Gran Canaria inspiradora

Gran Canaria inspiradora

Inspirierendes Gran Canaria! Eine lauschige Nacht mit milden Temperaturen. Wir sitzen mit einer Flasche Wein im Cockpit, von der Dachterrasse des Hotels gegenüber klingt Tom Jobim herüber. Live. Natürlich nicht der Meister, der ist ja leider viel zu früh verstorben, aber eine gute Band mit ausgezeichneter Sängerin. Und alle Restaurants im näheren Umfeld haben ihre sowieso nur sehr dezente Musik ausgestellt. Welch wunderbare Stimmung!

Wir sind ausgesprochen dankbar dafür, wieder ein paar Wochen in Puerto Mogan verbringen zu dürfen. Seinerzeit mit Just do it war die Zeit knapp, wir konnten nicht so viel sehen und unternehmen. Natürlich hat der Ort sich entwickelt, ist gewachsen und es sind mehr Touristen, vor allem auch Tagesgäste hier. Doch der Kern rund um den Hafen unterscheidet sich nicht vom dem in unseren Erinnerungen aus 2004. Diesmal besuchen wir auch das eigentliche Playa de Mogan, die ehemalige Fischersiedlung, die sich unmittelbar nördlich des Hafens an eine Felswand schmiegt. Dort hat sich einiges geändert. Manche würden Gentrifizierung krakeelen, doch man muss anerkennen, dass diese Fischer-Siedlung ohne Engagement Dritter sicher zunehmend verfallen wäre. Heute ist es eine bunte Mischung von alten Häusern, aufgewerteten Häusern, „Pensionen“ und dazwischen gesprenkelten Domizilen von Künstlern und Lebenskünstlern.

Blick vom Mirador Juán Hernández Moreno auf die Marina und das gelegentlich als „Venedisches Viertel“ bezeichnete Quartier Puerto de Mogan. Die Ankerlieger vor der Marina haben zu leiden, denn bei den herrschenden Winden ist das ein sehr rolliger und keinesfalls sicherer Ankerplatz.
Stilvolle Häuser, denen man die Handschrift eines um ein geschlossenes Erscheinungsbildes bemühten Architekten ansieht, und viel Grün und Blütenpracht bestimmen das „Venedische Viertel“.

Überhaupt bestimmen Blüten das Erscheinungsbild Puerto Mogans. Mehrmals täglich sieht man Touristen, die sich vor den Blüten fotografieren lassen. Bei den meisten handelt es sich um Hibiscus-Sorten und Bougainvillen, die an den Gebäuden ranken.

Am kleinen, zentral gelegenen Platz wird häufig musiziert. Insgesamt ist die Atmosphäre zwar touristisch, aber ausgesprochen ruhig, entspannend und harmonisch.

Völlig anders, uneinheitlich, teils etwas abgerockt, dann aber wieder aufgepeppt und „gentrifiziert“, also durch Investitionen wieder lebenswert gemacht, und dazwischen von Künstlern und Lebenskünstlern gestaltet, zeigt sich das ehemalige Fischerdorf Playa de Mogan, dass sich den Hang nördlich des Barranco hinaufzieht. Hier eine farbenfrohe Treppenanlage. Man rätselt, ob dies ein privater Zugang ist oder doch eine öffentliche Wegeverbindung.

Der Hund eines Mosaikkünstlers. Kostet weder Futter noch Tierarzt und scheint immer aufmerksam!
Fassadenausschnitt beim Mosaikkünstler. Um die Ecke gibt es ein Yoga-Angebot. Das spricht doch alles für sich, oder?
Juán Hernández Moreno, wenn wir es richtig verstanden haben zweimal Bürgermeister von Mogan. Mit seinen Visionen half er der Gemeinde Playa de Mogan, die zuvor vor allem vom Fischfang lebte, in den Jahren des Niedergangs der Fischerei über die Krise und entwickelte die Grundsteine für die touristische Entwicklung Puerto Mogans, die sich sehr wohltuend vom Massentourismus an manch anderen Orten Gran Canarias unterscheidet. Weil wir dieses Puerto Mogan so lieben, wollen wir Juán mit dieser kleinen Hommage erwähnen und würdigen. (Original: Foto beim nach ihm benannten Mirador oberhalb von Playa de Mogan, Ausschnitt)

Nahezu unterhalb des ehemaligen Fischerdorfes und dann noch etwas um die Ecke findet sich ein Felsabsatz. Beliebter abendlicher Treffpunkt, um den Sonnenuntergang zu verfolgen, mitgebrachten Wein zu trinken, oder auch nicht, und die abendliche Sonne anzubeten. Wir waren vom Mirador im Zickzack durch das Fischerdorf spontan hierhin gewandert und hatten natürlich nichts Trinkbares mit. Ein freundliches Berliner Ehepaar spendierte uns zu unserer großen Freude eine Dose ihres mitgebrachten Biers. Vielen Dank nochmal.

