Pico Veleta, Granada und drüber hinaus

Pico Veleta, Granada und drüber hinaus

Schon wiederholt haben wir angemerkt, dass uns in Almerimar nahezu jeden Morgen die von der Sonne wärmend mit gelbem Licht überzogenen, verschneiten Gipfel der Sierra Nevada begrüßten. Martin hatte sich daher in den Kopf gesetzt, unbedingt in den Schnee zu müssen. Zumal es in Worpswede während unseres winterlichen Aufenthalts keinen Schnee gegeben hatte.

Mit dem günstig gebuchten Mietauto machten wir uns schließlich auf den Weg. Es war eine lange Anreise, denn es gibt keine direkte Verbindung von Almerimar oder Almeria auf die Nordseite der höchsten Kämme der Sierra Nevada. So führte uns der Weg zunächst westwärts bis Motril an der extrem vernebelten Küste entlang, von dort nach Norden bis in die Vororte von Granada. Es folgte ein Abzweig Richtung Osten und nach einer gewissen Zeit und Strecke wieder gen Süden. Nach all den Schnellstraßen genossen wir die kurvenreiche letzte Etappe bergauf und bedauerten ein ganz klein wenig, nicht ein Motorrad unter dem Hintern zu haben.

Über die Autobahn geht es zunächst westwärts, immer am Meer entlang. Doch vom Mittelmeer ist nichts zu sehen. Dichter Seenebel deckt es zu und greift hier und da auf die höher liegende Autobahn über.
Diese surreale Wirklichkeit ist einfach zu spannend. Wir verlassen die Autobahn bei La Rabita, schnörkeln etwas durch die uns nicht auf Anhieb verständliche Straßenführung und gelangen schließlich doch zum Ortsteil, der sich verwegen auf eine Felskuppe schmiegt. Von hier hat man eine schöne Aussicht auf das sanft wogende, fast weiße Nichts unter uns, das den Ort am Fuß des Felsens teilweise verschluckt.
Blick nach Osten vom „Höhendorf“ La Rabita. Unter uns verläuft eine Rambla, beiderseits Straßen und sehr moderne, erkennbar gut bewirtschaftete Folienkulturen. Und fast unmittelbar die Küste entlang der dichte Seenebel.

Fast am Ziel Pradollano angelangt, ließen wir uns von einem Verbotsschild verwirren und an der Weiterfahrt hindern. Wir parkten irgendwo im Nirgendwo. Nicht allein, viele andere taten es uns gleich. Die Folge: Ein erheblich längerer Anmarsch zum Ausgangspunkt unserer geplanten Wanderung. Immerhin, wir befanden uns höhenmäßig über dem Skiort Pradollano. Vielleicht erinnert sich der eine oder andere, denn hier fand 1995 die Ski-WM statt. Schneebedeckte Bergflanken sowie Pisten, auf denen tatsächlich Skibetrieb herrschte, lagen (scheinbar) zum Greifen nahe vor uns. Aber wie das oft so ist, der Aufstieg und die Annäherung zogen sich. Immerhin, wir gelangten zum Schnee. Zu echtem Schnee, nicht nur zum Pistenschnee aus den Schneekanonen. Und wir gönnten uns das Vergnügen, auf ein paar von der Sonne gewärmten Felsen zwischen den Schneefeldern ein Picknick zu machen.

Mühsamer Aufstieg
Offensichtlich haben wir die Grenze des Nationalparks erreicht.
An der ersten dicken Schneewehe, die im Schatten liegend noch nicht weggeschmolzen ist. Reichlich verstaubt, die gute. Die Wehe ist natürlich gemeint.
Auf einer Höhe, auf der der Schnee sogar in der Sonnenseite noch ansatzweise liegen geblieben ist.

Nicht ganz am Gipfel, Ankes Knie muss noch geschont werden, und die zusätzlich zu wandernde Strecke durch die verbotene Weiterfahrt macht sich bemerkbar, doch am Ziel unserer Wünsche: Hier gibt es jede Menge Schnee.

Rund 2.950 Höhenmeter sind erreicht und wir sehr zufrieden. Für uns heute der Punkt, umzukehren.
Links der Gipfel des Pico del Veleta, mit 3.396 Metern Höhe der dritthöchste Berg Spaniens und der zweithöchste Gipfel der Sierra Nevada. Rechts eine tatsächlich noch schneesichere Piste – mit Skibetrieb!
Anke hat sich für die anstehende Rast Windschutz gesucht.
Es fasziniert, wie sich die Sonne auf hervorlugenden Steinen und Pflanzen auswirkt, sie erwärmt, und diese wiederum durch die abstrahlende Wärme im unmittelbaren Umfeld den Schnee schmelzen oder sublimieren lässt. Eine kleine Beobachtung neben unserem Rastplatz.
Wie schön, abwärts lässt es sich sehr entspannt gehen. 😉 Der aufgemauerte Spitzbogen ist das Monumento de la Virgen de las Nieves, eine Weihestätte auf rund 2.600 Metern Höhe. Rechts davon ein kleines Observatorium.
Man glaubt es kaum, doch auch auf der Strecke zurück finden wir an der abgelegenen Straße, der wir folgen, noch eine sichtlich genutzte Wohnhöhle.

