¡Hasta luego El Hierro!

¡Hasta luego El Hierro!

„Manta, Manta, oder watt läuft hier?“ Noch sagen wir nicht Hasta luego. Erst einmal, wer hätte eine solche Manta-Begegnung auf El Hierro erwartet. Im Wasser vielleicht, aber an Land? Wir stoßen zufällig darauf und verpassen ganz knapp das Ende einer Insel-Rallye und die anschließende Siegerehrung, nicht jedoch die Fahrzeuge.

El Hierro gilt als eher verschlafenes, ausgesprochen ruhiges Inselchen. Man kann das so sehen. Und wenn man das Vergnügen hat, in der Marina La Estaca zu liegen, wird man daran kaum zweifeln. Es gibt ein paar ringsum verstreute Häuschen. Dann das Fährterminal, in dem man immerhin einen tagsüber meistens geöffneten Kiosk antrifft. Und der bietet sogar einen nahezu täglichen Service für frisches Brot. Etwas mehr als 11.000 Menschen leben auf El Hierro, weitgehend verstreut in kleinen Örtchen, etwas dichter irgendwie in der El Golfo-Ebene verteilt und in kleinsten Weilern. Und doch ist die Insel für Überraschungen gut, wie wir schnell merken.

Die Fahrzeuge sind von leidenschaftlichen Privatiers aufgepeppt. Hier das Innere eines rasenden Renaults.
Die Krönung ist allerdings das hier. Wer hätte erwartet, auf El Hierro einen Lamborghini anzutreffen? Und diese Sportschüssel auch noch im Rallye-Trimm? Leider ließ sie sich nicht gut im Bild festhalten, da schon auf dem Hänger.
Anders als die ersten Bilder vielleicht vermuten lassen: Überwiegend erleben wir die Insel als in weiten Teilen einsam und ruhig. Man hört nur den Wind rauschen, hier und da einen Vogel, mal eine Hummel und auch mal ein Rindvieh. Die „Achtung Kühe“-Schilder haben hier im Gegensatz zu allen anderen Inseln wirklich Berechtigung.
Vulkanische Lapilli prägen einige Kuppen und Hänge. Es gibt Fahrspuren auf den vegetationslosen Flächen, doch wir begegnen kaum anderen Wanderern oder Touristen, geschweige denn einem Fahrzeug.
Menschenleere. Spannend ist an jedem unserer Wandertage die Frage, erreichen wir sonnige Höhen oder irren wir im Wolkennebel umher? Manchmal erleben wir beides in beständigem Wechsel. Sonne und nur Augenblicke später Nebel, dann wieder Sonne und wieder Nebel …
Ein scheinbarer Kleingipfel ist erreicht. Gefühlt sitzt Martin am höchsten Punkt am Rande einer Kuppe, die Tenerista heißt und sich später als zweithöchster Gipfel herausstellt. Hoffentlich stimmt´s, sonst werden uns Thomas und Christine was erzählen.
Anke hat dagegen den markierten Höhepunkt bevorzugt.
Wenn die Sicht weiter abnimmt wird es mit der Orientierung ein wenig herausfordernder, …
… doch wir finden die unverkennbare Landmarke. Und damit wissen wir, dass wir uns am Pico Malpaso befinden, mit 1.501 m über dem Meeresspiegel der höchste Punkt der Insel.
Die Landmarke von unten
Die Landmarke ganz unten. Hmm ja, sie scheint nicht mehr genutzt zu werden.
Es nähert sich das Ende unseres Inselaufenthalts. Der letzte Wandertag in den Höhen beginnt feucht.
Überall zeugt die Vegetation von nächtlichem und frühmorgendlichen sehr feuchten Nebeln und Niesel.
Unser Ziel ist eine Runde durch den alten Kiefernwald, hier schlicht als „El Pinar“ bezeichnet. Es ist immer wieder interessant, wie sich die Düfte unterscheiden. Besonders ältere Kiefernwälder stechen mit ihrem Charakter und der Duftintensität heraus.
Und weil wir noch unverbrauchte Energie hatten, ging es noch mal hoch auf einen Mirador. Es gab zwar nicht die Ebene des El Golfo zu sehen, doch der Hoya de Fireba, der unmittelbar unter uns gelegene „Feuerkessel“ war eindrucksvoll genug.
Interessanter noch war der Blick über die Wolkendecke. Der dunkle Rücken dürfte ein Teil des Kamms vom Montaña del Risco sein, der das Golfo-Tal im Nordosten begrenzt. Im Hintergrund zeichnet sich blaß La Gomera ab. Rätselhaft erschien der Umstand, dass die Wolkendecke im Norden der Insel (Foto) deutlich niedriger ruhte als die ebenfalls sichtbare im Süden der Insel. Wir hatten Südwind. Vielleicht spielte das eine Rolle.

