Das Wetter hatte Leena, Carsten, Anke und mir ja sprichwörtlich die Planung verhagelt. So brachen wir erst Tage nach der Abreise der beiden auf in Richtung El Hierro. Zuvor verabschiedeten wir uns noch aufs Herzlichste von Vera und Volker, SY MickMoon und hatten auch noch das Glück, von Ute und Dierk, alten Freunden, die gerade auf Gomera Urlaub machten, mal eben besucht zu werden.
Von El Hierro wussten wir nicht viel, außer dass man den Namen mit „der Eiserne“ übersetzen kann – wobei uns bislang verborgen blieb, ob dahinter tatsächlich ein verborgener Sinn liegt – und dass dort gerade mal rund 11.000 Menschen wohnen und dass die Insel kaum touristisch sei. Es gebe nur zwei kleine Häfen, in dem es eigentlich keinen Platz für ein Boot von der Größe Mago del Sur’s gäbe und in dem ansonsten nichts los sei. Als sich ein guter Wind entwickelte, na ja, sagen wir mal für etwa die Hälfte der Strecke von etwa 47,5 Seemeilen, war klar: Wir brechen auf nach El Hierro, zumal der Hafenkommandant telefonisch mitgeteilt hatte, er habe Platz für uns.
Tags drauf. Nach einem dummen Sturz lache ich frisch verpflastert im Cockpit unserer Mago. Noch weiß ich nicht, welche Folgen der kleine Schnitt am Daumen für diesen Tag haben wird.
Sehr spannend war der Ausflug ins sogenannte Ecomuseo. Der kurze Gang in die dortige Lavahöhle brachte nichts Neues, aber der Rest war um so interessanter. Das Museum besteht aus den Resten eines Dorfes, das erst nach einer schlimmen Dürre 1948-1950 endgültig verlassen wurde. Wobei man erwähnen muss, dass die Menschen die Dörfer im El Golfo nur in den Wintermonaten bewohnten, wenn die Bedingungen auf den hoch gelegenen Weideflächen für das Vieh und sie selbst zu unwirtlich waren. Die Häuser des Dorfes repräsentieren die Siedlungsgeschichte vom 15. bis ins 20. Jahrhundert, wobei auffällt, dass grundlegende Änderungen der Lebensbedingungen erst in den jüngsten 80 Jahren stattfanden.
Das Dorf, La Guinea genannt, wurde über einem Gewirr aus Lavatunneln und -höhlen errichtet, die den Siedlern als Lager und als Ställe dienten. In der vorhispanischen Zeit wurden diese Höhlen von den ursprünglich hier siedelnden Bimbaches dagegen als Wohnhöhlen genutzt. Nach den Erläuterungen im Museum lebten diese Bimbaches auf der gesamten Insel in Höhlen, Lavatunneln und Jameos (teilweise eingestürzte Lavatunnel) und repräsentierten das Leben auf der Stufe des Neolithikums, also der Jungsteinzeit. Das ist insofern interessant, als die Wissenschaft heute weitgehend übereinstimmt in der Annahme, dass El Hierro erst in römischer Zeit, nach der Zeitenwende besiedelt wurde. Dabei werden die Menschen vorwiegend aus den römischen Provinzen Mauretania Tingitania, Mauretania Caesariensis und Africa Proconsularis gestammt haben. Darauf deuten archäologische Befunde hin, die Ähnlichkeiten und Parallelen zu Funden aus den afrikanischen Berbergebieten aufzeigen. Wirklich spannend ist aus unserer Sicht jedoch ein ganz anderer Aspekt. Das Römische Imperium war in jener Zeit die führende Zivilisation im vorderasiatisch-europäischen und Mittelmeerraum, die man als entwicklungsgeschichtliches Stadium deutlich jenseits der Eisenzeit auffasst. Die Kultur auf El Hierro hat demgegenüber offensichtlich einen außerordentlichen Rückschritt durchlebt. Man verlor die Fähigkeit der Metallbearbeitung ebenso, wie die Kenntnisse des Schiffbaus und der Schifffahrt.
Anke hat beim Streifzug durch die Reste von La Guinea einen Einblick in eine der vielen unterirdischen Lagerhöhlen entdeckt.
Martin hat dagegen bereits den verborgenen Zugang zu eben dieser Höhle entdeckt – etwas, was eigentlich unter Ankes Spezialfähigkeiten einzuordnen ist – und schaut ihr von unten entgegen.
Auf einem unserer Rückwege statteten wir noch schnell dem Mirador de la Peña einen Besuch ab. Womit wir einem alten Bekannten begegneten – César Manrique. Offenbar hat er auf so ziemlich jeder Insel seinen gestalterischen Fußabdruck hinterlassen. Das bedeutete zugleich, hier kann man etwas essen. Seine Miradore sind fast immer mit einem Restaurant komniniert. Kurzentschlossen buchten wir für den nächsten Tag, einen Sonntag, ein Brunch für vier. Conny und Martin wurden einfach mit eingeplant.
Über den Mirador de Jinamageht’s nach La Peña. Wir genießen einen langen Brunch, der vom Ablauf her die Kombi von Breakfast und Lunch wörtlich nimmt. Einem leichten spanischen Frühstück folgt lückenlos ein Mittagessen. Etwas schräg, da der Kaffee damit gleich zu Anfang kommt, besser wäre nach den Hauptgängen gewesen. Der Sekt hätte dagegen für uns eher an den Anfang gepasst. Nun ja. Lustig, eine kleine Gruppe mit ausgesprochen dominantem und raumfüllendem Auftreten einer lautstarken Chefmatrone. Deutsche. Der Ober signalisiert, diese Auftritte gäbe es bereits seit 20 Jahren!
Nächstes Ziel sind die verwehten Bäume des El Sabinal. Klassische Beispiele von Windschur. Behauptungen, die Bäume wüchsen auch gegen den Wind, entpuppen sich wie erwartet als unzutreffend. Die Bäume richten sich hübsch nach der vorherrschenden Windrichtung aus. Unsere Rundwanderung vom Sabinal über den Mirador de Bascos erweist sich als recht lang und vor allem höhenmeterreich. Conny bekommt Hüftprobleme und mir macht der Kreislauf zu schaffen. Der dumme Finger belastet mich, und möglicherweise auch die Antibiotika.
Damit solle es jetzt soll es auch gut sein, stöhn. Das heißt, es fehlt noch eine Anmerkung zum Titelbild: Anke bewundert die Wolkenschichten im Süden der Insel. Wir befinden uns dort gerade am Abzweig der Straße zur Cala de Tacorón, nahe des Örtchens La Restinga. Zu dem mehr im kommenden Beitrag.
Zur Abwechslung weisen wir mal wieder auf die Widgets hin. Das sind die Schaltflächen neben dem beginnenden Beitrag auf dem PC bzw. ganz unten bei der Auflistung der jüngeren Beiträge auf dem Handy. Da wir ja mit unseren Beiträgen nicht immer topaktuell sind, kann man mit dem oberen Widget checken, wo wir uns gerade tatsächlich aufhalten und sogar feststellen, wie die aktuellen Windverhältnisse bei uns sind. Und mit den anderen beiden Widgets bieten wir entgegen unserer ursprünglichen Absicht immer noch aktualisierte Hintergrundinformationen zur Orca-Problematik.