Da wir schon einmal im Süden Spaniens waren, und da wir einen Mietwagen hatten, war klar, dass das absolute Muss auf unserer Liste, die Alhambra natürlich unbedingt besucht werden musste. Anke organisierte die Tickets, die man selbst in der absoluten Nebensaison noch Tage im Voraus buchen muss, und sie suchte uns eine Unterkunft. Danke Anke! Die Anfahrt durch das Straßensystem von Granada war eine kleine Herausforderung für sich. Schließlich waren wir – nach dem Passieren einer eindeutigen Schranke, die das Weiterfahren an sich untersagte – in der Zielstraße angelangt. Unterkunft gefunden, Gepäck deponiert und dann eine kleine Weltreise, um das Auto in einem Parkhaus abzustellen.

Granada bietet natürlich viel, viel mehr als nur die Alhambra und unsere Zeit war natürlich viel zu kurz. Aber egal, wir lassen Bilder und Bildunterschriften sprechen.

Wie der Zufall es will, der Ausgang des Parkhauses leitete uns direkt in eine angenehm kühle Markthalle. Die Folge: eine genussreiche, leicht verspätete Mittagsrast. Jedoch vor allem gab es – willkommene Erholung – ein eiskaltes Bier! Das schuf die nötige Energie …

… um anschließend die höheren Viertel von Granada zu erkunden. Hier eher etwas noblere Bebauung …
… Leben im Schatten alter Wehrmauern im Viertel Albaisín …
… und buntes Treiben auf dem Mirador de San Nicolás.
In Granada gibt es natürlich erstaunlich viele Miradores und gerne ist jemand bereit, mal ein Foto von uns zu schießen. Hier irgendein Mini-Mirador, hinter uns die Alhambra.
Für Martin ein Foto mit besonderer Bedeutung. Nicht, da man Alhambra rechts, Generalife – die weißen Gebäude links – und die schneebedeckten Gipfel der Sierra Nevada sieht, sondern wegen der das Bild überlagernden Blätter. Sie erinnern ihn an die Halluzinationen, die er nach seiner Herz-OP hatte. Allerdings fielen die damals ausgesprochen geordnet in Reihen von oben nach unten und überdeckten alles, was er mit den Augen wahrnahm, mit einem Blattmuster.

Es ist kein langer Marsch von den alten Vierteln und wir erreichen so etwas wie urbane Wildnis. Wir rätseln, wer diese Treppen, escaleras, wohl errichtet hat. Und zu welchem Zweck. Immerhin erleichtern sie den Aufstieg zum Mirador de San Miguel Alto.

Beim Aufstieg treffen wir auf wilde Tiere, na ja, das Wilde ist jetzt geflunkert, …
… auf alternative Wohnformen, die entstanden sind, als man den Begriff der „Alternative(n)“ noch gar nicht kannte …
… und Anke auf die jungen Männer. Das Foto lässt unschwer erkennen, dass es hier in Granada tagsüber schon recht heiß ist. Erstaunlicherweise ist es in den Nächten dagegen nach wie vor sehr frisch. Später stoßen wir auf deren …
… vermutliches Lebensmotto.
Die Nacht gestattet grafisch reizvolle Einblicke in Granadas abgelegenere Ecken …
… und verheißt mehr für den nächsten Tag.
Der Morgen

Durch das Tor Puerta de las Granadas, das man von unserer Unterkunft aus sehen kann, erreichen wir Alhambra, Generalife und die umgebenden Parks.

