Über die Biskaya

Über die Biskaya

Meer soweit das Auge reicht. Eine walzenförmige Wolke, die man vor der südamerikanischen Küste Cigarra nennen würde, und die meist heftigen Wind ankündigt. In unserem Fall löst sie sich freundlicherweise auf und lässt uns in Ruhe. Die Biskaya-Querung liegt hinter uns.

Wir hatten uns wegen der Windverhältnisse auf der Biskaya und nach einigen weiteren Überlegungen entschlossen, auf St. Martin de Ré zu bleiben und dort auf den zweiten Impftermin zu warten. Am Abend vor dem Termin sind wir per Bus nach La Rochelle gefahren, wo uns Julien und Ellie bereits an der Haltestelle erwarteten. Wir verbrachten gemeinsam einen wunderbaren Abend am Kai vor den Türmen, aßen Pizza, tranken Wein und genossen den Blick auf die sinkende Sonne. Etwa so, wie man sich das Leben in Frankreich klischeehaft vorstellt. Und dann hielt hinter uns ein Auto. Erst hatten wir es gar nicht richtig registriert, aber in weißen Lettern auf blauem Grund stand Police municipale. Eine Polizistin und ein Polizist stiegen aus, und dann wurde es spannend. Wir verstanden nur die Hälfte, aber Julien und Ellie logischerweise alles. Vor allem den Katalog der von uns begangenen Frevel:

  • Aufenthalt in der Öffentlichkeit um 21:30 Uhr. Die Sperrstunde beginnt um 21:00
  • Trinken von Alkohol in der Öffentlichkeit (in Corona-Zeiten untersagt)
  • Aufenthalt in der Öffentlichkeit ohne Maske

Der Bußgeldkatalog war dagegen knapp: 270,- Euro. Schluck. Allerdings pro Person. Also 1.080 Euro insgesamt. Nochmal Schluck. Ellie und Julien hatten bereits während der Predigt angefangen, unsere sieben Sachen zusammen zu packen und äußerten eine Entschuldigung nach der anderen. Auch bekundeten sie unser allgemeines Bedauern über unsere Versäumnisse.

Schließlich verhielt sich die Polizistin generös und ließ uns unter Verzicht auf die Einnahme für das Stadtsäckel von dannen ziehen. Und wandte sich der nächsten, nicht weit entfernt sitzenden Delinquentin zu.

Ein Piekser für Anke. Die zweite Covid-Impfung ist erledigt.
Per Bus sind wir nach Saint Martin zurückgekehrt. Am letzten Abend schleiche ich mich trotz Ausgangssperre noch mal raus, das Licht ist einfach zu schön. Der Hafen in abendlicher Beleuchtung. Links ganz unscheinbar, unsere Mago.

Nach einem vorsichtigen Karenztag – gibt es Nebenwirkungen oder nicht? – haben wir diesen wunderbaren Hafen Saint Martin verlassen. Der anfangs nette Wind wurde immer schwächer, und die letzte Wetterprognose, die unsere Handys noch auffingen, sagte so ziemlich das Gegenteil der 6 Stunden älteren Prognose vorher. Kein Wind auf der geplanten Strecke. Irgendwie wollten wir aber nicht über die ganze Biskaya motoren und beschlossen, Royan an der Gironde-Mündung anzulaufen. Hier wurden wir freundlich empfangen und genossen eine ruhige Nacht.

Die Nordhuk der Île de Olerón macht uns klar, dass selbst bei mäßigem Wind der Biskaya- bzw. Atlantikschwell einige Power besitzt. Nachdem wir die Huk gerundet haben, ist die offene See erreicht und es soll los gehen. Windmangel führt uns dann allerdings nach Royan.

Der Hafenmeister gab uns am nächsten Morgen ein paar Tipps zur Passage der Gironde-Mündung und legte uns nahe, besser gleich zu starten. Was wir auch taten. So sahen wir uns um 12:00 Uhr schon wieder unterwegs. Der lange Zeit raume Wind schwächelte gelegentlich, was bei dem quer laufenden Schwell zur üblichen Schaukelei und viel Lärm im Rigg führte. Zahlreiche Fischer trugen dazu bei, dass wir keinen ruhigen Kurs steuern konnten. Leider auch des Nachts. Also klapperten und flappten wir durch die ersten Nachtstunden, sehr zur Freude der Schlaf suchenden Freiwache. Später wurde es besser. Wir hatten einen weitausholenden Kurs geplant, um eine windarme Zone zu umfahren, das Zentrum eines kleinen Randtiefs. Nachdem der Wind etwas besser einkam, kürzte Martin den Umweg ein wenig ab, mit der Folge, dass wir das letzte Drittel der Strecke hart am Wind anliegen mussten. Aber das liegt unserem Boot und wir rasten dem Ziel förmlich entgegen. Zu guter Letzt raumte der Wind exakt wie vorhergesagt, und – was wir gar nicht mehr zu hoffen wagten – gelang: Wir konnten bis ins Körbchen segeln, also in die Flussmündung bei Santander. Nach sechsunddreißigeinhalb Stunden waren exakt 205 Meilen zurückgelegt, bei teils sehr schwachen Winden, dann wieder bei steifer Brise. Die Biskaya haben wir zwar noch nicht verlassen, aber irgendwie liegt sie damit doch hinter uns. Grund genug, endlich Gilles Champagner zu köpfen.

Nach einer zeitweise sehr klapprigen Nacht: Anke freut sich über viel Speed und angenehmes Am-Wind-Segeln. Noch wissen wir nicht, dass die letzten fünfzig Meilen schnell, aber auch sehr hackig werden.
Wir nähern uns Santander. Hochnebel statt der erwarteten Sonne machen die Eindrücke etwas gräulich.

Müde aber glücklich und zufrieden grüßen Euch

Anke und Martin

2 Gedanken zu „Über die Biskaya

  1. Moin Ihr Lieben!

    Endlich wieder „richtig“ unterwegs! Freu mich mit Euch dass es weiter geht und das Schiff nun dicht ist.
    Gilles Champagner?!

    Klngt ja fast nach meiner Hausmarke….😂

    Was steckt denn dahinter?

    Wo kriegt man das edle Getränk her?

    Wir hatten gestern Kontakt mit „unserer“ Werft in Barneville-Carteret und planen die Saison am Sa 19.06. nach meiner Zweitimpfung am 18.06. zu eröffnen.
    Euch weiterhin gute Fahrt und schöne Sommertage!

    LG! Stefan Gilles

    MY Nautic, WYC Wiesbaden

    1. Moin Stefan,
      Gilles Champagner ist ein Geschenk unseres zweiten Airbnb-Vermieters in La Rochelle. Ein Veuve Cliquot. Korrekt muss ich schreiben, es ist ein Geschenk gewesen, denn nu isser wech.
      Wir wünschen Euch eine tolle Saison und viel Spaß
      Martin und Anke

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