Vermutlich die Yoga-Lehrerin, die sich hier als Sonnenanbeterin outet. Ooooommm (oder so ähnlich).
Und so eindrucksvoll kann der Sonnenuntergangshimmel aussehen.

Und – natürlich – was wäre sonst zu sagen, unternehmen wir eine Reihe Ausflüge. Es zieht uns gleich als erstes in die Mitte der Insel. Das Zentrum. Die Gegend, in der sich Gran Canarias Gestalt am meisten in die Höhe reckt. Wir müssen geradezu die höchsten Gipfel Gran Canarias besuchen. Es scheint, dass Thomas und Christine hier bleibende Einflüsse auf uns ausgeübt haben. Nach den Gipfeln geht es auch noch in niedere Gefilde. Doch am besten nicht mehr viele Worte, sondern viele Fotos mit Bildbeschreibungen und Erläuterungen. Das soll reichen.

Im Nachbarort Puerto Rico erhalten wir für geringes Geld einen schönen Mietwagen. Und das bedeutet, wir sind gleich drauf unterwegs. Von unserer alten Reise hatten wir schon schöne Erinnerungen. Doch Gran Canaria fasziniert uns heuer noch viel mehr. Man muss sich nur mal diese Straßenführung hier ansehen – genau ansehen! Das ist alles ein und dieselbe Straße. Ein Paradies …
… für Motorradfahrer. Nächstes Mal müssen wir auch mal auf zwei Räder verzichten und uns auf den zwei verbleibenden ins Innere der Insel stürzen. Naja, nicht gerade stürzen im Wortsinn.
Gelegentlich treffen wir auf kuriose Straßenabschnitte. Hier hat die Wiederinbesitznahme seitens der Natur schon deutliche Fortschritte gemacht. Die aktuelle Straßenführung ist nur noch einspurig und ist in den Hang hinein verschoben worden.
Atemberaubende Aussichten
Details im Kleinen

Kanarische Kiefern (Pinus canariensis) liefern zunächst willkommenen Schatten, als wir zum Roque Nublo aufsteigen. Überall in den Felswänden um uns herum befinden sich natürlich entstandene Höhlen, die nicht nur von den frühen Siedlern, den Guanchen – auf Gran Canaria spricht man korrekter von den Canarios – genutzt wurden, sondern vereinzelt bis heute genutzt werden.

Unschwer zu erkennen, wir nähern uns dem Roque Nublo.

Rechts im Foto, das ist der Roque. Schlappe 90 Meter ragt er in die Höhe. Vom Felsen links hören wir seltsamerweise einen Frosch lautstark quaken. Später stellen wir fest, dass hier ein Kolkrabe den Frosch gibt. Von ihm stammen die seltsam irritiernden Laute.
Von der Basis des Roque Nublo bieten sich fantastische Ausblicke auf eine nicht minder fantastische Gebirgslandschaft.

Anke hat sich ein wenig in die Felswand des Roque gewagt und eine kleine Plattform gefunden, auf der sie gut stehen kann.

Blick über eine Felsnadel, die auch als „der Mönch“ bekannt ist, zum benachbarten Gipfel, dem Pico del las Nieves.

