Barcelona

Barcelona

Da wir uns nun schon in Barcelona befinden, interessieren wir uns natürlich auch für die anderen Werke Gaudís (als ob es nicht auch jede Menge andere spannende Architektur in dieser Stadt gäbe). So z.B. für die von ihm gestalteten Wohnhäuser in Barcelona und den Park Güell. Bei Martins erstem Besuch vor 40 Jahren waren die Wohnhäuser noch Wohnhäuser. Da konnte man mit Glück in ein Treppenhaus gelangen, und das Innere betrachten. Das war es. Und Antoni Gaudí war nur für Architekturinteressierte ein Begriff: Ein katalanischer Sonderling, der eine sehr eigenständige Interpretation des Jugendstils pflegte und fortentwickelte. Dank der weltweiten Wirkung der Sagrada Familia hat sich das völlig geändert. Gaudí ist einer der Magneten für Barcelona. Die Wohnhäuser können heute gegen Eintritt betreten werden, und in jeder Ecke kann man Postkarten mit seinen Werken oder Bücher über ihn und seine Werke erstehen.

Im Park Güell. Wir haben ihn von einem Seiteneingang her betreten. Er ist eine grüne Oase in der Stadt mit einem von Gebäuden und Terrassen geprägtem Schwerpunkt. Die etwas eigenwillige Kirchturmspitze verrät bereits Antoni Gaudís gestalterische Handschrift.
Am Haupteingang zum Park Güell. Oberhalb der Treppe eine offene Säulenhalle, die als Markt dienen sollte. Das darauf ruhende Dach ist der eigenwillige, zentrale Versammlungsplatz des Parkes.
Umfassung des Versammlungsplatzes. Sie ist als gewundene, schier endlose Sitzbank konzipiert und durchweg mit gebrochenen Keramikfliesen und -elementen gestaltet.
Gaudí war ein Liebhaber schräger Stützen. Hier die Stützen der aufgeständerten Straße im Park Güell. Zu den geneigten Stützen gibt es eine Anekdote: Gaudí wurde von einem Zeitgenossen gefragt, weshalb er bevorzugt mit schrägen Stützstrukturen arbeiten würde. Woraufhin ihm Gaudí mit der Bemerkung „Deshalb!“ den geneigt gehaltenen Gehstock des Fragers weggetreten haben soll und der unglückliche Mensch stürzte. Nicht gerade die feine Art.
Im Park Güell
Ein charakteristisches Zeichen von Gaudís Architektur bzw. Dekorationsstil ist die Verwendung gebrochener Keramik-Scherben.
Casa Milà, auch La Pedrera (der Steinbruch) genannt. Die Quellen sind ein wenig missverständlich, aber u.E. handelt es sich um den letzten Auftrag für ein profanes (weltliches) Bauwerk, den Gaudí ausgeführt hat.
Casa Milà. Bei genauem Hinsehen erkennt man die Ähnlichkeit zwischen den Schornsteinköpfen dieses Gebäudes und der Rittergestalten der Sagrada Familia.
Die Detailfreude und phantasievolle Formensprache Gaudís verblüfft immer aufs Neue, hier ein Blick beim Casa Milà vom Gehweg die Fassade hinauf. Die schmiedeeisernen Balkongeländer scheinen zu leben und erinnern aus dieser Perspektive an Seetang.

Jetzt sind wir aber nicht so einseitig, wie es erscheinen mag. Das möchten wir denn doch betonen. Wir interessieren uns natürlich auch für den Rest der Stadt, worüber wir in einem künftigen Tagebuchbeitrag noch etwas ausführlicher berichten werden. Hier beschränken wir uns ein wenig, um diesen Blogbeitrag nicht zu überfrachten. Wir flanieren über die Ramblas, erkunden das Gotische Viertel, aber auch deren Nachbarviertel, und besuchen das Museo Maritím. Martin will da unbedingt hin, da er sich erinnert, dass es eine beeindruckende Galeere beherbergt. Der Besuch lohnt sich in der Tat, nicht nur wegen der Galeere, bei der es sich um eine Replika des Flaggschiffes bei der Seeschlacht von Lepanto handelt, der letzten großen Galeerenschlacht der Seefahrtgeschichte. Und während wir drinnen unsere Wissbegierde stillen, ziehen draußen mehr oder weniger lautstark Katalanen vorbei, die am heutigen Tag, der Diaria, für die Unabhängigkeit Kataloniens demonstrieren. Doch seit dieser seltsam schräge Putschdämon vor ein paar Jahren den Bogen überspannt hat, scheint doch die Luft ein wenig raus zu sein aus diesen Unabhängigkeitsbestrebungen. Zeitweise haben wir bei der heutigen Demo den Eindruck, in eine Samba-Party geraten zu sein.

