Tug Boat Beach

Tug Boat Beach

Mago del Sur hat die schwimmende Emma-Brücke von Willemstad passiert – man kann sie im Bild links noch ahnen, und strebt der offenen See zu. (Foto: Jürgen und Gaby Eichelmann) Die Brücke ist ein technisches Kleinod und gibt es in dieser Form nur einmal. Bei Interesse einfach mal danach googeln.

Irgendwann haben wir tatsächlich die Werft, die Curacao Marine Zone, verlassen. Haben die spektakuläre Emmabrücke passiert und sind dann eine knappe Stunde gegen Wind und Strom die Küste entlang nach Spanish Waters gebolzt. Das ist eine rundum geschlossene Bucht mit einem schmalen, natürlichem Kanal als Einfahrt. Dort wollten wir mal schnell Diesel und Benzin tanken und am nächsten Tag früh am Morgen aufbrechen. Wegen des angesagten Wetters nicht direkt nach Puerto Rico, sondern erst nach Klein Curacao oder Bonaire. – Doch nichts geht beim Segeln nach Plan, auch wenn man die Segel gar nicht anfasst, sondern nur motort. Bei der Bolzerei machte unser Autopilot ein paar seltsame Abfaller, und dann produzierte die Navigationselektronik ebenso seltsame Fehlermeldungen. Folglich beschäftigten wir uns ersteinmal mit dieser. Martin macht ja bei jeder Wartung, Reparatur oder wenn er einfach Neues vom Boot lernt einen Eintrag in eine Datei. Dieses in stetem Wachstum begriffene Mago del Sur-Handbuch umfasst mittlerweile lachhafte 432 Seiten und erweist sich als zunehmend hilfreich. Jedenfalls beschleunigte es die Fehlersuche ungemein, da es unter vielem anderen ein paar Schaltdiagramme und Zeichnungen diverser Elektronik beinhaltet, ohne die Martin eine versteckte USB-Schnittstelle und den daraus gefallenen USB-Stecker bei weitem nicht so schnell gefunden hätte. Ping – und schon lief alles wieder. Tags drauf, am 10.12., sollte es trotz bereits etwas heftigerer Winde losgehen. Nach Bonaire. Ein wenig bang war uns schon, da das ein harter Ritt werden würde. Nun ja, offenbar haben das Neptun und Rasmus, die alten Säcke, mitbekommen und großmütig beschlossen, die beiden des Segelns entwöhnten Seelen (uns) nicht gleich allzu heftig ranzunehmen: Der Motor sprang nur mit Mühe an und gleich drauf gab es Alarm. Batteriealarm. Die Starterbatterie hatte ziemlich plötzlich ihr Lebensende erreicht. Also haben wir die bereits vorgenommene Ausklarierung gecancelt – glücklicherweise gibt es im Spanischen Wasser eine gemeinsame Dienststelle von Zoll und Einwanderungsbehörde – und beschlossen, ein wenig zu warten, bis das Wetter für eine nordgerichtete Passage freundlicher würde und natürlich und vor allem das Batterieproblem zu lösen.

Martin klemmt die alte Starterbatterie ab. Durch die Hilfe anderer Segler und der WhatsApp-Gruppe „Spanish Waters“ waren wir über die örtlichen Möglichkeiten schnell informiert. Im Fachgeschäft „Battery Solutions“ bekamen wir problemlos, was wir wollten. Eine 110 Ah-Starterbatterie, sogar von Varta und fast mit den gleichen Maßen wie das alte Modell.

Höhe und Breite der neuen Batterie waren identisch, nur die Länge nicht. Es bedurfte also einer neuen Halterung für die Batterie an einer der beiden Schmalseiten. Um die vorhandenen Befestigungsbolzen für eine solche weiter zu verwenden, schnitzt Martin aus einem Mahagoniblock, den wir zufällig noch an Bord hatten, eine neue. Dank der japanischen Zimmermannssägen, auf deren Mitnahme er keinesfalls hatte verzichten wollen, eine gut und mit sauberen Schnitten zu erledigende Aufgabe. (Ja, und ich verspreche es, ich nehme ab. Diese Hängebauchfalte muss ja schon als öffentliches Ärgernis angesehen werden.)

Ähnliches Bild, aber anderer Moment. Die neue Batterie ist eingebaut, mit dem zurechtgeschnitzen Mahagoniblock fixiert und nun auch angeschlossen. Als nächstes wird die Maschine gestartet. Was auch erfolgreich gelang. Große Erleichterung.