Am nächsten Tag geht es in die gleiche Gegend. Da der Roque Nublo schwach im Hintergrund zu ahnen ist, müssen wir an anderer Stelle sein. Und in der Tat, wir sind mühsam zum Pico de las Nieves aufgestiegen. Es wäre einfacher möglich gewesen, denn fast bis zum Gipfel führt eine asphaltierte Straße. Aber wir wollen ja wandern. Vorteil der Straße: An deren Ende wartet ein fahrender Kiosk und bietet Getränke und handfeste Nahrung. Bocadillos beispielsweise. Beides sehr willkommen.
Als wäre es Crocodile Dundee – Anke auf einem exponierten Felsen, knapp unterhalb des unzugänglichen Gipfel des Pico de las Nieves. Der Berg wird übrigens auch als Pozo de las Nieves bezeichnet. Der Name bezieht sich auf drei Schneespeicher, die hier im 17. Jahrhundert errichtet wurden.
Ein Blick über rund 70 Jahre zurück. Das Foto stammt angeblich aus dem Jahr 1952 und zeigt, dass es seinerzeit keinen Baum und keinen Strauch im Inland Gran Canarias gab. Alles in den Jahrhunderten zuvor abgeholzt. In den Fünziger Jahren hat man ein ambitioniertes Aufforstungsprogramm verwirklicht, man muss wohl eher sagen, begonnen und das trostlose Bild der Insel mit der Zeit nachhaltig verändert. (Zur Datierung des Bildes ist anzumerken, dass es sich bei dem Automobil um einen Renault Dauphine handelt, und der kam erst 1956 auf den Markt.)
So stellen sich die „Aufforstungen“ heute dar. Ein lockerer Wald mit Unterholz und damit viel Lebensraum für zahlreiche Pflanzen- und Tierarten. Die dunkle Borke der Kanarenkiefern weist übrigens darauf hin, dass sie einem oder mehreren Waldbränden ausgesetzt war. Das ist nichts Schlimmes. Im Gegenteil, Waldbrände begünstigen ihre Entwicklung, indem sie konkurrierende Vegetation unterdrücken. Wir fragen uns, ob es eine Pflanzengesellschaft Pinetum nudum gibt. Denn wir stoßen mehrfach auf Flächen, auf denen ausschließlich diese Kiefern stehen, ansonsten gibt es nichts, nur eine Streuauflage von Kiefernnadeln. Diese trockenen Nadeln dienen im Brandfall sogar als Brandbeschleuniger, was den Kiefern selbst nicht schadet.
Uns gefallen die langen, kräftig grünen Nadeln der Kanarischen Kiefern ausgesprochen gut.
Typisch für die Kanaren-Kiefer: Frischer Austrieb am Stamm nach einem Brand. Die Kiefern überstehen die Waldbrände meist schadlos.
Trotz langer Suche haben wir nicht herausfinden können, welche Heuschrecken-Art dies ist. Nur dass es keine der afrikanischen Wanderheuschrecken ist, das erscheint uns ziemlich sicher.
Unser Ausflug zum Pico de las Nieves ist so gelagert, dass der interessante Teil nicht der Aufstieg, sondern der in einem großen Bogen verlaufende Abstieg ist.
Wiederholt begegnen wir eindrucksvollen Felsformationen (wer entdeckt das traurige Gesicht?)
Gegen Ende der Wanderung müssen wir uns nur noch im Schilderwald zurecht finden. Anke möchte nicht, wie vom Wanderführer empfohlen, die letzten zwei oder drei Kilometer auf der Sraße laufen. Also suchen wir einen Pfad querfeldein. Wir finden sogar Markierungen …
… doch die verlieren sich bald und wir müssen uns durchschlagen. Da wir diese Zeilen schreiben, ist klar, dass wir erfolgreich querfeldein das Ziel gefunden haben. Aber es war doch recht anstrengend. Die vielen zusätzlichen Höhenmeter sowie kleinen Umwege wegen des teilweise undurchdringlichen Unterholzes, und dann auch noch eine Bachquerung machten eindeutig klar, warum der Wanderführer eine andere Empfehlung ausspricht.
Nicht nur die Gipfel reizten uns, auch die Täler. Anke hatte herausgefunden, dass es im Tal von Guayadeque jede Menge Höhlen gibt, die zum größten Teil bewohnt oder von den früheren Bewohnern zumindest als Stall, Lager oder auch Grabstätte genutzt worden sind. Und ein Museum in der Nähe sollte es auch geben. Also galt für unseren dritten Ausflug „nichts wie hin“. Das komplette, sich bergauf zunehmend verengende Tal sowie die dem Tal vorgelagerten flacheren Geröll- und Lavaebenen sind ausschließlich vulkanischen Ursprungs.
Das kleine Museum – hier und da sind die Schaukästen schon etwas in die Jahre gekommen – bietet eine Menge Informationen, und wie so oft haben wir im Vergleich zu anderen Besuchern mal wieder die bei Weitem längste „Standzeit“. 😊 Das Tal wurde bereits vor rund 1.500 Jahren von Menschen aus dem nordafrikanischen Raum besiedelt. Genaueres über die Herkunft der Menschen und die Gründe der Besiedlung ist jedoch nicht bekannt. Im Tal hat man erstaunlich viele Relikte dieser Besiedlung gefunden.

Diorama im Museo Guayadeque. Es veranschaulicht die Nutzung der natürlichen Höhlen durch den Menschen. Eine nicht gerade risikoarme Wohnform. Wahrscheinlich galt damals wie heute, dass die meisten tödlichen Unfälle im Haushalt stattfinden.