An dieser Stelle soll eingeflochten werden, dass in der zweiten Hälfte unseres El Hierro-Aufenthaltes gewisse eingespielte Bordroutinen durch Martins Daumen-Malheur (s. Beitrag vom 27.03.2024) nicht mehr möglich waren. So musste Anke auch die Aufgabe des Koches übernehmen. Das erlöste sie im Gegenzug nicht von der Aufgabe des Abwasches, da Martin mit dem „offenen“ Daumen ja schlecht ins Abwaschwasser greifen konnte. Als kleiner Tipp hier noch so etwas wie Schleichwerbung. Auf jeder Insel der Kanaren, möglicherweise auch andernorts, das haben wir nicht geprüft, gibt es eine Ladenkette, die sich „5 Océanos“ nennt. Dort werden ausschließlich Gefrierprodukte verkauft, und durchweg in guter Qualität. Nicht nur Fisch und Meeresgetier, wie man bei dem Namen erwarten könnte, sondern so ziemlich die ganze Bandbreite, die essbar und gefrierbar ist. Andererseits ist das Angebot nicht überfrachtet. Anke’s Rezeptwunsch für den ersten oder zweiten Kocheinsatz führte daher zu unserem Erstbesuch ausgerechnet in dem kleinen Laden in Valverde, der verschlafenen Hauptstadt El Hierros, und zum Kauf einiger Thunfischschnitzel. Wir waren von dem Laden jedenfalls recht angetan.

Die Thunfischscheiben von „5 Océanos“ sind mit Sesam paniert und werden jetzt schnell beidseitig angebraten – zisch, zisch!
Das Ergebnis: Thunfischscheiben, innen noch roh, so wie es sein muss. Mit Süßkartoffel und Kirschtomaten.

Der letzte Ausflugstag begann mit Hindernissen. Wir wollen das Centro de Interpretación de Parque Cultural de El Julan besuchen, im zweiten Versuch. Anke unterläuft ein kleiner Erinnerungsfehler, und so lotst sie mich – den Fahrer – zur Fuente de la Cruz de los Reyes. Was irgendwie der falsche Ort ist. Kommt davon, wenn man sich auf die Erinnerung verlässt. Nicht weit von hier gibt es glücklicherweise einen zielführenden Abzweig. Allerdings gekennzeichnet als Piste für „4×4 only“. Nun gut, die Piste dürfte vorwiegend abwärts führen, und mit einem Opel Corsa in Sportausführung – tiefer gelegt und röhr, röhr – kann es bei sowas keine Probleme geben – ahnte man ja schon beim Lamborghini – erst recht nicht bei geübten Fahrern, gelle. 😉
In der Tat, die Piste ist ein wenig anspruchsvoll, aber zu meistern. Die Traktion ist kein Problem, schon gar nicht bei einer überwiegenden Bergabstrecke. Auch bergauf wäre es gegangen. Anspruchsvoll sind eher die ausgewaschenen Rinnen und Beulen, die zielgenaues Steuern erfordern. Es gelingt uns in langsamer, konzentrierter Fahrt alle Schwierigkeiten zu meistern und nicht ein einziges Mal aufzusetzen.

Wenige Meter abseits der Piste: Wir sind allein auf weiter Flur in herrlicher Wildnis. Fast. Als wir wegen der dicksten Kiefer ever – geschätzter Stammumfang 8,70 m, schwer zu messen aber anhand des Fotos sicher nachvollziehbar, an einer Engstelle stehen bleiben, kommen gleich drei Pickups einer Vermessungs- und Ingenieurfirma vorbei. Man glaubt es nicht! Danach haben wir unsere Ruhe und bewältigen die noch ausstehenden 7 km der Piste ohne weitere Pobleme.
Unter anderem so etwas hat uns zum Centro verlockt. Alte Ritzzeichnungen der Bimbaches (Reproduktion im Centro de Interpretación de Parque Cultural de El Julan). Zu dem abgebildeten Schuhmotiv ist anzumerken, dass es vergleichbare Motive auch im nordafrikanischen Atlasgebirge gibt, was für die Archäologen ein Indiz ist, dass es eine Verbindung zwischen den vor 2.000 Jahren dort lebenden Stämmen und den Bimbaches, den ersten Siedlern auf der Insel, gibt.
Felsgravuren, ebenfalls zurückgeführt auf die Bimbaches. Aber Überraschung: Wir können die Originale nicht besuchen, das geht nur mit Führung, und heute gibt es keine mehr. (Reproduktion im Centro de Interpretación de Parque Cultural de El Julan)
Also lesen wir uns durch die Ausstellung des Centro, die über vermutete Herkunft und Leben der Bimbaches und das veränderte Leben auf der Insel nach Ankunft der Normannen und Spanier unterrichtet, leider bei sehr schlechter Luft. Gaspar de Fructuoso (1522 – 1591) wird die Weitergabe von Überlieferungen der Ureinwohner der Insel zugeschrieben, wonach diese aufgrund der herausfordernden Lebensbedingungen auf El Hierro ein Gefühl der Gefangenschaft entwickelten und eine Erlösung durch gute Menschen von außerhalb ersehnten. Ob die hier dargestellte Ankunft der Normannen auf der Insel ihren Erwartungen entsprach, lassen wir mal besser dahingestellt sein. (Zeichnung aus der Crónica le Canarien, reproduziert im Centro de Interpretación de Parque Cultural de El Julan)

