Zurück in Curaçao
Wenn man aus dem fast schon winterkalten Worpswede nach Curaçao fliegt, haut es einen bei der Ankunft schon ziemlich um. Dieser Temperaturunterschied! Vor allem, wenn man nach der Landung mit Gepäck und Zusatzgepäck – schwitz, trief – erst einmal sein vorbestelltes Taxi nicht findet. Schließlich fanden wir doch zueinander und wir kamen im ebenso vorgebuchten Ritz Village an. Wir hatten uns dort eingemietet, da das Leben auf dem Boot, solange noch an Land, hitzebedingt ziemlich unerträglich sein würde.
Jeden Tag marschierten wir nun durch die Hitze die rund 7.500 Schritte zur Werftmarina und zurück zum Ritz. (Keine Sorge, es ist nicht das Edel-Ritz aus dem Schlager. Allerdings können wir nicht umhin, → hier eine Version des Songs mit Bing Crosby zu verlinken, und wer eine weitaus spätere, doch durchaus anschauliche Version genießen will, der muss den Song und den Interpreten Taco googeln.) Als Folge von Martins noch aus Deutschland stammenden Rückenproblemen blieben wir auch länger in der Unterkunft; denn wir entschlossen uns, nicht nur die Rumpfpolitur, sondern auch den fälligen Unterwasseranstrich an die Werft zu vergeben. Es blieb für uns auch so noch genug zu tun. Als das Boot dann endlich geslippt war, zogen wir wieder an Bord.





Ab und zu erlauben wir uns auch einen Ausflug in die Stadt, um uns durch das urbane Leben vom Yachtie-Werft-Alltag abzulenken.


Der Rumpf ist dank fleißiger Werftleute bereits poliert und gemalt, und Martin war auch fleißig und hat den Propeller mit speziellem Antifouling eingesprüht.
Motto: Auf die Dauer hilft nur Black Power!


Das Schöne an solchen Werftmarinas ist die besondere Geselligkeit zwischen den überall werkelnden Seglern einerseits und überraschende Begegnungen andererseits. So trafen wir doch den einen oder die andere wieder, die uns schon auf der anderen Seite des Atlantiks begegnet waren.



Unendlich viele Stunden hatte Anke in Deutschland damit verbracht, einen Zugang zur Berliner Botschaft wegen des vorsichtshalber gewünschten US-Visums zu bekommen. Dazu muß man wissen, dass es ein großer Unterschied ist, ob man in die USA mit einem Flugzeug oder einem Segelboot einreist. Der arme Segler benötigt ein sogenanntes B1/B2-Visum. Und das gibt es nur, wenn man persönlich in einer Botschaft zum Interview erscheint. Leider hatte der Internetauftritt des von der Botschaft beauftragten Dienstleisters eine Macke, so dass Anke ab einem bestimmten Punkt einfach nicht weiterkam. Jedenfalls ließ sich kein Interviewtermin in Berlin vereinbaren. (Wobei uns dieses Drama auch die gesamte Zeitplanung in Deutschland zerschoß, denn wir wußten ja lange Zeit nicht, wann es einen Termin geben würde.) Schließlich gaben wir es auf. Unsere holländische Bootsnachbarin auf der Werft riet uns dann: Versucht es doch mal beim Konsulat hier in Curaçao. Eine Woche später waren die Visen in unsere Pässe eingeklebt.
Große Freude: Wir haben das langersehnte Visum für die Einreise in die USA erhalten. Ich entschuldige mich für den stechenden Blick, aber Lächeln ist bei Passfotos der neuen Zeit nicht mehr erwünscht. Und nicht ohne Ironie – da mag ein Spaßvogel im Konsulat tätig gewesen sein – das Visum klebt neben dem Ausreisestempel der venezolanischen Immigrationsbehörde auf den Los Roques.