Barcelona ist in jeder Hinsicht bemerkenswert. Die Stadt wird geprägt von einer Fülle beeindruckender Architektur, eindrucksvollen Kunstwerken im öffentlichen Raum, zahllosen Parks und Plätzen. Für uns gibt es – sofern wir nicht am Boot mit unserer ausgefallenen Druckwasserpumpe kämpfen (vgl. u.) – jeden Tag Neues zu entdecken.
Ein Beispiel für Kunst im öffentlichen Raum, geschaffen vom Madrider Künstler Juan Muñoz: „Una habitació on siempre hi plou“ (Ein Raum, der immer ein Traum bleibt.) Die aus Kugeln erwachsenden Bronzefiguren wenden bis auf eine dem Betrachter den Rücken zu, kommunizieren aber auch nicht miteinander. Sie ruhen auf einer Marmorplatte und scheinen zu warten.
Plaza Reál (nahe den Ramblas gelegen und am Rande des Gotischen Viertels). Jenseits der Mittagshitze erscheinen Passanten, Touristen …
… und fast überall herrscht schnell brodelndes Leben, hier am kleinen Plaza de Sant Felip Neri. Der Platz ist mit einer traurigen Erinnerung verbunden. Im spanischen Bürgerkrieg wurde er und seine Umgebung am 30.01.1938 bombardiert. Unter der am Platz stehenden Kirche Sant Felipe Neri befand sich ein Luftschutzkeller, der den in ihn geflüchteten Menschen nicht den erhofften Schutz bot. 42 Menschen starben, darunter auch viele Kinder. Die heutige Plaza wurde nach dem Krieg auf der Fläche des zerstörten Friedhof „Montjuic del Oispo“ errichtet. Das fröhliche Treiben hier zeigt, dass die Zeit über alle Schrecken der Vergangenheit hinweggeht und jede Zeit ihr eigenes Leben und ihr eigenes Glück finden kann. (Leider nicht immer, wie uns aktuell demonstriert wird.).
Nicht zu vergessen: Längs der gesamten Stadt erstrecken sich – außerhalb der Häfen – lang gestreckte und eifrig besuchte Strände
Vor dem Sitz des Regionalparlaments bereiten sich anlässlich des 90-jährigen Jubiläums junge Musiker auf ihren Auftritt vor.
Unsere Streifzüge bringen uns also auch in das Parlament der Regionalregierung. Aufgrund des Jubiläums ist ausgerechnet am Tag unseres Vorbeistreunens Tag der offenen Tür. Hier in diesem Plenarsaal hat ein gewisser Puigdemont, sprich: „Putschdämon“, seinerzeit die Unabhängigkeit Kataloniens verkündet. Seitdem zieht er durch europäische Staaten, mal wird er irgendwo für ein paar Tage inhaftiert, dann zieht er wieder in die „Freiheit“, nur in Spanien darf er sich nicht blicken lassen. Da könnte ihn eine längere Haft erwarten.
Martin gibt eine Pressekonferenz zum Thema Schutzmolen für Yachthäfen. Man kann ihm eine gewisse geeignete Haltung trotz des schlichten T-Shirt nicht absprechen.
Oft sind wir mit unseren Rädern unterwegs, zeitweise allerdings auch mit dem gut ausgebauten U-Bahn- und Busnetz.
Neptun reitet auf dem Rammsporn. Galeonsfigur der Galeere La Reál, Flaggschiff des Admirals Juan de Austria bei der Seeschlacht von Lepanto am 07.Oktober 1571, der letzten großen Galeerenschlacht der Geschichte. Bei der im Museu Maritím in Barcelona ausgestellten Galeere handelt es sich um eine 1:1-Replika.
Der eindrucksvolle und schnittige Bug der La Reál. Dahinter geht es kastenförmig weiter, denn eine solche Galeere benötigte Platz für die unglücklichen Ruderer. Unter dem Schattendach gleich hinter dem Bug befanden sich die wenigen, weitgehend nach vorn feuernden Geschütze, die eine solche Galeere trug. Die Person rechts unten im Bild macht die Größenverhältnisse deutlich.
Blick auf das Ruderdeck, den mittigen Laufgang und einige Riemen. Jeder der insgesamt 59 Riemen wurde von vier Männern gerudert. Interessanterweise gab es unter den Ruderern Sklaven, Sträflinge und Freie. Letztere ruderten mit einem Vertrag und gegen Heuer. Die Position der Ruderer richtete sich nach deren physischen Fähigkeiten, nicht nach deren Stand. Aber wie auch immer, die Lebensbedingungen waren die Hölle, die Lebenserwartung – erst einmal an Bord – gering. Hygiene gab es praktisch nicht. (Diese Schiffe verbreiteten einen solchen Gestank, dass Überraschungsangriffe unmöglich waren.)
Das Heck der La Reál. Wir können nicht umhin, aber irgendwie erinnert uns das Medaillon in der Mitte an den Schauspieler Uwe Ochsenknecht.
Antonio Brugada: Seeschlacht von Lepanto (Öl auf Leinwand, 1863, Museo Maritím Barcelona)
Während wir im Museum umherschlendern findet auf den Straßen Barcelonas anlässlich des katalanischen Nationalfeiertags „Diada“ die alljährliche Demonstration für die Unabhängigkeit Kataloniens statt. Doch scheint die politische Luft ein wenig raus zu sein. Uns erscheint das ganze mehr als ein Samba-betontes Happening, dessen letzte Szenen wir noch miterleben können.
Ohne Worte