Sehr überrascht sind wir von einer Ausstellung in eben diesem Centro, dass sich moderner Kunst widmet. Fast schon virtueller Kunst. Aber eben nur fast, denn dieser Ausschnitt aus einem fotorealistischen Bild ist Realtität, allerdings geschaffen von künstlicher Intelligenz. Eines aus einer ganzen Auswahl verschiedenster Motive. Freunde von Jean-Luc Picard erkennen hier zweifellos eine Borg.

Auf dem Rückweg stoßen wir dann sogar auf echte Menschen. An mehreren Orten El Hierros gibt es Gleitschirmstartplätze. Die Aufwinde an den Hängen der Insel erlauben einfache Starts und scheinbar entspanntes Fliegen. Nicht immer, wie wir bei einer harten Landung einer Fliegerin verfolgen können.
Traumhaft ist natürlich das Umfeld. Gleiten mit Teneriffa und dem Teide im Hintergrund.

Eins der großen Probleme für einen Segler, der El Hierro besucht, sind die vorherrschenden Winde. Man kommt gut hin, aber schlecht wieder weg. Zumindest wenn man eine andere kanarische Insel ansteuern will und nicht einfach Richtung Kapverden aufbricht. Es benötigte also etwas Geduld, bis sich passende Windverhältnisse abzeichneten. Am Sonntag, dem 17.03. war es dann soweit. Wir müssten Gomera mehr oder weniger anliegen können. Zunächst stießen wir auf mäßigen Wind. Die Richtung war nicht ganz die angesagte, zusätzlich ärgerte die Strömung (der Kanarenstrom): San Sebastián auf La Gomera ließen sich nicht direkt ansteuern. Der mögliche Kurs wies an den Südzipfel Teneriffas. Geduld war gefragt. Unser Steuerkurs wand sich nach einiger Zeit mal günstiger, mal nicht und der Wind wurde schließlich so schwach, dass wir nach 4 Stunden die Maschine starteten. Etwa 15 Minuten später war er wieder da, der Wind. Und nicht zu knapp. Und er drehte nach wenigen Minuten sehr freundlich nördlicher und erlaubte damit den rechten Kurs. Segeln ist halt immer wieder eine Überraschung!

Anke klariert eine unklar gekommene Fockschot. Man beachte, dass (wir) mal mit Rettungswesten angeplünnt sind. Indiz dafür, dass es zwischendurch etwas windiger war. Bei den Rettungswesten schwächeln wir ja gelegentlich.
Ein kritischer Blick in das Groß und die anderen Segel …
… erfordert etwas Segeltrimm. Kurbel, kurbel. Es soll ja niemand glauben, das ginge alles so einfach und unanstrengend bei uns an Bord.
Unterwegs!
Martin nutzt das warme Abendlicht für ein paar Fotos. Offensichtlich hat Anke das auch genutzt.

Martin und Conny von der Isly meldeten sich irgendwann auf UKW. Sie waren 2 Stunden vor uns gestartet. Aufgrund der inzwischen rauen Bedingungen gaben sie ihr ursprüngliches Ziel Teneriffa auf und steuerten ebenfalls nach San Sebastian. Gegen 14:00 hatten wir sie, da auf direkterem Weg segelnd, übrigens überholt und ein Suchfoto von ihnen geschossen. Um halb sechs lagen wir leicht durchgeschüttelt, aber nun fest und ruhig auf dem uns mittlerweile vertrauten Liegeplatz in San Sebastian am Steg. Conny und Martin tauchten eine Stunde später ebenfalls auf und konnten unmittelbar neben uns einparken. Das freudige Wiedersehen müssen wir nicht extra erwähnen. Oder?

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Mit den Worten von Bert Frisch wünschen wir stete Geduld, denn „geduldiger Skipper hat immer rechten Wind“.

Martin und Anke

Die Isly mit gerefftem Groß und scheinbar auch gereffter Genua. So gerade am Horizont entdeckt und dann mit viel Glück bei der Schaukelei ins Zoom bekommen.
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