Es war zu erwarten, selbst zu früher Stunde – wir hatten den allerfrühesten möglichen Timeslot um 09:00 Uhr nehmen müssen, alles andere war für Tage ausgebucht – ist es voll, hier: Saal der Botschafter im Comares-Palast.
Der frühe Start birgt seine eigenen Reize. Die aufgehende Sonne flutet Licht in den Löwenhof, dem Zentrum des gleichnamigen Palastes und dem wohl bekanntesten Ort der Alhambra.
… und die Besucher geraten in einen regelrechten „Shot“-Rausch. Hier unter dem Eindruck der immer wärmeres Licht auf den Löwenhof werfenden Sonne. Sie selber „häufeln“ sich im Saal der Mozaraber. Das ist keine Verunglimpfung motzender Araber, der heißt wirklich so.
Überall Dekor der filigransten Art, als Beispiel die zentrale Kuppel über dem Saal der Abencerragen.
Ein Gemälde auf Leder an der Decke des Saals der Könige. Das Leder verdeckt die dahinter befindlichen, hölzernen Deckengewölbe. Man nimmt heute an, dass sie christlichen Ursprungs sind und sieht in ihnen einen Beleg der Vermischung muslimischer und christlicher Kulturen. Die Gesichter sind ungemein lebensnah und lebendig und man meint, die beiden äußeren Gestalten versuchen, so wie wir, einen Blick an den Planen vorbei auf das zu werfen, was dahinter liegt.

Wasser ist ein zwar nicht allgegenwärtiges, aber doch extrem wichtiges Motiv der Alhambra, hier der Myrtenhof mit dem bestimmenden Wasserbecken und den Myrtenhecken.

Und gleich noch mal in der Gegenrichtung gesehen: Comares-Turm mit Spiegelung.
Wasserspiegelung der Vorhalle des Damenturms, einem der wenigen Relikte des hier ursprünglich vorhandenen noblen Quartiers. Weite Teile dieses ehemaligen „Wohnviertels“ nehmen heute die Gärten des Partal ein.
Auf dem Weg zum Generalife zeigt das Lichtspiel, dass es immer noch recht früh am Tag ist. Man kann sich die frischen Temperaturen vorstellen. In zwei, drei Stunden wird jedoch die Tageshitze unbarmherzig zuschlagen.
Wenig später streunen wir durch die Gärten des Palastes Generalife, von denen wir hier nur diesen kleinen Ausschnitt zeigen. Granada und Alhambra, das ist einfach viel zu viel.
Zurück gehts zur Alcazaba, der Festungsburg, die den Ursprung des ganzen Komplexes darstellt. In Ihrem Schutz hat sich die Alhambra mit all ihren Facetten erst entwickelt. In Ihrem Schutz legen daher auch wir eine Rast ein und …
… steigen auf ihre Türme, um die Aussichten zu genießen.
Aussicht vom großen Wachturm über die Schutzmauern des Darro auf die Stadt. Der gelbe Kringel markiert unsere wirklich perfekt gelegene Unterkunft.
Zu guter letzt besuchen wir den Palast des Kaisers Karl V., den dieser nie bewohnt hat. Außen ein mächtiger Bau auf quadratischem Grundriss, innen durch einen gewaltigen, kreisrunden Innenhof geprägt.
Karlspalast: In der mit fast schon hyroglyphischen Symbolen übersäten Scheibe eines Ausstellungstrakts spiegelt sich das Rund des Innenhofs.
Am nächsten Morgen nutzen wir die verbleibenden Stunden und streunen noch ein wenig umher. Anke inspiziert die Angebote im ehemaligen Markt im winzigen Quartier Alcaizería. Früher wurden hier Seide und Gewürze gehandelt.
Wir besichtigen die Kathedrale – glauben wir zunächst, aber wir haben den falschen Eingang genommen und im Nachhinein fragen wir uns, wo waren wir? In der Kathedrale vermutlich nicht, denn die hätte Eintritt gekostet. In der Capilla Real, in der Isabella und ihr Gemahl bestattet sind? Auch nicht. Es hat uns in die Iglesia Parroquial de Sagraria verschlagen. (Die drei Gebäude sind irgendwie für uns Laien untrennbar miteinander verwoben.) Selbst diese scheinbar nebensächliche Kirche war mehr als eindrucksvoll, und hier standen bereits zwei „Tragen“ für die in den nächsten Wochen anstehenden Prozessionen bereit. Die eine über und über geschmückt, verziert und mit unendlich vielen Kerzen bestückt für die Heilige Maria, die andere schlicht und zurückhaltend in erdfarbenen Tönen für Jesus.
Wir besuchen ein recht gut erhaltenes Hamam …
… genießen die Promenade am Rio Darro unterhalb der Alhambra …
… und stellen fest, dass sich eine Seifensiederei nur unwesentlich von einer Schnapsbrennerei unterscheidet.
Allerdings unterscheidet sich die schlussendliche Konsistenz der Produkte doch ein wenig.