So sieht´s aus, das Ergebnis
Und wo wir schon bei Bootsarbeiten waren, haben wir den Hals des neuen Großsegels noch einmal neu gelascht. Anke war mit der Qualität meiner Erstlasching nicht zufrieden. Eine fummelige Angelegenheit und dazu diesmal noch unter Ankes kritischen Augen!

Wenn man in den Spaanse Waters vor Anker liegt, ist der Tug Boat Beach nicht weit entfernt. Wir hatten von ihm gehört, gefunden haben Anke und ich ihn allerdings eher zufällig vor einigen Wochen. Und dann waren wir gemeinsam mit Helena und Tim zum Schnorcheln dorthin gefahren. Blöd nur, dass Martin an alles gedacht hatte, nur nicht daran, die Kontaktlinsen einzupacken, ohne die er sowohl über als auch unter Wasser blind wie ein Fisch ist. Wobei eine solche Phrase mit Sicherheit eine Verunglimpfung der Fischwelt ist. Die andern drei vergnügten sich also im Wasser und Martin an einem schlappen Bier an Land. Nun ganz in der Nähe ankernd, gab es kein Vertun: Wir mussten nochmal am Tug Boat Beach schnorcheln. Damit genug der überleitenden Worte, wir lassen Bilder sprechen.

Wenn man sich dem Tug Boat Beach nähert, ist man zunächst ziemlich irritiert, vor allem, wenn dort ein Schiff wie die Noble Voyager liegt. Hier soll man tauchen und schnorcheln können? Wie so oft: Unerschrocken sein und sich einlassen. Man ist ziemlich schnell begeistert über einen unerwarteten Ort in unerwarteter Umgebung.
Liegestühle, Bar, Tauchanbieter, Strand, Anleger und Erkundungs- und Bohrschiff – alles in unmittelbarer Nachbarschaft. Für jemand, der im Ruhrgebiet sozialisiert wurde (Martin), ist das etwas, was geradezu Heimatgefühle auslöst.
Tim ist schon drin im Naß, Helena und Anke folgen. Martin spült seinen Ärger über die vergessenen Kontaktlinsen mit etwas Bier hinunter. Leider ist es an diesem Tag etwas bedeckt.
Die superfreundliche Chefin des Tug Boat Beach hatte uns eine Unterwasserroutenempfehlung gegeben. Tim, Helena und Anke machen die Runde natürlich andersrum, aber das ist ja egal. Erste Entdeckung: neugierige Fischlein. Es dürfte sich um Braune Chromis (Chromis multilineata) handeln.
Erste Impressionen: Atlantik-Trompetenfisch (Aulostomus maculatus) vor einer Fächerkoralle in Begleitung eines Franzosen-Grunzers (Haemulon flavolineatum).
Gestreifte Sergeanten (Abudefduf saxatilis – das ist doch mal ein Name, Kara Ben Nemsi wäre über Abu Defduf sicher begeistert) begleiten Tim.
Der kleine Schlepper, der dem Strand am Rande der Caracas Bai den Namen gab.
Überraschenderweise kann man beim Tug Boat auch Nixen antreffen. Bisher dachten wir, dass diese Fischschwänze hätten, doch wie man sieht, ist dem nicht so.
Man muss genau hinschauen. Dann erkennt man den gut getarnten Fisch. Leider ist es uns nicht gelungen, ihn sicher zu bestimmen. Zu einem Kofferfisch passt nicht, dass er Stacheln hat. Wir vermuten daher einen Igelfisch, zumal er sich bei Ankes Annäherung etwas „aufgeblasen“ hat.
Auch hier muss man genau hinschauen. Erst auf den zweiten Blick erkennt man ein seltsames Fischlein über dem Sandgrund, das man für ein verendetes Insekt halten könnte: ein Flughahn (Dactylopterus volitans). Die Brustflossen sind ausgesprochen groß entwickelt und können weit ausgebreitet werden, so dass er mit ihnen durch das Wasser zu fliegen scheint.
Am Ende der Schnorchelrunde besichtigen die drei Punkt Nummer zwei in der Liste der Chefin, einen verlorenen Anker.
Die Sonne steht bereits tief, als die drei die Rückkehr beschließen. Andererseits gutes Licht für ungewöhnliche Fotos.
Abendliches Ende eines Schnorchelausflugs.
Los geht´s zum Zweiten. Martin muss auch mal am Tug Boat schnorcheln meinen Helena, Tim und Anke unisono. Anke macht für mich den Pfadfinder.
Der Braune Chromis (Chromis multilineata) mit der ausgestülpten hellen Schnauze hat soeben was verschluckt.
Zunächst geht es zu verbotenem Terrain: Unter die Stützkonstruktion des Piers, an dem der Noble Voyager lag. Er ist an dem Tag, an dem wir nach Spanish Waters verlegten, aufgebrochen. Die Hurricane-Saison ist durch, jetzt kann der Meersgrund wieder erkundet werden. An den Stahlröhren, die die Pier gründen, haben sich unter anderem Ofenrohr-Schwämme (Aplysina archeri) angesiedelt.
Die Unterkonstruktion der Pier bildet ein spannendes Licht- und Schattenbiotop. Unwillkürlich muss ich an die fotografischen Arbeiten und Kunstwerke von Bree Corn denken. Sie könnte hier doch auch mal eine Unterwasserarbeit kreiieren. Mit spannenden Körpern und nasser Garderobe.
Ein Signal-Papageifisch (Scarus viride)
Am Übergang zwischen Korallenschutt rechts und lebenden Korallen links.
Bei den richtigen Lichtverhältnissen beginnen die Fächerkorallen in den verschiedensten Farben zu schillern. Leider war der Moment nach wenigen Sekunden vorbei.
Das Tug Boat ist erreicht.
Abtauchen
Ohne Worte
Blick ins Innere des Tug Boat. Hier hält sich ein Schwarm Kupfer-Beilbauchfische (Pempheris schomburgki) auf.
Auf dem Rückweg entdecken wir einen Spitzschwanz-Schlangenaal (Myrichthys breviceps). Er fiel uns zwischen den Strukturen am Grund zuerst durch seine Bewegung auf. Die Tarnung ist an sich perfekt.
Nicht ganz scharf, aber es geht um die Sache. Der Schlangenaal wurde plötzlich von einem Trompetenfisch begleitet, der nicht von ihm losließ und sich gelegentlich regelrecht auf den Aal drauf legte. Ob der Trompetenfisch einfach nur was vom Jagderfolg des Aals abbekommen wollte, oder sich in ihn verliebt hatte, wer weiß das schon? Der kleine dunkle Fisch links davon – kaum wahrzunehmen – war vom Trompetenfisch nicht begeistert und versuchte wiederholt furchtlos diesen wegzubeißen.