Oben ist ja die museale Fälschung wiedergegeben, hier eins der Originale. Natürlich wurden die Höhlen nicht nur so wie vorgefunden genutzt. Sie wurden erweitert, gelegentlich miteinander verbunden oder auch mal verschlossen, je nach Zweck.

Weiter geht´s
Am Nachmittag deutet sich an, dass ein entscheidender Aspekt der Besiedlung des Barranco von Guayadeque das Wasser war. In diesem Tal wie auch in einigen anderen gab es ausreichend Wasser, um Land zu bewirtschaften, und für das tägliche Leben natürlich. Hier treffen wir einen Querflöte und Gitarre spielenden Koch auf Urlaub, den der Geist des Ortes inspiriert hatte, hier zu übernachten. Er musiziert uns etwas vor, wir unterhalten uns, aber wir verzichten auf ein Foto. Genauso wie das Foto den vorhandenen Bach nur erahnen lässt. Der heutige Wassermangel ist übrigens keine Folge einer Klimaänderung, sondern schlicht der Übernutzung.
Am Rande des Baches – Bienen trinken von der spritznassen Oberfläche des Gesteins.
Kleine Gastronomie am Ende der asphaltierten Straße. Eine große gibt es nicht weit entfernt ebenfalls. Wir bevorzugen allerdings die Bar, das Restaurant „Bar Restaurant Guayadeque“, ein ganzes Stück das Tal hinab gelegen. Einfach und bodenständig, mit freundlicher Bedienung. Man weist Martin sogar darauf hin, dass seine Tapas-Bestellung zu umfangreich sei, das könnten wir selbst zu zweit in keinem Fall aufessen. Was sich angesichts der unerwarteten Reichhaltigkeit der Tapas bewahrheitet.
Höhlenkapelle neben der/dem „Bar Restaurant Guayadeque“ – auch heute noch aktuell und in Nutzung

Ebenfalls nebendran gibt es so etwas wie ein vielleicht 30-Seelen-Dorf an der Felswand. Hier nutzt man und lebt man z.T. noch in Höhlen. Anke überlegt sich, wie man zu den Höhlen oben im Fels gelangt.

Berge sind ja nicht alles. Unser letztes Ziel mit eher natürlichem Charakter sind die Dünen von Maspalomas. Natürlich gibt es ringsum jede Menge Bebauung, aber über die gehen wir einfach hinweg und stürzen uns auf den Sand.
Dafür, dass wir uns hier bei einer touristischen Hochburg befinden, ist es innerhalb der Dünen (in den Teilen, die man begehen darf, meinen wir natürlich) erstaunlich menschenleer.
Obwohl die versandenden Fußspuren von einigen Besuchen zeugen.
Am meisten überrascht, dass es hier und da Dünentäler gibt, deren Boden eindeutig von größeren Wassermengen benetzt worden sein muss.

Wir kannten Gran Canaria ja schon von der letzten Reise. Die Insel hat uns auch dieses Mal sehr angenehm überrascht, und wir müssen sagen: fasziniert und hier und da auch inspiriert. Ehrlich gesagt, wir sind noch viel mehr Inspirierendem begegnet, doch das ist zuviel für einen Blogbeitrag. Folgt also im nächsten. Und vor allem, wir wissen jetzt schon, dass wir wieder kommen werden, denn es gibt hier noch viel zu viel zu sehen und zu entdecken – wie Claudia und Gordon von der Glec uns schon vorgewarnt hatten. Dies gilt auch für Kunst und Kultur. Aber da haben wir uns noch vieles aufgespart.

Natürlich haben wir auf Gran Canaria nicht nur „Urlaub“ mit Ausflügen gemacht. Der Alltag war wie immer präsent. Darüber und über den flotten Trip von Puerto Mogan zur Amarilla Marina San Miguel auf Teneriffa, denn da befinden wir uns seit gestern, berichten wir im nächsten Beitrag.

Viele Grüßen aus dem im Vergleich zu Puerto Mogan erstaunlich kühlen San Miguel,

Martin und Anke

2 Gedanken zu „Gran Canaria inspiradora

  1. Glückwünsche zu Euren schönen Erlebnissen auf und den tollen Bildern von den Kanaren. Wir haben alle Besuche dort gleichfalls genossen.

    1. Vielen Dank Andreas.
      Für uns steht auch schon fest, dass wir im nächsten Jahr nach Gran Canaria zurückkehren. Da gibt es noch einiges, was wir uns ansehen wollen.

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