Zwischen unseren Ausflügen gab es natürlich auch Tage, an denen wir Almerimars Grenzen nicht überschritten. Auch am Boot war immer wieder was zu werkeln. To-do-Listen haben die rätselhafte und zugleich unangenehme Eigenschaft, niemals kürzer zu werden. Und selbst dann bleiben Dinge liegen oder werden aus den Augen verloren. Wie auch immer. Langsam wurde es Zeit, die Leinen los zu werfen. An einem Montag war günstiger Wind zu erwarten und es ging dann auch tatsächlich los. Eine Stunde vor uns waren Hans und Geli mit ihrer Bijou aufgebrochen. Wir „mackerten“, wie man es im norddeutschen Seglerslang so sagt. Ziel war die Bucht La Herradura, in der Martin vor zwei Jahren schon mal eine Nacht verbracht hatte. Da noch früh im Jahr, fehlten die Absperrungen für Schwimmer und auch der Trubel, der hier im Sommer herrscht. Wir verbachten eine halbwegs erträgliche Nacht am Anker – etwas Rollerei gab es denn doch.

Mangels Wind hielten wir die folgenden Etappen kurz. In Fuengirola hatten wir Hans und Geli noch gesagt: lasst uns an die Innenseite direkt an den Hammerhead gehen und legt euch außen an uns dran. Aber sie wollten nicht. In der Nacht hat sich dann ein so unangenehmer Surge (Sog) im Hafen entwickelt, dass Hans praktisch die ganze Nacht an Deck verbracht hat, um Fender und Leinen zurecht zu rücken. Immerhin hatte er im Skipper des hinter uns liegenden Katamarans einen Leidensgenossen. Wir haben dagegen außen im Päckchen liegend nichts von seinem Elend mitbekommen. Und hatten nachher ein echt schlechtes Gewissen.

In Estepona gönnten wir uns trotz der Müdigkeit – die letzten beiden Nächte hatten nicht den gewünschten Schlaf gebracht – noch einen  kleinen Spaziergang und waren, nachdem wir uns auf unseren Spürsinn und nicht auf Google verlassend umhergestreunt waren, angenehm überrascht. Eigentlich hätte man hier mal wieder einparken sollen. Wegen des Charmes des Städtchens. Aber der Hafen ist unangenehm teuer, also hieß es am nächsten Morgen: Auf nach Gibraltar! Und da sind wir nun, genauer in La Línea de la Concepción, unmittelbar nördlich der Grenze gelegen.  Da Gibraltar aber ein Thema für sich ist, ist hier erst einmal Schluss.

Letzte Arbeiten in Almerimar: Anke säubert die Wanten und Stagen und freut sich, dass es jetzt hier und da die bislang so sehr vermissten Maststufen gibt.
Hans und Martin brüten über Magos Amateurfunkanlage. Sie empfängt klar und deutlich, wird aber von anderen Stationen einfach nicht gehört.

Erstmals seit Langem sind wir wieder unterwegs – und wir können mal wieder segeln. Allerdings ist es ist reichlich kalt. Trotz Windschutz ist Anke reichlich eingemummelt.

Auch Martin sieht nicht so aus, als ob ihm warm wäre.

Wer genau hinschaut sieht zwei Hanseln hinten an der Nock des Besanbaums. Hier kämpfen wir rund zwei Stunden mit der verklemmten und aufgelösten Dirk, einer ameltypischen Konstruktion. Geli und Hans genießen derweil die Abendsonne, das Abendessen und überhaupt das betuliche Ende des Tages. Wir werkeln. Irgendetwas läuft da doch gerade ziemlich verkehrt. (Foto: Hans und Geli Ruthmann)

Nachdem wir gestern in Fuengirola an Bijou längsseits gelegen haben – was eine sehr unruhige Nacht für Hans zur Folge hatte – laufen die beiden heute in Estepona nach uns ein. Vertauschte Rollen also, nur dass es diese Nacht keinen wie auch immer gearteten Sog oder Strömungen gibt.
Estepona, unser dritter Stop nach der Bucht von Herradura und Fuengirola ist eigentlich einen kleinen Aufenthalt wert. Es besitzt eine hübsche Altstadt, die man findet, wenn man ein ganzes Stück gen Norden wandert, und ist auch sonst sehr nett. Uns war das Liegen allerdings zu teuer, und außerdem zog es uns nun doch heftig nach Gibraltar.
In Estepona gibt es trotz viel Tourismus auch noch eine recht große Fischereiflotille.
Mangels Wind nähern wir uns mal wieder unter Maschine dem Etappenziel Gibraltar. Ganz ungewohnt mit strahlendem Sonnenschein.

Nun, aus den vergangenen Beiträgen ist ja klar, wir sind schon ein Stück weiter gezogen. Daher: Aus der friedlichen und ruhigen Marina Deportiva Ayamonte am Grenzfluss zu Portugal, dem Rio Guadiana, grüßen Euch

Martin und Anke

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