Nun ist genug getaucht. Auch in diesen warmen Gewässern wird es einem schließlich kalt. Daher beenden wir diesen Beitrag an dieser Stelle und wärmen uns auf.

Wir wünschen Euch schöne letzte vorweihnachtliche Tage und denkt dran, ruhig mal unter der Oberfläche nachschauen, das kann sich lohnen.

In diesem Sinne, Martin und Anke

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Tipps und Hinweise

Schon gesehen? Es gibt eine ganze Reihe neuer Sailors Tipps, die wir eingestellt haben.

  • Sicher durch Gewässer, in denen US-Streitkräfte gegen Drogenschmuggel aktiv sind
  • US-Visum (B1/B2) auf Curaçao beantragen
  • Wie kommt das Wetter an Bord? – Unser Beitrag zu Bobby Schenk´s 19. Blauwasserseminar

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Mehr oder weniger einsame Inseln sowie unbekannte Tier- und Pflanzenwelt unter der Oberfläche der See erkundeten wir auch schon vor rund zwanzig Jahren. Sie waren spannende Zutaten unserer Reise mit Just do it um die Welt. Allerdings konnten wir seinerzeit noch nicht unter Wasser fotografieren. Da waren wir auf die Hilfe des einen oder anderen Segelkameraden angewiesen. Wir schildern dies und vieles andere in dem Buch, das unsere Weltumsegelung von 2004 bis 2009 beschreibt. Eine Weltumseglung mit einer Aluminium-Reinke Super 11. Informationen zum Buch und wie Ihr die PDF bestellen könnt, findet Ihr unter diesem Link, also einfach auf diesen Satz klicken.

Das Buch unserer Weltumseglung von 2004 bis 2009:
Just do it – von der Weser in die Welt
323 Seiten, durchgehend mit farbigen Fotos bebildert, diverse Karten, hier und da Einschübe zu besonderen Aspekten, die uns beschäftigten und ein Anhang mit gelegentlich launigen Begriffserklärungen.

Vorerst nur als PDF verfügbar. Das Coverfoto des Buches zeigt Just do it in der Caleta Beaulieu im Beagle-Canal.

Wie Bobby Schenk schreibt: „Ein großes Buch, das pure Lese-Freude schafft. Es ist wahrscheinlich das beste aller Weltumsegelungs-Bücher (vielleicht sogar besser als meine eigenen…)“

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