Schon vor der Ankunft in Barcelona hatte unsere Druckwasserpumpe den Dienst quittiert. Bei unserer guten alten Just do it hätte das nicht viel Kummer bereitet. Wir hätten Frischwasser per Fußpumpe aus dem Tank entnehmen können, und das wäre es gewesen. Bei Mago heißt das jedoch: Kein Wasser in der Pantry, kein Wasser den Waschbecken, keine Toilettenspülung (besonders arg), keine Duschen. In der Pantry gibt es zwar eine Notfall-Frischwasserpumpe, aber die muss erst heraus gezergelt werden. Sie hängt dann irgendwo auf halb acht und man braucht für die Bedienung beide Hände, was viele Handhabungen deutlich erschwert. In Barcelona können wir eine Ersatzpumpe bekommen, Lieferzeit jedoch mindestens 5 Werktage. Aus Deutschland, von dem bekannten Bremer Versandhandel SVB, bekommen wir diese Pumpe per Expressfracht innerhalb von weniger als 22 Stunden(!) direkt ans Boot geliefert, und trotz der extremen Transportkosten immer noch günstiger als das hiesige Angebot. 24 Stunden nach der Bestätigung der Bestellung ist die Pumpe eingebaut und funktioniert. Das Bordleben ist wieder lebenswert! Da wir irgendwie nicht die Möglichkeit gefunden haben, uns bei SVB auf der Homepage öffentlich zu bedanken, machen wir es jetzt auf diesem Wege.

Martins Kampf mit der Druckwasserpumpe. Er versucht sogar Videoclips von der Demontage und den Folgearbeiten zu erstellen.

Übrigens: Nahezu zeitgleich gelingt es Martin im dritten Anlauf, die alte Pumpe wieder zum Leben zu erwecken. Sie schlummert jetzt als Reserve in der Bilge.

Wir wollen diesen kleinen Blogbeitrag nicht enden lassen, um noch etwas (unvergütete) Werbung zu machen. Und zwar für ein kleines Restaurant am Rande des Gotischen Viertels. Es heißt „Pla B“, liegt in einer recht dunklen Nebengasse, der Carrer de Bellafila, und wir sind an einem unserer Tage hier bei bereits einsetzender Dunkelheit an dessen Tür vorbei gestolpert. Und waren vom Ergebnis dieses Stolperns ausgesprochen begeistert: Tapas vom allerfeinsten. Unsere Empfehlung: Wenn man über diese dunkle Carrer stolpert gleich weiter stolpern – man wird das Restaurant schon finden, denn in der kurzen Gasse gibt es sonst nichts – und den Abend genießen. Das war übrigens der Tag, an dem mir, Martin, im Gedränge vor einem der Bauten Gaudís mein Bargeld und meine Kredit- und Girokarte aus dem Rucksack gestohlen wurden. Ganz gegen meine Gewohnheit und Überzeugungen hatte ich auf das Portemonnaie verzichtet, da es die Shorts immer so belastet. Und – schon war es schief gegangen.

Abends im Gotischen Viertel
Wir sitzen im Restaurant Pla B, genießen und bekämpfen den empfundenen Diebstahlsfrust. Links eine Vorspeise mit Thunfischtartar, rechts eine kleine Paella.
Auch bei Dunkelheit ist Barcelona spannend und bietet Chancen für überraschende Begegnungen. Hier dachten wir zunächst auch an Kunst im öffentlichen Raum, aber wir waren unbemerkt an den Ausstellungsgarten einer Galerie gelangt. Hier eine Arbeit aus Edelstahl des Künstlers Jordi Diéz Fernández

Nirgends sonst hatte es ein Taschen- oder Trickdieb je geschafft, mir etwas zu klauen, und da gab es über die Jahrzehnte in der Tat viele Versuche. So gesehen war der Besuch im Plan B auch ein Trostessen. Das Überraschende kommt aber zum Schluss: Martin in seiner Einfalt glaubt ja immer, dass die Welt irgendwie doch gut sei und er alles zurückbekomme, was er verliere oder was ihm gestohlen werde. Wofür es in der Tat einige verblüffende Belege gibt. Und diesmal, man glaubt es kaum, der reuige Dieb hat die Kreditkarten und das Geld ans Boot gebracht und dort fein säuberlich auf dem Salontisch abgelegt. Das einzige Dumme an der Geschichte, wir hatten die Karten natürlich gleich sperren lassen.

Also immer schön optimistisch bleiben. Und als abschließender Nachtrag: Das Beitragstitelbild zeigt die Göttin Aurora mit einem vierspännigen Streitwagen. Das ist insofern ungewöhnlich, als Aurora stets mit zweispännigen Streitwagen dargestellt wird, vierspännige Wagen waren traditionell den Göttern Helios und Apoll vorbehalten. Geschaffen wurde das Werk Ende des 19. Jahrhunderts von Rossend Nobas. Es krönt die künstliche Felslandschaft für einen monumentalen Wasserfall im Parc de la Ciutadella.

Es grüßen Euch aus Almerimar
Martin und Anke

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