Warten auf Godot 2 – Wir hatten in Deutschland bei der Segelwerkstatt Stade einen neuen Satz Segel bestellt und diesen per Containerfrachter nach Curaçao verschiffen lassen. Das lief ziemlich problemlos und war dazu noch ausgesprochen günstig. Die Transporte von der Segelwerkstatt Stade nach Rotterdam und innerhalb Curaçaos waren teurer als die eigentliche Seefracht! Jetzt hatten wir wie schon zuvor, ein durchgelattetes Großsegel und ein ebensolches Besansegel geordert. Um den risikobehafteten Transport der Latten zu vermeiden, waren wir mit der Werkstatt übereingekommen, dass wir die Latten des alten Segelsatzes weiterverwenden und vorsichtshalber Verbindungsbeschläge und Endterminals für eventuelle Anpassungen erhalten würden. Unglücklicherweise hatte man in der Segelwerkstatt zu schmale und zu wenige Beschläge eingepackt. Und das bedeutete, dass die richtigen Größen und Mengen per Express – was nicht so schnell ist, wie man meinen würde – hinterhergeschickt wurden. Zusammen mit unserer alten, bei der Seefracht wohl versehentlich nicht dazu gepackten Fock. Man muss bei der Gelegenheit anerkennen, dass die Segelwerkstatt die dadurch entstandenen, nicht unerheblichen Kosten vollständig übernommen hat.
Das sehnsüchtige Warten hat ein Ende. Die neuen Segel sind angekommen. Martin öffnet die Zurrgurte und Tapes.
Wir hatten von Einheimischen den Tipp erhalten, mit UPS zu arbeiten, das würde auf Curaçao besonders gut funktionieren. Kann aber sein, dass der Tipp dadurch begründet war, dass die Menschen hier sehr viel aus den USA erhalten. Der Weg aus Europa ist per UPS jedoch recht umständlich und kann allein in den Staaten 2 bis 3 Stationen durchlaufen. Man sollte daher auch DHL prüfen, ob deren Lieferweg von Deutschland nach Curaçao direkt über Rotterdam führt und damit erheblich einfacher ist.





Der Festungsturm des Forts, seines Zeichens die höchste aller Bastionen. Und wie schön: Keinerlei Sicherungsmaßnahmen, Absperrungen oder Verbote. Dem besuchenden Mensch wird noch Eigenverantwortung mit Blick auf eingegangene Risiken zugetraut. Anke hat natürlich sofort eine Öffnung mit finsterem Dahinter entdeckt. Da gibt es kein Halten mehr (kennt man ja …)


Hinter zwei Winkeln des Ganges – der musste ja sicherstellen, dass man nicht geradlinig hindurchschießen konnte – die einzige moderne Unterstützung. Eine schlichte, hölzerne Leiter. Nicht anders, als es in der Zeit der militärischen Nutzung wohl auch gewesen ist. Nichts wie rauf!
Zwischen den Zinnen des Turms. Martin ist unwillkürlich daran erinnert, wie er in seiner Jugend vom Beckenrand eines Schwimmbads oder vom Ein-Meter-Brett einen Rückwärtssalto gesprungen ist. Dazu muss man sich natürlich richtig auf die Kante des Mauerwerks stellen, nur noch mit den Ballen der Füße darauf, um genau zu sein. Jetzt sind wir aber in einem gereifteren Alter und reißen uns zusammen. Zumal am Fuß des Turms kein Wasser, sondern fester Boden wartet. (Ankes Kommentar geben wir besser nicht wieder …)



Ebenso hübsch finden wir die innen orangeroten Samenkapseln des kleinen Baumes oder Busches Quadrella odoratissima. Einen deutschen Namen konnten wir nicht aufstöbern, doch in Südamerika, besonders in Kolumbien, wird sie gerne Naranjillo genannt, also die kleine Orangene.



Ein kleiner Einschub sei noch gestattet. Die Ecuadorianer um Fausto hatten Coco, ihren Mann Mehdi, Skip und uns zu einer ecuadorianischen Ceviche an Bord der Kyra II geladen. Tata war, wie wir später erfuhren, Stunden mit der Vorbereitung beschäftigt. Sie hatten große Garnnelen gefunden. Diese wurden gekocht, geschält und die Schalen und Köpfe wiederum genutzt, um einen Sud herzustellen, der mit Zitronen- und Limonensaft verfeinert, die Basis der Ceviche darstellte. Ansonsten waren darin zu finden: Rote Zwiebeln, Tomaten, Paprika, die geschälten Garnelen und natürlich völlig unverzichtbar: Cilantro, also Koriander. Dazu wurden gebratene Kochbananenchips gereicht, und … als ich im Laufe des Abends Fausto fragte, ob er Johnny Romero kenne (den wir 2008 bei unserem Aufenthalt auf den Galapagos kennengelernt hatten), antwortete er nicht nur mit „Ja, natürlich!“, sondern wenige Augenblicke später hatte ich sein Handy mit Johnny am anderen Ende in der Hand. Johnny hat vermutlich nicht gewusst, mit wem er da so unvermittelt verbunden war, aber er hat sich nichts anmerken lassen. Wir würden uns jedenfalls freuen, Johnny und Fausto samt seinen Gesellen auf den Galapagos besuchen zu können. Übrigens: Punkt 21:00 Ortszeit wurde abgeräumt und für die Ecuadorianer hieß es ab ins Bett, denn am nächsten Tag war wie an jedem Tag Arbeit zu erledigen. Diese Disziplin hatten wir wiederholt beobbachten können und waren sehr beeindruckt. Da lästere noch jemand über mangelnde südamerikanische Arbeitsmoral.







