina. Trotz all der aktuellen Schwächen wird ordentlich zugelangt. Eine Nacht hätte uns rund 86 Euro gekostet, da bleiben wir lieber vor Anker.

Für Überraschung am Ankerplatz sorgte dann der Generator. Er war bereits in Camarinas mehrmals nach 20 bis 30 Minuten mit der Fehlermeldung „Mangelnder Öldruck“ ausgestiegen. Martin hatte daraufhin den Ölstand kontrolliert und Öl aufgefüllt. Danach stieg er sofort aus. Fehlermeldung: „Mangelnder Öldruck“. (???!) Der Skipper freut sich, es ist immer was zu tun.

Angekommen in Lissabon. Auch hier wieder eine eindrucksvolle Brücke mit zwei Ebenen: oben eine sechsspurige Autobahn, dadrunter die Gleise der Eisenbahn. Das absolut Ungewöhnliche: Die Brücke ist gewissermaßen halbtransparent. Die Straßenfahrbahn besteht aus einer Art Gitterrost, und die Zwischenräume der Eisenbahnbohlen sind ebenfalls nur Luft. Von unten kann man die Fahrzeuge und Züge vorüber huschen sehen!
Unsere Klappfahrräder werden die beliebtesten Fortbewegungshilfen in der Stadt.
Ein absolutes Must Go war der Besuch des Aquariums in Lissabon. Nicht gerade günstig, aber man muss einfach da gewesen sein. Es gibt nur wenige Einrichtungen, die dem gleichen. Am ehesten noch das Aquarium in Boulogne.
Ein riesiger Mondfisch schwabbert hier herum. Auf unserer letzten Reise haben wir öfter die merkwürdig paddelnden Flossen eines Mondfisches gesehen, aber wir wussten seinerzeit nie, was wir da gerade sahen.

Nach einigen Überlegen sind wir daher den Tejo hinaufgesegelt. Beim Doca de Alcântara haben wir gar nicht erst lange per Telefon oder Funk nachgefragt, sondern sind einfach rein. Was auch gut war. Man hätte uns sonst wegen Baggerarbeiten möglicherweise abgewiesen. Aber wenn man schon mal da ist, finden sich stets Möglichkeiten, so auch in unserm Fall, und wir konnten bleiben. Was uns sehr freut, denn wir waren schon 2004 mit Just do it hier. Und zur besonders großen Freude gibt es auch heute noch wie damals den guten Carlos. Den Freund der Gastlieger. Carlos tauchte am Sonntag-Abend gegen halb neun auf und nimmt zwei unserer Gasflaschen mit. Er kennt Mittel und Wege, sie aufzufüllen. Und die nutzen wir gerne.

Kunst gibt es in Lissabon allerorten. Anke posiert hier auf meine Anregung hin zwischen ein paar metallenen Plastiken. Um was es hier eigentlich geht, haben wir erst einen Tag später erkannt, als wir den gleichen Platz in entgegengesetzter Richtung querten. Etwa 50 Meter entfernt stand eine ganze Reihe dieser Figuren, aber in ganz anderer Haltung. Und diese drei hier grüßen nicht freudig mit erhobenen Armen, wie wir in unserer Unwissenheit annahmen, sondern es handelt sich um drei unglückliche Gesellen unmittelbar vor ihrer Exekution. Wer das Bild von Francisco Goya (El tres de mayo de 1808 en Madrid) kennt, versteht das Motiv. Die erwähnten Plastiken, die diesen dreien gegenüberstehen, sind die Zuschauer bei dieser öffentlichen Hinrichtung.
Ein winziger Ausschnitt aus dem unglaublichen Fassadenschmuck des Hyronimus-Klosters (Mosteiro dos Jerónimos), stellvertretend für die Kunst der vergangenen Jahrhunderte, die die Stadt prägt. Na gut, das ist nur ein prägender Aspekt, denn …
… es gibt auch andere.
Es ergab sich halt so. Wir hatten in Lissabon nicht unbedingt Vincent Van Gogh erwartet, aber da die Ausstellung zu seinem Leben nun mal fast vor unseren Füßen gastierte, ließen wir sie auch nicht aus.

Sonst bleibt nur festzuhalten, dass Lissabon ein Mekka der Kunst, der Architektur und der Technologie ist, wie es der Innenarchitekt benennt, der uns am Ufer des Tejo zwei Caipis serviert. Und das heißt, man könnte hier problemlos ein, zwei, drei oder mehr Wochen verbringen. Kommt einem irgendwie vertraut vor.

Auch über Lissabon sind wir mittlerweile hinaus. In einem flotten Schlag sind wir inzwischen nach Lagos gelangt. Hier schließt sich für uns ein kleiner Kreis. Lagos und die benachbarte Bucht von Alvor waren für uns in 2004 die Stätten, an denen wir dem Zwang des ständig Vorwärts-Müssens entkamen und zum ersten Mal längere Zeit an einem Ort verbrachten. Und zum ersten Mal die Überzeugung gewannen, dass unsere damalige Entscheidung, zu einer wirklich großen Reise aufzubrechen, als eine richtige Entscheidung anzusehen.

Es grüßen Euch aus dem heute sagenhafte 30° C warmen Lagos – wir wollten an derartiges gar nicht mehr glauben –

Anke und Martin

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