Jetzt muss man zugeben, dass es weitaus schönere, malerische, natürlichere und überhaupt Inseln gibt, als Curaçao. Auf Curaçao muss man bereit sein, sich einzulassen, treiben zu lassen oder in unerwartete Winkel zu gehen. Dann wird man fast unvermeidlich überrascht. Positiv überrascht. Man kann sich geradezu begeistern lassen. Letzeres besonders von den Menschen, denen wir begegnen. Unkompliziert, aufgeschlossen, zugewandt und hilfsbereit. Und Spaß macht die Sprache, vielleicht muss man besser sagen, die Sprachen. Die lokale Sprache ist das Papiamentu. Eine wilde Mischung aus Niederländisch, etwas Französisch und reichlich Spanisch sowie Portugiesisch. Da sehr viele der Einwohner auch noch halbwegs Englisch sprechen, lebt man hier vier- bis fünfsprachig. Wir können letzteres gelegentlich sogar halbwegs verstehen, aber sprechen ist unmöglich, denn wir wissen nicht, wann der holländische, der spanische, der portugiesische Teil oder die französische Würze fällig sind. Im Zweifel wechseln wir auf reines Spanisch, und das wird eigentlich immer verstanden.
Mit diesem vorläufigen Abspann wollen wir diesen ersten Curaçao-Beitrag enden lassen und wünschen euch aufgrund des fortgeschrittenen Jahres eine besinnliche Adventszeit. Ach ja, beinah hätten wir es vergessen: Bon Bini auf dem Beitragstitelbild heißt ‚Herzlich Willkommen‘ und Dushi soviel wie ’schön‘ oder ‚gut‘.
Martin und Anke
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Tipps und Hinweise
Schon gesehen? Es gibt eine ganze Reihe neuer Sailors Tipps, die wir eingestellt haben.
- Sicher durch Gewässer, in denen US-Streitkräfte gegen Drogenschmuggel aktiv sind
- US-Visum (B1/B2) auf Curaçao beantragen
- Wie kommt das Wetter an Bord? – Unser Beitrag zu Bobby Schenk´s 19. Blauwasserseminar
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Unsere Seite besitzt eine Abo-Funktion, wer hätte das gedacht? Wer in Zukunft keinen Beitrag verpassen will, kann den Blog abonnieren, → und das geht mit Hilfe der Seite Kontakte, oder indem man – ganz einfach – hier klickt.
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Drei Jahre ist es mittlerweile her, dass wir in der Vorweihnachtszeit ein Interview mit Mare Radio bestreiten durften. Leider sind diese Podcasts vom Verlag eingestellt worden. Die Podcast-Seite von Mare findet man glücklicherweise immer noch unter dem Link https://www.mare.de/maretv-radio/mare-podcast. Auf der Seite nach unten scrollen. Dort findet man den Button, mit dem die Audio-Datei mit dem Interview gestartet wird. Der Titel: „Wie segelt man um die Welt? Wir sprechen mit Anke und Martin Birkhoff“. Viel Spaß beim Reinhören (Hoffentlich funktioniert der Link noch …)
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Mehr oder weniger einsame Inseln, unbekannte Tier- und Pflanzenwelt und eindruckvolle menschliche Begegnungen. Sie waren die Würze unserer Reise mit Just do it um die Welt Wir schildern dies und vieles andere in dem Buch, das unsere Weltumsegelung von 2004 bis 2009 beschreibt. Eine Weltumseglung mit einer Aluminium-Reinke Super 11. → Informationen zum Buch und wie Ihr die PDF bestellen könnt, findet Ihr unter diesem Link, also einfach auf diesen Satz klicken.
Das Buch unserer Weltumseglung von 2004 bis 2009:
Just do it – von der Weser in die Welt
323 Seiten, durchgehend mit farbigen Fotos bebildert, diverse Karten, hier und da Einschübe zu besonderen Aspekten, die uns beschäftigten und ein Anhang mit gelegentlich launigen Begriffserklärungen.
Vorerst nur als PDF verfügbar. Das Coverfoto des Buches zeigt Just do it in der Caleta Beaulieu im Beagle-Canal.
Wie Bobby Schenk schreibt: „Ein großes Buch, das pure Lese-Freude schafft. Es ist wahrscheinlich das beste aller Weltumsegelungs-Bücher (vielleicht sogar besser als meine eigenen…)“
